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Das Finanzamt legte Revision ein und beantragte, das Urteil des FG aufzuheben. Es verwies dabei auf BFH-Rechtsprechung, in der die Organschaftsfrage für eine KG verneint wurde. Die Klägerin verteidigte die Entscheidung der Vorinstanz jedoch damit, dass der BFH die Rechtsprechungslinie des Urteils vom 2. Dezember 2015 (V R 25/13) mit Urteil vom 16. März 2023 (V R 14/21) aufgegeben hat. Der BFH entschied nun im vorliegenden Sachverhalt, dass das FG bei seiner Entscheidung das noch nicht veröffentlichte BFH-Urteil vom 16. März 2023 nicht berücksichtigt habe. Folglich sei auch unzutreffend ein Anspruch auf Aufhebung der Steuerfestsetzung für die Klägerin aufgrund ihrer Stellung als Organgesellschaft bejaht worden. Die Revision des Finanzamtes ist somit begründet und das Urteil des FG aufzuheben. Zudem begründete der BFH seine Entscheidung damit, dass eine KG aufgrund geänderter BFH-Rechtsprechung für Zwecke der Umsatzsteuer als Organgesellschaft angesehen werden kann. Die Aufhebung einer gegenüber der KG ergangenen Steuerfestsetzung setzt jedoch voraus, dass der Organträger zur Vermeidung eines widersprüchlichen Verhaltens in Bezug auf § 176 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 AO einen Antrag auf Änderung der für ihn vorliegenden Steuerfestsetzung stellt, um widersprüchliches Verhalten zu vermeiden. Dieser Antrag dient der Wahrung des Grundsatzes von Treu und Glauben, nach dem sich das Steuerrechtsverhältnis auf die Organgesellschaft erstreckt, die keine eigenständige Steuerrechtsfähigkeit hat.
Das Antragserfordernis wird weiter mit der Haftung des Organträgers gemäß § 73 AO begründet. Verzichtet der Organträger auf den Antrag, könnte dies zu einer Haftungslücke führen, da dem Organträger gegenüber keine Steuerfestsetzung ergehen würde. Das Antragserfordernis steht im Einklang mit dem Unionsrecht und mit der Mehrwertsteuerrichtlinie, insbesondere mit Art. 11 der Richtlinie 2006/112/EG, die eine einheitliche Steuerpflicht für den Organträger vorsieht. Auch wenn es Einwände seitens der Klägerin gibt, hält der BFH an der Notwendigkeit eines Antrags fest. Die Klägerin kann sich nicht darauf berufen, dass sie nicht erkennen konnte, dass ein Antrag erforderlich ist. Das Antragserfordernis ist bereits in früherer Rechtsprechung verankert, und die Änderung der Rechtsprechung eröffnet der Klägerin nur die Möglichkeit, eine günstigere Rechtsposition zu erlangen. Es wird klargestellt, dass die Klägerin ihre Steuerfestsetzung nun auf Basis der geänderten Rechtsprechung überprüfen lassen kann.
Die Sache ist noch nicht spruchreif, da das FG nicht alle relevanten Feststellungen getroffen hat. Insbesondere muss im zweiten Rechtsgang geprüft werden, ob eine wirtschaftliche Eingliederung zwischen den Unternehmensbereichen vorliegt. Hierzu fehlen noch ausreichende Feststellungen. Ein Vorabentscheidungsersuchen an den EuGH ist nicht erforderlich, da das Antragserfordernis im Einklang mit dem Unionsrecht steht.
Early Tax Birds
Prof. Dr. Florian Haase, M.I.Tax
Rechtsanwalt, Fachanwalt für Steuerrecht, Steuerberater
Partner, Niederlassungsleiter
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Profil
Philip Nürnberg
Dipl. Finanzwirt (FH), Master of International Taxation (M.I.Tax), Steuerberater
Associate Partner