Neues zu den Voraussetzungen eines grenzüberschreitenden Formwechsels unter Berücksichtigung des Beschlusses des OLG Karlsruhe vom 24.4.2024

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​​​​​​​​veröffentlicht am 25. November 2024 | Lesedauer ca. 3​​​ Minuten

 

Das OLG Karlsruhe beschäftigte sich in seiner Beschlussentscheidung aus April 2024 mit den Voraussetzungen für einen grenzüberschreitenden Formwechsel einer Gesellschaft, die ursprünglich außerhalb der Europäischen Union gegründet wurde, und stellte hierbei grundsätzliche Überlegungen zur europäischen Niederlassungsfreiheit und zur Auslegung des deutschen Umwandlungsgesetzes (UmwG) an.


Konkret ging es um eine Schweizer Gesellschaft (eine GmbH), die zunächst ihren Sitz nach Luxemburg verlegte, um anschließend in Folge eines identitätswahrenden, grenzüberschreitenden Formwechsels als Gesellschaft nach deutschem Recht in Deutschland tätig zu werden.

Das OLG Karlsruhe entschied, dass die Frage, ob eine Kapitalgesellschaft in einer in Anhang II zur Richtlinie 2017/1132/EU genannten Rechtsform, die ihren Satzungs- oder Verwaltungssitz bzw. ihre Hauptniederlassung in einem Mitgliedsstaat oder Vertragsstaat hat nach dem Recht dieses Staates gegründet worden ist, sich allein nach dessen Rechtsordnung richtet. 

Hintergrund und Ausgangssachverhalt​

Die in Rede stehende Gesellschaft, ursprünglich als GmbH in der Schweiz gegründet und ohne Arbeitnehmer, wollte ihren Sitz von der Schweiz nach Luxemburg verlegen und dabei die Rechtsform in eine luxemburgische „société à responsabilité limitée“ (S.à r.l.) umwandeln. Dieser Vorgang erfolgte ordnungsgemäß und die Gesellschaft wurde in Luxemburg im Handelsregister eingetragen.

Im Anschluss meldete die Gesellschaft beim Amtsgericht Mannheim die Eintragung ihrer Gründung in das deutsche Handelsregister durch identitätswahrenden, grenzüberschreitenden Formwechsel an. Das in Deutschland zuständige Registergericht lehnte diese Eintragung ab und wies die Anmeldung zurück, da es den Formwechsel aufgrund der Gründung der Gesellschaft in einem Drittstaat (hier der Schweiz) für unzulässig hielt und verwies darauf, dass die Regelung § 334 Satz 1 Nr. 1 UmwG nur für in der EU gegründete Gesellschaften gilt. Das Registergericht argumentierte, dass eine nach dem Recht eines Drittstaates gegründete Gesellschaft sich nicht auf die Niederlassungsfreiheit berufen könne, um einen grenzüberschreitenden Formwechsel in die EU vorzunehmen.

Gegen die Ablehnung legte die Gesellschaft Beschwerde ein. Das Registergericht half der Beschwerde nicht ab und legte sie dem OLG Karlsruhe zur Entscheidung vor.

Die Beschwerde hatte Erfolg.

Rechtsfragen und die Entscheidung des OLG Karlsruhe

Das OLG Karlsruhe vertat indes eine andere Auffassung als das Registergericht. Es argumentierte, dass die ursprünglich in der Schweiz gegründete Gesellschaft durch ihre formwahrende Umwandlung nach Luxemburg faktisch wie eine dort gegründete Gesellschaft zu behandeln sei. Entscheidend sei, dass die Gesellschaft aktuell in einem EU-Mitgliedstaat (Luxemburg) nach dortigem Recht eingetragen und anerkannt sei, nicht, dass sie ursprünglich in einem Drittstaat gegründet wurde. Die Richter des OLG Karlsruhe betonten, dass dies im Einklang mit dem europäischen Grundsatz der Niederlassungsfreiheit stehe.

Das OLG Karlsruhe hob die Entscheidung des Registergerichts auf und entschied zuguns-ten der Beschwerdeführerin. Der Beschluss des OLG Karlsruhe stellt klar, dass für die formwechselnde Fähigkeit einer Gesellschaft nicht ihre ursprüngliche Gründung entscheidend ist, sondern ihr gegenwärtiger Status als nach dem Recht eines EU-Mitgliedstaats anerkannte Gesellschaft. Damit genügt es, wenn die Gesellschaft durch den Formwechsel in einem EU-Mitgliedsstaat (hier Luxemburg) anerkannt wurde und dort die formellen An-forderungen für ihre Rechtspersönlichkeit erfüllt hat.

Praktische Konsequenzen und Schutz vor Missbrauch

Die Entscheidung des OLG Karlsruhe zeigt, dass die ursprüngliche Gründung im Drittstaat keine Rolle für die Anerkennung der Gesellschaft in Deutschland spielt, wenn die Gesellschaft formwechselnd in einen EU-Mitgliedstaat eingetragen wurde. Das Registergericht kann in diesen Fällen, so die Auffassung des OLG Karlsruhe, nicht die Eintragung verweigern, solange eine ordnungsgemäße Vorabbescheinigung vorliegt (hier lag die Vorabentscheidung zum Zeitpunkt der Beschlussfassung des OLG Karlsruhe noch nicht vor, sodass die Sache vom OLG Karlsruhe an das Registergericht zurückgegeben wurde, um die Formwechselbescheinigung entsprechend einzuholen).

Zudem geht die Entscheidung auch auf mögliche Missbrauchskonstellationen ein und verweist auf die EU-Richtlinie, die eine Versagung der Eintragung erlaubt, wenn Hinweise auf eine missbräuchliche oder betrügerische Nutzung des Formwechsels vorliegen. Diese Kontrolle obliegt jedoch primär der Behörde im Wegzugsstaat und nicht dem Zuzugsregister.

Fazit und Ausblick

Die Entscheidung des OLG Karlsruhe stärkt die Niederlassungsfreiheit in der EU und ermöglicht es im Grundsatz auch ursprünglich in Drittstaaten gegründeten Gesellschaften, grenzüberschreitend in die EU zu migrieren, solange sie in einem EU-Mitgliedstaat anerkannt wurden. Dies kann für Unternehmen in Drittstaaten eine bedeutende Option darstellen, um Zugang zum europäischen Markt zu erhalten und erleichtert gleichzeitig die recht-lichen Rahmenbedingungen für internationale Unternehmensstrukturen.

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