Mehrjährige Vorfinanzierung von Umsatzsteuer für Unternehmer teilweise gekippt – Liquiditätsvorteil für Unternehmer

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Unternehmer, die Umsatzsteuer für ihre steuerpflichtigen Leistungen nach vereinbarten, nicht vereinnahmten Entgelten berechnen (sogenannte Soll-Versteuerer), erleiden regelmäßig Liquiditäts-Nachteile, weil sie bereits in dem Voranmeldungszeitraum die Umsatzsteuer an den Fiskus abzuführen haben, in dem sie die Leistung ausgeführt haben und nicht erst dann, wenn sie dafür das Entgelt inklusive der fakturierten Umsatzsteuer vom Kunden erhalten haben.​
Der BFH hat in seinem Urteil vom 24. Oktober 2013 entschieden, dass eine Vorfinanzierung durch den leistenden Unternehmer für einen Zeitraum von mehreren Jahren nicht mit dem Charakter der Umsatzsteuer vereinbar ist. Eine Berichtigung im Sinne einer Reduzierung des Entgelts und der Umsatzsteuer nach § 17 UStG kann ggf. bereits im Voranmeldungszeitraum der Leistungserbringung vorgenommen werden.
 
Im Urteilsfall waren für von einem Bauunternehmer erbrachte Bauleistungen Gewährleistungsansprüche von 2 bis 5 Jahren vorgesehen, die vertraglich – wie in der Praxis üblich – durch Einbehalt eines Teils des Entgelts (5 - 10 Prozent) abgesichert wurden. Der Bauunternehmer konnte keine Gewährleistungsbürgschaft – wie üblich vorgesehen – von einer Bank erhalten, mit deren Übernahme er zur vollen Entgeltsvereinnahmung gegenüber seinem Kunden berechtigt gewesen wäre. Bis zum Ablauf der Gewährleistungszeiträume konnte er gemäß Vertrag nur einen Teil der Auftragssumme vereinnahmen. Gleichzeitig sollte aber nach Ansicht des Finanzamts und Finanzgerichts Umsatzsteuer auf die volle (vereinbarte) Auftragssumme bereits bei Leistungsausführung entstehen und abzuführen sein. Eine Berichtigung des Entgelts auf 90 bis 95 Prozent bereits zu diesem Zeitpunkt wurde abgelehnt. Wirtschaftlich würde dies beim betroffenen Unternehmer eine Vorfinanzierung der Umsatzsteuer in Höhe des nicht vereinnahmten Entgelts von bis zu 5 Jahren bedeuten.
 
Der BFH ließ eine Entgeltberichtigung infolge anzunehmender Uneinbringlichkeit zu, d. h. das vereinbarte Entgelt als Bemessungsgrundlage der Umsatzsteuer und damit die Umsatzsteuer selbst kann im Zeitpunkt der Leistungserbringung reduziert werden. Vorausgesetzt wird die Unverhältnismäßigkeit der Vorfinanzierung der Umsatzsteuer, die für einen Zeitraum von 2 bis 5 Jahren bejaht wurde und nicht anderweitig (liquiditätsmäßig) kompensierbar war.
 
Das Urteil ist zu begrüßen, zumal somit nicht der Unternehmer langjährig die Umsatzsteuer in bestimmten Fällen – zum Vorteil des Fiskus – vorfinanzieren muss. In der Praxis ist hinsichtlich der Anwendbarkeit des Urteils mit seiner Vorverlagerung der Entgeltberichtigung auf andere Branchen, etwa Maschinen- oder Anlagenbau, zu empfehlen, den einzelnen Fall genau zu betrachten. Denn der BFH weist selbst darauf hin, dass seine Entscheidung andere Fallgestaltungen wie z. B. die Lieferung im Rahmen von Leasingverträgen ausdrücklich offen lässt.​

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Dr. Heidi Friedrich-Vache

Diplom-Kauffrau, Steuerberaterin, Umsatzsteuerberatung | VAT Services

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