Eckpunktepapier Methodikfestlegung Ausgangsniveau Strom und Gas (StromNEF und GasNEF)

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​veröffentlicht am 2. September 2024

 


 

Die Große Beschlusskammer Energie der Bundesnetzagentur (BNetzA) hat am 19.7.2024 ein neues Eckpunktepapier zur Methodikfestlegung des Ausgangsniveaus Strom und Gas (StromNEF und GasNEF) als Konkretisierung und Erweiterung des Eckpunktepapiers „Netze.Effizient.Sicher.Transformiert.” veröffentlicht. Kern ist die künftige Ausgestaltung der Ermittlung der Kostenbasis für eine Anreizregulierung ab der 5. Regulierungsperiode (Gas ab 2028; Strom ab 2029). Das neue Eckpunktepapier ist als Zwischenfazit nach der Diskussion des Eckpunktepapiers „N.E.S.T.” und zu
Beginn der Festlegungsverfahren zu verstehen. Dabei ist die Diskussion über die Ausgestaltung des neuen Regulierungsrahmens noch nicht final geführt.

 

 


Ergänzend zu dem am 17.7.2024 veröffentlichten Festlegungsentwurf zur Anpassung der kalkulatorischen Nutzungsdauern und Abschreibungsmodalitäten für Erdgasleitungsinfrastrukturen („KANU 2.0”), strebt die BNetzA nun an, die Vorgehensweise zur Ermittlung des Ausgangsniveaus der Erlösobergrenze für Strom- und Gasnetzbetreiber zu „überarbeiten”. 

 

 

 

 

Das hierzu veröffentlichte Eckpunktepapier greift eine Vielzahl der Aspekte aus dem Eckpunktepapier „N.E.S.T.” auf:

 

Für die nicht thematisierten Themen im neuen Eckpunktepapier wie die Durchführung eines Effizienzvergleichs, dnbK oder volatile Kostenbestandteile sowie die Durchführung einer Vergleichbarkeitsrechnung plant die BNetzA jeweils ein gesondertes Festlegungsverfahren. Darüber hinaus strebt sie weitere gesonderte Festlegungsverfahren zu den Mechanismen zur jährlichen Anpassung einer Erlösobergrenze, zur Methodik eines Ka-pitalkostenabgleichs sowie zur Methodik zur Bildung der Netzentgelte (Kostenstellenrechnung und Kostenträgerrechnung) an.

 

Was wurde nun im Eckpunktepapier zur Methodikfestlegung des Ausgangsniveaus Strom und Gas (StromNEF und GasNEF) weiter konkretisiert?

Die BNetzA verfolgt insbesondere das Ziel, Regelungen zur Ermittlung des Ausgangsniveaus im Hinblick auf die in Zukunft geltenden Rahmenbedingungen zu erlassen. Diese müssen dabei so ausgestaltet sein, dass sowohl der bereits begonnene „Transformationsprozess” der Gasverteilernetze (siehe z. B. „KANU 2.0”) ausreichend gewürdigt wird. Zum anderen besteht die Herausforde-rung darin, auch die zukünftige Dauer einer Regulierungsperiode vor dem Hintergrund des „organisatorischen und bürokratischen Aufwands” entsprechend zu berücksichtigen.

 

Grundsätze zur Bestimmung des Ausgangsniveaus und Kostenermittlung

Die Grundsätze zur Bestimmung des Ausgangsniveaus durch eine Kostenprüfung sollen bestehen bleiben. Die Kosten eines abgeschlossenen Geschäftsjahrs bilden auch weiterhin die Grundlage, dabei sind nur effiziente und betriebsnotwendige Kosten des Netzbetriebs ansetzbar. Gerade im Gasnetz ergeben sich durch stark schwankende Kostenentwicklungen im Kontext der Stilllegung und des Rückbaus Herausforderungen für belastbare Plankosten. Daher sind Plankosten weiterhin nicht anerkennungsfähig.

 

Für die Bestimmung des Ausgangsniveaus wird weiterhin an der Durchführung einer Kostenprüfung festgehalten. Die Kosten setzen sich dabei aus den aufwandgleichen Kosten unter Abzug der kostenmindernden Erlöse sowie den Kapitalkosten bestehend aus kalkulatorischer Eigenkapitalverzinsung und Abschreibung zusammen. Die Weiterentwicklung der kalkulatorischen Steuer sowie der Umgang mit Fremdkapitalzinsen wird in den weiteren Punkten diskutiert.

 

Kosten von Verpächtern und Dienstleistern

Die bisher gültigen Grundsätze zu Einzel- und Gemeinkosten, Verpächtern und Dienstleistern sollen sachgerecht weiterentwickelt werden (§ 4 Abs. 4,5 und 5a StromNEV/Gas NEV). Die Kosten von Verpächtern und Dienstleistern werden im weiteren Festlegungsverfahren konkretisiert. Ausgangspunkt sollen die Kosten sein, die beim Verpächter/Dienstleister für den Netzbetrieb angefallen sind. In Bezug auf Dienstleister soll wohl weiterhin ein Minimumabgleich erfolgen, die Regelungsdichte aber soll reduziert und überhöhte Kostenpotenziale sollen abgebaut werden.

 

Wie jedoch final der Abgleich zwischen den für den Netzbetreiber anfallenden Kosten und den Kosten aufseiten des Verpächters erfolgen soll, ist bis dato nicht konkretisiert. 

 

Aufwandsgleiche Kostenpositionen

Der Effizienzgrundsatz (vgl. § 4 Abs. 1 StromNEV) findet weiterhin im Rahmen der Prüfung aufwandsgleicher Kosten Berücksichtigung. Sofern der von der BNetzA favorisierte WACC-Ansatz umgesetzt wird, ist der Fremdkapitalzinsaufwand/-ertrag allerdings nicht mehr als Bestandteil der aufwandsgleichen Kostenpositionen anzusehen.

 

Zudem hat sich in den vergangenen Kostenerhebungen gezeigt, dass „durchlaufende Posten” uneinheitlich im Erhebungsbogen erfasst wurden. Hier werden klare Regelungen im Kontext der nicht berücksich-tigungsfähigen Positionen angestrebt. Die BNetzA nennt zwar potenzielle Positionen wie Aufwendungen und Erträge aus Umsatzsteuer, EEG, KWKG, aus Umlagen, Mehr- und Mindermengen und Konzessionsabgaben sowie für Differenzbilanzkreise, allerdings fehlt in diesem Kontext bisher eine klare Regelung.  

 

Realkapitalerhaltung

Das bisher gültige Mischsystem aus Nettosubstanz- und Realkapitalerhaltung soll durch ein Realkapitalerhaltungssystem abgelöst werden. Der Tenor aus hierzu eingegangen Stellungnahmen auf die Umstellung ist nicht eindeutig. Die BNetzA begründet die Umstellung mit einer deutlich höheren Transparenz sowie einer einhergehenden Komplexitätsreduzierung. Gerade im Kontext der Festlegung von Indexreihen hat das in der Vergangenheit zu Beschwerdeverfahren geführt. Dem könnte durch die Umstellung auf die Methode der Realkapitalerhaltung begegnet werden. Zudem wird es gerade im Gasbereich aufgrund der Endlichkeit der Gasversorgung wohl nicht mehr nötig sein, „Wiederbeschaffungswerte” anzusetzen.

 

Seitens der BNetzA wird vorgeschlagen, eine Umstellung auf Tagesneuwert-Basis zum Basisjahr der kommenden Regulierungsperiode vorzunehmen. Für Altanlagen erfolge demnach im nächsten Basisjahr letztmalig die Ermittlung auf Tagesneuwert-Basis. Zukünftig soll eine Fixierung der sich ergebenen Restwerte erfolgen. Das dabei angestrebte Ziel muss es sein, einen geeigneten Kompensationsmechanismus möglicher Nachteile zu schaffen. Die BNetzA argumentiert für die Umstellung auf das Realkapitalerhaltungssystem, eine eindeutige Festlegung ist jedoch noch nicht zu erkennen. Ebenfalls wird der Kompensationsmechanismus als Lösungsoption genannt, aber genauere Ausgestaltungsdetails werden offengelassen.

 

Nachdem Netzbetreiber hier – je nach Altersstruktur des kalkulatorischen Anlagevermögens – völlig unterschiedlich betroffen sein können, bleibt abzuwarten, ob die BNetzA einen „pauschalen” oder „netzbetreiberindi-viduellen” Kompensationsmechanismus etablieren wird.

 

Kalkulatorische Abschreibung

Die kalkulatorischen Abschreibungen werden weiterhin für jede Anlage jährlich auf Grundlage der jeweiligen betriebsnotwendigen Nutzungsdauern berechnet. Insbesondere aufgrund der zunehmenden Digitalisierung und des technischen Fortschritts besteht nach Meinung der BNetzA jedoch punktueller Anpassungsbedarf im Hinblick auf die Anlagengruppen.

 

 

 

 

 

Durch eine Reduzierung der Anlagengruppen soll zwar zum einen eine Vereinfachung erzielt werden. Zum anderen müssten aber gegebenenfalls neue Anlagengruppen mit aufgenommen werden, die bisher nicht vor-handene „digitale” Anlagengüter darstellen können.

 

Zur Diskussion stehe noch, ob eine Vereinheitlichung der Nutzungsdauern auf den unteren Rand der StromNEV – derzeit von rund 95 Prozent der Netzbetreiber gewählt – bzw. eine generelle Anpassung der Nutzungsdauern nach unten umgesetzt werden soll. Diese Thematik wird für den Gasbereich derzeit separat behandelt (siehe Festlegungsverfahren „KANU 2.0”).  

 

Sowohl bei den Anlagengruppen als auch bei den Nutzungsdauern liefert die BNetzA keine Konkretisierung, sondern sucht den weiteren Austausch mit den Stakeholdern der Strombranche. 

 

Bestimmung des betriebsnotwendigen Vermögens

Die Bestimmung des betriebsnotwendigen Vermögens erfolgt auf Basis der kalkulatorischen Restwerte sowie des betriebsnotwendigen Umlaufvermögens. Hinsichtlich der Ansatzfähigkeit einzelner Positionen beabsichtigt die BNetzA folgende Anpassungen:

 

Anlagen im Bau/Geleistete Anzahlungen

Die Berücksichtigung von Anlagen im Bau und geleisteten Anzahlungen erfolgt derzeit mit den Stichtagswerten 1.1. und 31.12. eines Jahres. Dies ergibt sich aus der Zu-gangsfiktion nach § 6 Strom/GasNEV, nachdem das kalkulatorische Anlagevermögen bereits zum 1.1. eines Jahres vorhanden ist.

 

Nach Ansicht der BNetzA sind zukünftig allerdings die im Betrachtungsjahr vorgenommenen Umbuchungen aus den Anlagen im Bau in die Aktivierung aus dem Anfangsbestand zum 1.1. zu eliminieren. Dies würde zwangsläufig zu einer Reduzierung des betriebsnotwendigen Vermögens über die Mittelwertbildung und einer geringen Kapitalverzinsung führen.

 

Immaterielle Vermögensgegenstände

Die Berücksichtigung von immateriellen Vermögensgegenständen wie z. B. auch geleisteten Baukostenzuschüssen wurde bisher nicht einheitlich umgesetzt. Die BNetzA strebt hier eine Vereinheitlichung der Ansatzfähigkeit dieser Positionen an und plant, diese zukünftig als separate Anlagengruppen aufzunehmen.

 

Betriebsnotwendiges Umlaufvermögen

Im Hinblick auf die Bestimmung eines pauschalen betriebsnotwendigen Umlaufvermögens verfolgt die BNetzA den Ansatz, dass 1/24 des geprüften Ausgangsniveaus des jeweiligen Basisjahres zuzüglich der betriebsnotwendigen Vorräte anerkannt werden. Nach aktuellem Stand gebe es keinen Nachweis, dass seitens der Netzbetreiber eine höhere Quote gefordert werde. Hierbei ist hervorzuheben, dass dieser pauschalierte Ansatz wohl auch ohne tatsächlich vorhandenes Umlaufvermögen gewährt wird.

 

Kalkulatorische Kapitalverzinsung

Für die kalkulatorische Kapitalverzinsung wird ein sachgerechtes pauschalierendes Verfahren verfolgt. Künftig soll die Verzinsung mittels eines „einfachen” WACC-Ansatzes berechnet werden. Die kalkulatorische Gesamtkapitalverzinsung ergibt sich demnach aus nachfolgender Rechnung:

 

 


 
Demnach wird die regulierte Verzinsungsbasis (RVB) lediglich auf Basis des betriebsnotwendigen Vermögens (BNV), kalkulatorische Restwerte zzgl. Umlaufvermögens, bestimmt. Hiervon abgezogen werden noch die vom Netzbetreiber vereinnahmten Baukosten- und Investitionszuschüsse und Netzanschlusskostenbeiträge. Aus Sicht der BNetzA ist eine Vereinnahmung von Zuschüssen für Investitionen effizient. Vor diesem Hinter-grund sind diese Zuschüsse individuell vom betriebsnotwendigen Vermögen abzuziehen.

 

Der Verzinsungssatz („WACC-Rate”) ergibt sich dabei aus einem „eigenfinanzierten” und einem „fremdfinanzierten” Anteil, die mit unterschiedlichen Zinssätzen verzinst werden.

 

Wie die Eigen- und die Fremdkapitalquote definiert und in welcher Höhe diese angesetzt werden, lässt die BNetzA in ihrem Eckpunktepapier allerdings offen.

 

Gewerbesteuer

Im aktuell geltenden Regulierungsrahmen erfolgt die Ermittlung der kalkulatorischen Steuer auf Basis der kalkulatorischen Eigenkapitalverzinsung. Nach bisherigem Stand der geführten Diskussionen soll zukünftig nur die Höhe der tatsächlichen Gewerbesteuer, die dem Netzbetrieb zugeordnet wird, anerkannt werden. Demnach würde auch eine Berücksichtigung der Gewerbesteuer im Kapitalkostenaufschlag entfallen.

Als Bemessungsgrundlage sollen demnach die individuellen Jahres- und Tätigkeitsabschlüsse des Netzbetreibers gelten. Netzbetreiber, die faktisch keine Gewerbesteuern zu zahlen haben oder diese dem Stromnetz nicht zugeordnet haben, würden diese Position somit auch nicht innerhalb des Ausgangsniveaus ansetzen dürfen.

 

Diese Anpassung würde damit zu einer erheblichen Benachteiligung von einer Vielzahl von Netzbetreibern im Vergleich zum Status quo führen, sodass es nicht verwundert, dass zahlreiche Verbände und Netzbetreiber ablehnend auf diesen Vorschlag reagieren. Die BNetzA scheint sich in diesem Punkt aber bereits eine sehr feste Meinung gebildet zu haben, sodass eine Neuregelung der kalkulatorischen Steuer als wahrscheinlich anzusehen ist.

 

Kostenmindernde Erlöse und Erträge

Der aktuell gültige Katalog für die kostenmindernden Erlöse und Erträge – ergänzt um Investitionszuschüsse – soll auch im neuen Regulierungsrahmen Anwendung finden. Weiterhin sollen von Dritten entrichtete Baukostenzuschüsse, Netzanschlusskostenbeiträge und Investitionszuschüsse über 20 Jahre linear aufgelöst werden. Somit ergibt sich für die kostenmindernden Erlöse und Erträge keine Vereinfachung.

 

Zusammenfassung

Im Eckpunktepapier erhalten die Anmerkungen aus den bisher geführten Diskussionen sowie den eingereichten Stellungnahmen durchaus Einfluss. Für einige Positionen hat sich die BNetzA bereits eine sehr feste Meinung gebildet und schlägt konkrete Vorgehensweisen vor. Jedoch sind einige Fragestellungen auch weiterhin noch nicht final aus-diskutiert und der Ausgestaltungsrahmen weiter zu schärfen. Für Netzbetreiber wird zwar langsam der zukünftige Regulierungsrahmen greifbarer, jedoch bedarf es für die langfristige Planung deutlich konkretere Aussagen im Hinblick auf die Ausgestaltung des neuen Regulierungsrahmens seitens der BNetzA.  

 

Die BNetzA verfolgt weiterhin einen transparenten und ergebnisoffenen Prozess. So können bis zum 30.8.2024 Stellungnahmen zum neu veröffentlichten Eckpunktepapier bei der BNetzA eingereicht werden. Um den weiteren Transformationsprozess aktiv und konstruktiv zu begleiten, empfiehlt es sich für Stakeholder aus dem Strom- und Gasbe-reich die Möglichkeit einer Stellungnahme zu nutzen. Basierend auf den eingereichten Stellungnahmen plant die Große Beschlusskammer voraussichtlich im 4. Quartal 2024 zwei Festlegungsentwürfe zu erarbeiten, die wiederum zur Konsultation gestellt werden.

 

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