Deutschland überstimmt – EU-Staaten einigen sich auf Kompromiss zur europäischen Lieferkettenrichtlinie

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​​​​​veröffentlicht am 28. März 2024 ​/​ Autorin: Pauline Rauch​​

 

Die EU-Staaten haben sich auf einen Kompromiss zur europäischen Lieferkettenrichtlinie geeinigt. Während der Anwendungsbereich dahingehend angepasst wurde, dass nach einer Übergangsfrist Unternehmen ab 1000 Mitarbeitenden verpflichtet werden und damit eine Angleichung an die deutschen Regelungen gegeben ist, soll zusätzlich der Umsatz der Unternehmen, anders als bisher in Deutschland, Einfluss auf die Anwendbarkeit haben. Geplante strengere Anforderungen an Hochrisikosektoren werden vorerst gestrichen, während die zivilrechtliche Verfolgbarkeit von Verstößen gegen Menschenrechte oder Umweltbelange aufrechterhalten wird.

 

Nun also doch! Nach langen Diskussionen ist die Richtlinie zur Sorgfaltspflicht von Unternehmen im Bereich der Nachhaltigkeit (CSDDD), umgangssprachlich auch EU-Lieferkettengesetz genannt, von den EU-Staaten angenommen worden – trotz deutscher Enthaltung.

 

Die Einigung über die Verpflichtung zur Einhaltung von Menschenrechten und Umweltstandards entlang der Lieferkette stellt einen Kompromiss dar und fällt weniger streng aus als bisher geplant.


Die belgische Ratspräsidentschaft, die den Richtlinienvorschlag in den letzten Wochen immer wieder angepasst hatte, um die Mitgliedstaaten zu überzeugen, verkündete am 15.3.2024, dass es zu einem Kompromiss gekommen sei. Die Einigung wurde durch die Zustimmung Italiens erzielt, die den Vorschlag, wie Deutschland, lange blockiert hatte. Kurz darauf, am 19.3.2024, billigte auch der Rechtsausschuss des europäischen Parlaments den Vorschlag mit großer Mehrheit (20 Ja-Stimmen gegen 4 Nein-Stimmen).

 

Der Kompromiss kam nicht zuletzt deswegen zustande, weil die Regelungen – im Gegensatz zum ursprünglichen europäischen Vorschlag – abgeschwächt wurden. So war zunächst die Anwendbarkeit auf Unternehmen ab 500 Mitarbeitende und einem Jahresumsatz von mehr als 150 Millionen Euro vorgesehen. Nun einigten sich die EU-Staaten – mit einer Übergangsfrist von insgesamt fünf Jahren – auf eine Schwelle von 1000 Mitarbeitende und einem Umsatz von mehr als 450 Millionen Euro im letzten Geschäftsjahr. Das deutsche Gesetz sieht zwar ebenfalls eine Mitarbeiterschwelle von 1000 Mitarbeitenden vor, macht die Anwendbarkeit aber im Gegensatz zur europäischen Regelung nicht vom Umsatz abhängig.


Die europäische Richtlinie soll schrittweise umgesetzt werden:

Ab drei Jahren nach Inkrafttreten soll die Regelung zunächst für Unternehmen mit mehr als 5000 Mitarbeitende und mehr als 1,5 Milliarden Euro Umsatz weltweit gelten, nach vier Jahren für Unternehmen ab 4000 Mitarbeitende und 900 Millionen Euro Umsatz.


Daneben wurden die strengeren Maßgaben für Hochrisikosektoren, in denen das Verletzungsrisiko als besonders hoch angesehen wurde, wie die Textilbranche und Landwirtschaft, gestrichen. In diesen Bereichen war zunächst eine Anwendbarkeit der Grundsätze auch für Unternehmen mit weniger Mitarbeitenden beabsichtigt. Der Richtlinientext behält sich aber vor, solche Regelungen für Hochrisikosektoren künftig einzuführen.


Im Bereich des Umweltschutzes werden Unternehmen dagegen verstärkt in die Pflicht genommen: So ist vorgesehen, dass die betroffenen Unternehmen einen Übergangsplan schaffen, der darauf abzielt, durch bestmögliche Anstrengungen die Vereinbarkeit des Geschäftsmodells mit dem Ziel einer nachhaltigen Wirtschaft und mit der Begrenzung der globalen Erwärmung auf 1,5 °C im Rahmen des Pariser Klimaabkommens zu vereinbaren.

 

Ein weiterer Unterschied zum deutschen Gesetz zeigt sich in der zivilrechtlichen Haftung. Diese soll nach der europäischen Richtlinie möglich sein, was eine eindeutige Verschärfung zu den bisher geltenden nationalen Regelungen darstellt. Es besteht dann für natürliche und juristische Personen die Möglichkeit gegen solche Unternehmen zu klagen, die vorsätzlich oder fahrlässig gegen Menschenrechte oder Umweltschutzauflagen verstoßen. Allerdings ist auch hier eine Abschwächung im Vergleich zu vorherigen Vorschlägen vorhanden, da nur Verstöße des Unternehmens selbst vor die europäischen Gerichte gebracht werden können und kein Haftungstatbestand angenommen wird, wenn der Schaden nur von Geschäftspartnern in der Tätigkeitskette verursacht wurde.

 

Die Einigung muss im Folgenden noch vom Ministerrat angenommen werden. Danach muss das Europaparlament zustimmen –​ dieses gilt jedoch als sicher. Nach Inkrafttreten gilt eine Frist von zwei Jahren, in welcher Deutschland die bisher bestehenden nationalen Regelungen an den europäischen Standard anpassen muss.

 

Sicher ist damit im Ergebnis schon jetzt: Die verschärften Regelungen werden kommen. Eine vorzeitige Auseinandersetzung mit der Thematik ist daher empfehlenswert, um bei einer Umsetzung nicht übereilt und damit ggf. nicht im ausreichenden Maße, handeln zu müssen.

 



Quellen:
- EU-Lieferkettengesetz - CSR (csr-in-deutschland.de)

- First green light to new bill on firms’ impact on human rights and environment | Aktuelles | Europäisches Parlament (europa.eu)

- Proposal for a DIRECTIVE OF THE EUROPEAN PARLIAMENT AND OF THE COUNCIL on Corporate Sustainability Due Diligence and amending Directive (EU) 2019/1937

 


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