MVZ: Honorarverlust bei fehlendem ärztlichen Leiter!

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​​​veröffentlicht am 29. Mai 2024


MVZ müssen einen ärztlichen Leiter haben. Ist das – auch zeitweise – nicht der Fall, kann das zum vollständigen Honorarverlust führen!


In einem zahnärztlichen MVZ wurde gegenüber der zahnärztlichen Leiterin, Frau H., wegen Schwangerschaft ein Beschäftigungsverbot mit sofortiger Wirkung ausgesprochen. Knapp 4 Monate bestand deshalb keine zahnärztliche Leitung, dennoch wurden Leistungen erbracht und abgerechnet. Im Verwaltungsverfahren wurde seitens der MVZ-Trägergesellschaft eingewandt, Frau H habe als Ansprechpartnerin in Bezug auf organisatorische Fragestellungen weiter zur Verfügung gestanden.

Krankenkassen begehrten von der zuständigen Kassenzahnärztlichen Vereinigung (KZV) eine Honorarberichtigung, die diese ablehnte. Die Krankenkassen erhoben daraufhin erfolgreich Klage; die KZV wurde verpflichtet, über den Antrag der Krankenkassen auf sachlich-rechnerische Richtigstellung der Honorarabrechnung des MVZ unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut zu entscheiden (SG München, Urteil vom 29.02.2024 – S 49 KA 5037/23, rechtskräftig).

In dem Urteil führte das Gericht aus, dass die Existenz eines zahnärztlichen Leiters vom Gesetz gefordert werde. Dieser habe die „Verantwortung für die Steuerung der Betriebsabläufe sowie eine Gesamtverantwortung” gegenüber der KZV wahrzunehmen. Es sei nicht erkennbar, wie dieser Aufgabe „ohne tatsächliche Einwirkungsmöglichkeiten” entsprochen werden könne. Zudem sei es Aufgabe des zahnärztlichen Leiters sicherzustellen, dass ärztliche Entscheidungen unabhängig von sachfremden Erwägungen getroffen werden könnten. Damit fehle es an einer zahnärztlichen Leitung, wie sie von § 95 Abs. 1 Sätze 2, 3 SGB V gefordert werde. Demgemäß sei das MVZ zur Rückzahlung des während des Fehlens eines zahnärztlichen Leiters erwirtschafteten Honorars verpflichtet, obwohl die MVZ-Zulassung weiterhin bestanden habe und die Leistungen von Zahnärzten/-innen erbracht worden seien, die ordnungsgemäß im MVZ angestellt gewesen seien.

Ausdrücklich hob das Gericht hervor, dass die vorliegende Konstellation „von vornherein” nicht vergleichbar sei mit Fallgestaltungen, in denen ein zahnärztlicher Leiter sich im Urlaub befinde, krank oder nur halbtags tätig sei und „gegebenenfalls ordnungsgemäß vertreten” werde.

Die Entscheidung gilt, wie das Gericht deutlich gemacht hat, nicht nur für zahnärztliche MVZ, sondern auch für humanmedizinische MVZ mit ärztlicher Leitung. MVZ-Trägern ist daher dringend zu empfehlen, von vornherein gegenüber den Zulassungsgremien nicht nur einen ärztlichen Leiter bzw. eine ärztliche Leiterin zu bestellen, sondern ausdrücklich auch eine(n) Stellvertreter/-in. Sofern Zulassungsgremien eine solche Bestellung verweigern, weil bislang nicht geklärt ist, ob darauf überhaupt ein Rechtsanspruch besteht, ist es unabdingbar, bei Abwesenheit des ärztlichen Leiters sofort einen Vertretungsantrag zu stellen und für den Fall, dass eine längere Abwesenheit absehbar ist, einen anderweitigen ärztlichen Leiter zu benennen. Geschieht das nicht, droht der vollständige Verlust des Honorars, das in Zeiten erzielt worden ist, in denen eine ärztliche Leitung fehlte.

Die genauen Grenzen stehen bislang nicht fest – gegebenenfalls empfiehlt es sich, mit der zuständigen KV bzw. KZV umgehend Kontakt aufzunehmen, um gemeinsam einen Weg festzulegen, wie die ärztliche Leitung schnellstmöglich sichergestellt werden kann!​


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Prof. Dr. Martin Rehborn

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