AdV: Verfassungsmäßigkeit der Ermittlung der Grundsteuer auf der Grundlage eines reinen Flächenmodells nach dem BayGrStG

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veröffentlicht am 31. Januar 2024


Zur Grundsteuerreform zum Stichtag 01.01.2022 entschied das Finanzgericht Nürnberg mit Urteil aus August 20231, dass bei einer summarischen Prüfung das System der Ermittlung der Grundsteuer auf der Grundlage eines reinen Flächenmodells, wie es das BayGrStG vorsieht, nicht zu beanstanden ist. Dies trifft auch gemeinnützige Einrichtungen, die der Grundsteuerpflicht unterliegen.


Einrichtungen der Sozial- und Gesundheitswirtschaft verfügen mit ihren Grundstücken, Häusern und Heimen über Flächen, die der Feststellung der Grundbesitzwerte unterliegen. Die Abgabe von Grundsteuererklärungen ist damit unumgänglich. Auch in den Fällen, bei denen die Grundbesitzwerte zum 01.01.2022 gerade erst festgestellt oder noch gar nicht verabschiedet sind und sich erst ab 01.01.2025 auf die Grundsteuer auswirken, entfallen unter anderem die Anzeigepflichten für nachträgliche Änderungen im Jahr 2023 nicht.


Von Bedeutung ist das Urteil des Finanzgerichts Nürnberg vor allem für diejenigen Einrichtungen im Bundesland Bayern, die grundsteuerpflichtige wirtschaftliche Einheiten zu erklären haben und die keiner Steuerbefreiung für gemeinnützige Zwecke nach §§ 3 und 4 GrStG unterliegen.


Als einziges Bundesland hat der Bayrische Landtag mit dem zum 01.01.2022 in Kraft tretenden Flächenmodell zur Berechnung der Grundsteuerwerte ein Modell entwickelt, welches sich allein nach der Grundstücksgröße und der Gebäudeflächen richtet.2 


Im Verfahren vor dem FG Nürnberg wandte sich der Kläger gegen die flächenorientiere Art und Weise der Ermittlung der Grundsteuerwerte. Dem Grundsteuermessbetrag liegen nach dem BayGrStG keine Grundsteuerwerte zugrunde, sondern sog. Äquivalenzbeträge. Durch Multiplikation der Gebäudeflächen sowie der Flächen des Grund und Bodens mit den jeweiligen Äquivalenzzahlen erfolgt die vom Verkehrswert unabhängige Berechnung. Daraus ergibt sich zwar eine einheitliche Bewertung, unberücksichtigt bleiben jedoch die tatsächlichen Marktwerte, woraus sich Ungleichheiten ergeben können.

Bei der Neuregelung der Grundsteuer hat der Gesetzgeber einen großen Spielraum bei der Wahl der Bemessungsgrundlage und der Ausgestaltung der Bewertungsregeln. Dieser Gestaltungsspielraum stellt ebenfalls eine Typisierungskompetenz dar. In diesem Zusammenhang steht es dem Gesetzgeber zu, sich von Praktikabilitätserwägungen leiten lassen zu dürfen. Konkret bedeutet dies, dass in einem gewissen Umfang auch Typisierungen und Pauschalierungen bezüglich der Bewertungsverfahren zugelassen sind. Insgesamt ist aber eine realitäts- und damit gleichheitsgerechte Bemessung der steuerlichen Belastung sicherzustellen.

In einem Urteil aus 20183 bezog schließlich das BVerfG Stellung: Hinsichtlich eines bestimmten Reformmodells sowie auch für die Frage, ob es sich bei der Neuregelung um eine wertabhängige Bewertungsmethode handeln muss, wurden keine konkreten Festlegungen getroffen.

Das vom Freistaat Bayern verwendete Flächenmodell vermeidet die bei den Bewertungsmethoden anderer Bundesländer bestehenden verfassungsrechtlichen Bedenken gegen die Berücksichtigung von Bodenrichtwerten. Nach Ansicht des Finanzgerichts Nürnberg ist die pauschale Bewertungsmethodik trotz der Nichtberücksichtigung von tatsächlichen Grundstücksmarktwerten aufgrund des leichteren Vollzugs vorteilhaft.

Vor dem Hintergrund des erheblichen Bewertungsspielraums des Gesetzgebers ist das reine Flächenmodell nicht zu beanstanden. Insbesondere ist das Leistungsfähigkeitsprinzip, welches eine Verletzung nach Art. 123 Abs. 1 BV darstellen könnte, nicht offenkundig.




Quellen:

1 FG Nürnberg, Beschl. v. 8.8.2023 – 8 V 300/23, rkr.
2 GVBl. 2021, 638
3 vgl. BVerfG v. 10.4.2018 – 1 BvL 11/14, 1 BvL 12/14, 1 BvL 1/15, 1 BvR 639/11, 1 BvR 889/12, BGBl. 2018 I 531, DStR 2018, 791 Rn. 98, 168).


AUTORIN

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