CO2-Kosten im Fernwärmebereich – Vergleich europäischer und nationaler Regelungen

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​veröffentlicht am 02. Juni 2020

 

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Aus dem Brennstoffemissionshandelsgesetz (BEHG) kommen 2021 zusätzlich zu den Kosten aus dem Treibhausgasemissionshandelsgesetz (TEHG) auch Kosten aus dem nationalen Emissionshandel auf die meisten Fernwärmeversorger zu. Aufgrund der steigenden CO2-Kosten aus beiden Systemen sollten Versorger frühzeitig beginnen, eine mögliche Weitergabe der Belastungen an die Kunden zu prüfen. Dazu werden im anliegenden Artikel zunächst die Systeme miteinander verglichen und mögliche Strategien zur Weitergabe der zusätzlichen Kosten aufgezeigt.

 

Bereits im Jahr 2005 wurde der Europäische Emissionshandel (EU ETS) eingeführt und fungiert seitdem als zentrales europäisches Klimaschutzinstrument durch die Bepreisung der CO2-Emissionen. In Deutschland wurde der Europäische Emissionshandel im Treibhaus Emissionshandelsgesetz (TEHG) umgesetzt. Zusätzlich setzt Deutschland ab dem Jahr 2021 auf eine eigene, ergänzende Version zur Steuerung der CO2-Emissionen. Im Dezember 2019 wurde das Brennstoffemissionshandelsgesetzes (BEHG) beschlossen, welches ab 2021 in Kraft treten wird. Hierbei verfolgen die europäische und nationale Variante das gemeinsame Ziel der Vermeidung von CO2-Emissionen. Die Wege zur Erreichung des Ziels basieren jedoch bei beiden Varianten auf unterschiedlichen Regulierungsansätzen und Zielgruppen, welche im Folgenden kurz beschrieben werden. Abbildung 1 zeigt das quantitative Ziel der CO2-Emissiosreduzierung für Wirtschaftssektoren in Deutschland die nicht am EU-ETS teilnehmen. Die Daten basieren auf den Vorgaben der Effort-Sharing-Regulation (ESR) der Europäischen Kommission von 2018.

 

Grafik CO2 Reduzierugspfad

Abbildung 1: CO2-Reduzierungspfad nach EU Effort-Sharing-Regulation (ESR) für Wirtschaftssektoren in Deutschland die nicht am EU-ETS teilnehmen

 

 
EUROPÄISCHER EMISSIONSHANDEL
Der europäische Emissionshandel ist in der Folge des Klimaschutzabkommens von Kyoto im Jahr 2005 eingeführt worden. Rechtliche Basis stellt die im Jahr 2003 erlassene Emissionshandelsrichtlinie (Richtlinie 2003/87/EG) dar. Der Emissionshandel wurde durch das TEHG in Deutschland umgesetzt. In der ursprünglichen Fassung trat das TEHG bereits im Jahr 2004 in Kraft und wurde im Jahr 2011 novelliert.


Das Grundprinzip des EU ETS funktioniert durch einen mit CO2-Zertifikaten geschaffenen Markt. Die Zertifikate werden hierfür von einer zentralen Stelle an die betroffenen Unternehmen verteilt, die anschließend mit den Zertifikaten frei handeln können. Das Ziel ist es, dass die Unternehmen durch die zusätzlichen Kosten einen Anreiz erhalten, um ihren Ausstoß zu reduzieren. Damit diese Steuerung erfolgreich ist, verringert sich die Anzahl der zur Verfügung gestellten Zertifikate (Cap) jährlich um den linearen Reduktionsfaktor (LRF).


Dies soll zur Folge haben, dass die Zertifikate durch die Verknappung teurer werden und die Unternehmen aktive Schritte zur Emissionsreduzierung einleiten. Ein Überschuss an Zertifikaten führte in der zweiten und dritten Handelsperiode allerdings zu einem Preisverfall der Zertifikate. Als Lösung wurde in den Jahren 2014, 2015 und 2016 die Versteigerung von 900 Millionen Emissionsberechtigungen zurückgehalten. Zusätzlich wurde zu Beginn des Jahres 2019 eine Marktstabilitätsreserve eingeführt, womit etwaige Überschüsse reduziert werden können und die EU flexibel auf Nachfrageveränderungen reagieren kann. Abbildung 1 zeigt die Entwicklung der Preise für die Zertifikate am Beispiel der Carbon Futures 2021 seit dem Jahr 2017.

 

Grafik CO2 Zertifikatspreise

Abbildung 2: CO2 Zertifikatspreise 2017 bis 2020 (EEX 4. Periode Carbon Futures 2021)


Vom europäischen Emissionshandel sind alle Unternehmen mit Großfeuerungsanlagen mit einer Leistung von mehr als 20 MW oder Produktionsanlagen energieintensiver Wirtschaftszweige betroffen.  Ausnahmen werden aufgrund der potenziellen Auslagerung von energieintensiven Prozessen (Carbon Leakage) erteilt. Hierbei handelt es sich um Branchen und Unternehmen, die sensibel auf eine Bepreisung der CO2-Emissionen reagieren und aufgrund der steigenden Kosten die Produktion in Länder mit geringeren Emissionsauflagen verlagern könnten. Die betroffenen Branchen werden entsprechend mit einer erhöhten Anzahl von kostenlosen Zertifikaten ausgestattet. Die Zuteilungsquote der kostenlosen Zertifikate im Zeitverlauf ist in Abbildung 2 dargestellt. Die Fernwärmebranche fällt ebenfalls unter die Regelungen des „Carbon Leakage“ und erhält kostenlose Zertifikate. Seit 2020 und bis mindestens 2027 beträgt die kostenlose Zuteilungsquote 30 Prozent.

 

Grafik Abschmelzung CO2 Zertifikate

Abbildung 3: Abschmelzung der kostenlos zugeteilten Co2-Zertifikate 

 

NATIONALE CO2-ABGABE
Der nationale Weg zur Steuerung der Emissionen trat mit der Verabschiedung des  Brennstoffemissionshandelsgesetzes (BEHG) am 20.12.2019 in Kraft.


Darin wurden die Mechanismen für das zukünftige nationale Emissionshandelssystem (nEHS) geschaffen. Werden die vom BEHG erfassten Brennstoffe in den Verkehr gebracht, müssen hierfür Emissionszertifikate erworben werden, weshalb die in der Öffentlichkeit geläufige Bezeichnung der CO2-Steuer nicht korrekt ist. Es handelt sich tatsächlich um Beschaffungskosten für Emissionsberechtigungen, deren Preis in der Einheit Euro/Tonne [€/t] bis zum 31.12.2025 festgelegt ist. Die Anzahl an Zertifikaten wird ähnlich des EU ETS durch eine Obergrenze (Cap) festgelegt. Allerdings sind für die genaue Anzahl noch keine Werte beschlossen. Zusätzlich wird in der Phase der Festpreise bis 2025 die Obergrenze ausgesetzt. Das Gesetz sieht vor, dass der Einstiegspreis von 10 €/t in 2021 jährlich zunächst um 5 €/t und anschließend um 10 €/t bis auf 60 €/t in 2025 gesteigert wird. Ab 2026 setzt das nEHS ein und die Zertifikate können frei gehandelt werden, jedoch zu einem Maximalpreis von 60 Euro. Kurz nach diesem Beschluss wurde im  Vermittlungsausschuss von Bund und Ländern eine Veränderung des CO2-Preiskorridors beschlossen. Der Kompromiss sieht vor, dass der Einstiegspreis erhöht wird und von 25 €/t in 2021 jährlich zunächst um 5 €/t und anschließend um 10 €/t bis auf 55 €/t (maximal 65 €/t) in 2025 gesteigert wird. Zu Beginn des nEHS wird ein fester Preiskorridor mit einem Mindest- und Maximalpreis festgelegt. Das Versteigerungsverfahren wird anschließend bis zum Jahr 2030 durchgeführt. Die Preisstufen des BEHG sind in Abbildung 4 abgebildet.

 

Preisstufen je Tonne CO2

Abbildung 4: Preisstufen je Tonne CO2 gem. Bund/Länder-Kompromiss


Die genaue Festlegung der Festpreise bis 2025 und eine Rechtsverordnung zur Umsetzung des nationalen Berechtigungshandelssystem werden in einer zukünftigen Gesetzesänderung erwartet. Bei Anwendung der Emissionsfaktoren des BAFAs können die Kosten von Euro pro Tonne in Euro pro Megawattstunden umgerechnet werden1:

 

Kosten für verschiedene Brennstoffe

 

Abbildung 5: Eigene Darstellung – nEHS-Kosten für verschiedene Brennstoffe in €/MWh 


WESENTLICHE UNTERSCHIEDE
Die Systeme weisen einige Unterschiede in ihrer Funktionsweise und dem Vorgang der Regulierung auf.

 

 Tabelle Unterschiede Regulierung


Die wesentlichen Unterschiede der Systeme sind, dass beim EU ETS eine bestimmte Anzahl an Zertifikaten ausgegeben und diese gleichmäßig auf Unternehmen verteilt werden. Hierdurch entsteht ein Markt, auf dem sich die Preise der Zertifikate bilden. Bei der nationalen CO2-Abgabe ist der Preis für die ersten Jahre gesetzlich festgelegt und erst ab 2026 findet die Versteigerung der Zertifikate auf einem freien Markt statt (zunächst mit Preiskorridor). Zusätzlich gibt es keine komplette Befreiung von der CO2-Abgabe wie bspw. die Ausnahmen aufgrund von „Carbon Leakage”. Beim BEHG können Unternehmen, die in ihrer Wettbewerbsfähigkeit durch die CO2-Kosten eingeschränkt sind, ab 2022 staatliche Unterstützung für Investitionen in klimafreundliche Technologien erhalten, um ihre Emissionen zu senken. Zusätzlich wird es bei unzumutbaren Härten eine Kompensation für die betroffenen Unternehmen geben.


Der Bedarf an Zertifikaten wird beim EU ETS von zentraler Stelle ermittelt und anschließend an die Marktteilnehmer ausgegeben. Beim nEHS müssen die Marktteilnehmer die benötigten Zertifikate in der Anfangsphase, bis 2025, zu einem Festpreis erwerben und in der zweiten Phase ab 2026 ersteigern. Das bedeutet, dass es keine maximale Menge an verfügbaren Zertifikaten gibt.


Einen weiteren wichtigen Unterschied der Systeme stellt der Zeitpunkt der Zertifikatsfälligkeit dar. Beim EU ETS wird das eigentliche Emittieren von CO2 geregelt und ist somit an die konkrete Verschmutzung geknüpft. Aufseiten des nEHS muss bereits zum Zeitpunkt des bloßen Inverkehrbringens der fossilen Brennstoffe ein Zertifikat erworben werden. Das bedeutet, dass hierbei die potenzielle Verschmutzung ausschlaggebend ist.


Zusätzlich gibt es in beiden Systemen unterschiedliche Zielgruppen. Das EU ETS erfasst ausschließlich Verursacher großer Emissionsmengen, während beim nEHS grundsätzlich jeder Verursacher von CO2-Emissionen erfasst wird. Ziele in diesem Kontext sind für Deutschland insbesondere die Bereiche Wärme und Verkehr, da hier trotz hohem Anteil am Emissionsvorkommen erst eine geringe Effizienzsteigerung erreicht wurde und hohe Einsparpotenziale vorhanden sind. Speziell für die Energiewirtschaft bedeutet dies, dass in Zukunft Einzelfeuerungsanlagen stark betroffen sein werden.  


AUSWIRKUNG AUF FERNWÄRMEVERSORGER
Ausgenommen von der CO2-Abgabe sind jene Erzeugungsanlagen, die bereits vom TEHG erfasst sind. Im Umkehrschluss schließen die CO2-Kosten also alle Anlagen ein, die weniger als 20 MW Gesamtfeuerungsleistung besitzen. Momentan beläuft sich die Anzahl der, vom nEHS, betroffenen industriellen Kraft- und Heizkraftwerke auf mindestens 17.000 Anlagen deutschlandweit. Betroffen von den neuen CO2-Kosten nach BEHG sind sowohl KWK-Anlagen, kleinere BHKWs als auch Heizwerke. Bei einer beispielhaften Erdgas-BHKW-Anlage mit einer Leistung von 4,8 MW thermisch und elektrisch, 4.718 Volllaststunden und Erdgasgaskosten von rund 20 €/MWhHu Brennstoffkosten ist es möglich, dass die CO2-Kosten im Jahr 2025 über 30 Prozent der Betriebskosten entsprechen.

 

Grafik Kostenstruktur

Abbildung 6: Beispielhafte Kostenstruktur eines Erdgas-BHKWs mit CO2-Bepreisung


Darüber hinaus fallen jedoch besonders auch für Redundanzerzeuger zukünftig zusätzliche Kosten an. Dies ist der Fall, da bereits zum Bezug und nicht erst nach Verbrauch die CO2-Abgabe fällig wird. Die Höhe der Kosten hängt stark von den verwendeten Brennstoffen und deren Menge ab.


Damit sind alle Fernwärmeversorger mit Feuerungsanlagen unter 20 MW in Zukunft vom nEHS betroffen. Unsere Analysen zeigen, dass insbesondere auf kleinere und mittelgroße Versorger und Contractoren erhebliche Mehrkosten zukommen, da hier oft eine Kombination aus mehreren kleineren Feuerungsanlagen zum Einsatz kommt. Für eine Weitergabe der Kosten an die Fernwärmekunden muss ein Vorgehen erarbeitet werden, wie diese in die Fernwärmepreise integriert werden können.


WEITERGABE DER CO2-KOSTEN IN DER FERNWÄRME
Einige Versorger haben aufgrund der niedrigen CO2-Preise und der hohen kostenlosen Zuteilungen von Zertifikaten im europäischer Emissionshandel bis ca. 2018 keine Vorkehrungen getroffen, um die Kosten an die Fernwärmekunden weitergeben zu können. Die tatsächlich auflaufenden Kosten waren in diesen Konstellationen teilweise zu gering, als dass die Nachteile der CO2-Bepreisung gegenüber dem Kunden überwogen. Die Situation hat sich nun aber gedreht: Da die Abschmelzung der kostenlosen Zuteilung der Zertifikate (Abbildung 2) einhergeht mit einer Verteuerung der Zertifikate (Abbildung 1) hat sich der Druck auf die Versorger erhöht, die CO2-Kosten im Wärmebereich zumindest soweit an ihre Kunden weiterzugeben, dass die rechtlich gewünschte Anreizwirkung erhalten bleibt. Bei KWK-Anlagen, bei denen die Zertifikate für die Stromerzeugung ohne eine kostenlose Zuteilung auskommen müssen, steigt der Kostendruck. Neben dem europäischer Emissionshandel kommen für die große Mehrheit der Versorger nun auch Kosten aus dem nEHS hinzu oder stellen diejenigen, die bisher nicht vom europäischer Emissionshandel betroffen waren, vor neue Fragestellungen.


In Deutschland sind derzeit etwas mehr als 100 Versorger vom ETS betroffen. Das BEHG wird voraussichtlich nahezu alle Versorger in Deutschland treffen.


RECHTLICHER RAHMEN
Zunächst muss unterschieden werden, ob gerade Neuverträge ausgearbeitet werden oder ob die Weitergabe bei laufenden Bestandsverträgen erfolgt. Dabei werden für Bestandsverträge die Mittel weiter beschränkt, da einerseits Vertragsanpassungen ausgeschlossen sein können und andererseits BEHG-Kosten bereits durch bestehende Preisanpassungsinstrumente erfasst werden können (s. u.).

 
Bei Bestandsverträgen muss daher untersucht werden, ob rechtwirksames vertragliche Anpassungsrechte im Wärmeliefervetrag verankert sind. Dies könnten beispielsweise vorhandene Gesetzesklauseln, Steuer- und Abgabenklauseln oder automatische Preisgleitklauseln sein. Allerdings bestehen umfassende AGB-rechtliche Anforderungen an vertragliche Preisanpassungsklauseln, die für eine wirksame Einführung von CO2-Kosten unbedingt geprüft werden müssen, um rechtliche Risiken auszuschließen.


Andernfalls muss ggf. geprüt werden, ob eine Änderungskündigung zulässig ist. Für befristete Verträge ist eine außerordentliche Kündigung nach § 314 BGB jedoch nur dann zulässig, wenn ein sog. „wichtiger Grund” vorliegt. Ein solcher liegt vor, wenn dem kündigenden Teil unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls und unter Abwägung der beiderseitigen Interessen die Fortsetzung des Vertragsverhältnisses bis zur vereinbarten Beendigung oder bis zum Ablauf einer Kündigungsfrist nicht zugemutet werden kann.

 

Insofern steht das Vorliegen eines wichtigen Grundes wiederum in einem Wechselverhältnis zur Wirksamkeit vertraglicher oder gesetzlicher Anpassungsrechte, da eine Fortsetzung des Vertrags unter Ausübung der Anpassungsrechte zumutbar wäre. Deshalb kann unter Bewertung der vertraglichen Gestaltung in der Regel nur eine Risikoabwägung vorgenommen werden, welche Anpassungsstrategie mit den geringeren rechtlichen Risiken verbunden ist.


VORGEHEN FÜR TEHG-KOSTEN
Für eine gründliche Analyse und Darlegung der Möglichkeiten, den Risiken aus der zukünftigen Kostenbelastung langfristig entgegenzuwirken, ist es im ersten Schritt wichtig, die notwendigen Daten aufzuarbeiten. Dazu sollten für alle Erzeugungsanlagen die Energiemengen und die damit verbundenen CO2-Emissionen auf Kraftwerksebene analysiert und in einem Business Model bis zum Ende der vierten Handelsperiode 2030 zusammengefasst werden. Soweit verfügbar müssen die neuesten Entscheidungen auf deutscher und europäischer Ebene berücksichtigt werden, die Einfluss auf die Planung und somit auf die Berechnungen haben. Neben den geplanten Emissionen werden außerdem die kostenlos zugeteilten CO2-Emissionszertifikate bestimmt und die zu erwerbende Restmenge im Planungszeitraum ermittelt. Dabei sollten sowohl die nach § 9 TEHG kostenlos zugeteilten als auch die in der Vergangenheit erworbenen Zertifikate berücksichtigt werden.


Für die Kostenplanung zukünftiger CO2-Zertifikate kann beispielsweise eine Kostenschätzung auf Grundlage der aktuell verfügbaren Preise, z. B. EEX Carbon Futures, erstellt werden, um so die absehbare Mehrbelastung für den Versorger festzustellen. Für die zumindest teilweise Umwälzung der Kosten der CO2-Zertifikate auf die Fernwärmekunden schlägt der Energieeffizienzverband für Wärme, Kälte und KWK (AGFW) 3 verschiedene Methoden vor.2


Zudem hat Rödl & Partner eine alternative Umwälzungsmethode erarbeitet. Alle 4 Methoden finden Sie in Abbildung 7 und nachfolgend kurz beschrieben:


AGFW-Methode 1:

  • Jährliche nahezu kostenechte Bestimmung der auf die Fernwärme tatsächlich zugeteilten CO2-Emissionen.
  • Muss jedes Jahr neu berechnet werden.


AGFW-Methode 2:

  • Preisgleitung auf Grundlage der einmalig festgestellten unternehmensindividuellen CO2-Emissionskosten.
  • Die Kosten für die nächsten Jahre werden mittels einer Preisgleitung anhand des CO2-Börsenpreisindexes berechnet.

 

AGFW-Methode 3:

  • Preisberechnung auf der Grundlage des gesetzlich festgelegten Vergleichswertes der spezifischen CO2-Emissionen des Wärmemarktes.
  • Hohes Maß an Transparenz, da die Zahlen für alle verfügbar sind.
  • Bewirkt Investitionsanreize zur Emissionsreduktion.

 

Rabattierter Festpreis (Methode 4):

  • Festlegung einer CO2-Zertifikatspauschale auf Basis unternehmensindividueller Kosten für das Jahr 2027.
  • Bis 2027 Gewährleistungen von Rabatten gegenüber den Kunden mittels einer Preisgleitung.
  • Gibt einen festzulegenden Anteil der tatsächlichen Kosten an den Kunden weiter und schafft gleichzeitig Reduktionsanreize.

Grafik aktuelle Methoden CO2

Abbildung 7: Aktuelle Methoden der CO2-Umwälzung für TEHG-Kosten.

 

Auf Basis einer dieser Methoden wird der Emissionspreis als separater Preisbestandteil berechnet. Das neue Preiselement wird mit einer eigenen Preisgleitung versehen und unter Berücksichtigung der bestehenden Kosten- und Marktstruktur in einer eigenen Preisanpassungsklausel verankert. Die Verordnung über allgemeine Bedingungen für die Versorgung mit Fernwärme (AVBFernwärmeV) sieht als Maßstab für die Verwendung einer zulässigen Preisgleitung eine kostenorientierte Berechnung vor. Alternativ besteht natürlich auch die Möglichkeit, die Kosten aus dem Zukauf von CO2-Zertifikaten als Bestandteil des Arbeitspreises in der Preisanpassungsklausel zu belassen und zukünftige Mehrkosten durch einen entsprechenden separaten Indexbestandteil gleiten zu lassen. Dazu müssen die Kostenbestandteile des Arbeitspreises, die den CO2-Kosten entsprechen, ermittelt werden.


Gleichzeitig ergibt sich daraus eine Veränderung der Vorfaktoren der anderen Indizes der Preisanpassungsklausel. Beide Alternativen garantieren, dass durch einen automatisierten Mechanismus die Weitergabe von Kostensteigerungen an die Kunden gewährleistet und so die berechnete Wirtschaftlichkeit über den gesamten Planungshorizont bestätigt werden kann.


VORGEHEN FÜR NEHS-KOSTEN
Vergleichbar zur Umsetzung der TEHG-Kosten sollten anhand einer spezifischen Mengen- und Kraftwerkseinsatzplanung die planmäßigen Kosten ermittelt werden, um die tatsächlichen Kosten festzustellen. Grundsätzlich sind zum heutigen Stand insbesondere folgende Mittel zur

  1. Einpreisung der CO2-Kosten (langfristige Kalkulation) und Kostenweitergabe zum Beispiel im Rahmen des Arbeitspreises
  2. Einpreisung der CO2-Kosten (kurzfristige Kalkulation) und Erfassung von CO2-Kostenänderungen durch eine automatische Preisgleitklausel mit CO2-Kostenelement
  3. Nur Einpreisung der Erdgaskosten (kurzfristige Kalkulation) und automatische Preisgleitklausel mit einem Erdgaskostenelement, das an einen Erdgaspreisindex anknüpft, der die CO2-Kosten bei der Erdgasbelieferung beinhaltet
  4. Einpreisung bei erstmaligem Entstehen und jeweilige CO2-Kostenveränderung (jährliche Neukalkulation) und Preisanpassung durch einseitige Preisbestimmung

Eine Doppelbelastung zur Weitergabe der BEHG-Kosten ist unbedingt zu vermeiden. Dies kann dann auftreten, wenn die BEHG-Kosten ganz oder teilweise im gewählten Kostenelement-Index vorhanden sind und zusätzlich ein gesondertes Preisglied eingeführt wird. Ob die Kosten im Index der Brennstoffe vorhanden sind, muss daher genau geprüft werden. Dazu müssen die jeweilige Erhebungsmethodik des Indizes und der zugrundeliegende Warenkorb untersucht werden.

 

Weitere Informationen finden Sie im Kompassartikel: „Die neue CO2-Steuer – Was auf Fernwärmeversorger zukommt”.


IST EIN EINHEITLICHER CO2-PREIS MÖGLICH?
Die Kosten des TEHG und BEHG sind dem Grunde und der Höhe nach nicht vergleichbar und müssen deshalb betriebswirtschaftlich und rechtlich zunächst getrennt berücksichtigt werden. Grundsätzlich ist jedoch die Kalkulation eines zweiteiligen CO2-Preisglieds betriebswirtschaftlich und rechtlich möglich. Im Einzelfall muss allerdings abgewogen werden, ob die Vorgaben der Nachvollziehbarkeit und Transparenz bei der entsprechenden Umsetzung im Rahmen einer kombinierten Preisgleitklausel gewahrt werden können, da die Formel sehr komplex werden könnte.


FAZIT
Das neue nationale Emissionshandelssystem soll eine Ergänzung zum bereits bestehenden System der EU darstellen. Das System soll durch eine durchgehende Bepreisung des CO2-Ausstoßes Anreize zur Emissionsreduktion in den Sektoren Wärme, Gebäude und Verkehr schaffen.


Hierbei wird es jedoch auch einige Zeit in Anspruch nehmen bis sich die Betroffenen auf die neue Herausforderung eingestellt haben und bis sich abzeichnet, welche Kosten genau auf die Versorger zukommen und wie sie damit umgehen. Zudem steigen die Kosten aus dem europäischen Emissionshandel aufgrund der Abschmelzung der Zuteilung von kostenlosen Zertifikaten bei gleichzeitig steigenden Preisen für die CO2-Emissionsrechte (EUAs). Bei einem Großteil der Versorger mit TEHG-pflichtigen Anlagen wird es sogar zu Doppelbelastungen aus dem BEHG kommen. Aufgrund dessen sollten sich alle Betreiber von Wärmenetzen bereits jetzt auf die Umstellung vorbereiten und entsprechende Maßnahmen ergreifen. Dazu sollte die Umsetzung zur Kostenweitergabe sowohl rechtlich als auch betriebswirtschaftlich geprüft werden.

 

 

__________________________________________________________

1 BAFA (2019): Merkblatt zu den CO2- Faktoren.

2 AGFW (2015): AGFW-Leitfaden Fernwärme-Preisgleitklauseln, ISBN: 3-89999-055-2. 

 

 

 

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