Neues Erneuerbare-Energien- und Energieeffizienzrecht am Horizont – Novelle der EU-Richtlinien RED III und EEDII

PrintMailRate-it

​veröffentlicht am 1. Dezember 2022




Im Europäischen Klimagesetz VO (EU) 2021/1119 vom 30.6.2021 ist das verbindliche Ziel der EU-Klimaneutralität bis 2050 gesetzlich verankert. Das Europäische Klimagesetz ist damit Ausdruck der politischen Selbstverpflichtung, die mit dem European Green Deal 2019 begann. Zur Erreichung der klimapolitischen Ziele stellte die Europäische Kommission am 14.7.2021 unter der Überschrift „Fit for 55“ ein umfangreiches Rechtssetzungspaket zur Verwirklichung des European Green Deals vor. Auf dem Weg zum anvisierten Ziel der Klimaneutralität sollen die Netto-Treibhausgasemissionen (THG) innerhalb der EU bis zum Jahr 2030 um 55 Prozent gegenüber 1990 reduziert werden. Um dieses Zwischenziel zu erreichen, wird eine Vielzahl von energie- und klimapolitischen Europäischen Gesetzen angepasst. Die bevorstehenden Anpassungen sind auch für kommunale Unternehmen von großer Relevanz. 


„Fit for 55“ – Ein Maßnahmenpaket zur Umsetzung des European Green Deals 

Das Maßnahmenpaket stellt eine Trias von gesteckten Klimazielen, marktorientierten Maßnahmen und ordnungsrechtlichen Vorschriften dar. Einerseits sollen bestehende energie- und klimapolitische EU-Gesetze angepasst werden, weiterhin sind neue Ansätze ersichtlich. Das „Fit for 55“-Paket der Europäischen Kommission enthält 13 Legislativvorschläge, die eine Umsetzung der europäischen Klimaziele rechtsverbindlich und konkret festlegen sollen. Das Paket betrifft unter anderem folgende Bereiche: 

  • Maßnahmen aus dem Emissionshandel für neue Sektoren und Überarbeitung des bestehenden Emissionshandelssystems (EHS) der EU
  • Förderung der Nutzung Erneuerbarer Energien
  • Steigerung der Energieeffizienz
  • Beschleunigung der Einführung emissionsarmer Verkehrsträger sowie entsprechender Kraftstoffe und Infrastruktur
  • Maßnahmen zur Prävention der Verlagerung von CO2-Emissionen
  • Anpassung der Steuerpolitik an die Ziele des European Green Deals sowie
  • Maßnahmen zur Erhaltung und Vergrößerung der natürlichen CO2-Senken

Die Legislativvorschläge sollen in ihrem Zusammenwirken ein ausgewogenes Verhältnis zwischen Bepreisung, Zielvorgaben, Normen und Unterstützungsmaßnahmen gewährleisten und die gesteckten Klimaziele erreichen. 

Überarbeitung der Richtlinien für Erneuerbare Energien und der Energieeffizienz

Erneuerbare Energien sollen bis zum Jahr 2030 deutlich mehr genutzt und der Energieverbrauch signifikant reduziert werden. 

Ein wesentlicher Teil des Maßnahmenpakets betrifft daher die Überarbeitung und Ergänzung der Erneuerbare-Energien-Richtlinie (EU) 2018/2001 (Renewable Energy Directive II – RED II) sowie der Energieeffizienz-Richtlinie (EU) 2018/2002 (Energy Efficiency Directive – EED). 

Eine Überarbeitung der Erneuerbare-Energien-Richtlinie (RED II) soll dazu dienen, das neue THG-Ziel von 
55 Prozent bis zum Jahr 2030 zu erreichen. Nach der derzeit geltenden Gesetzgebung hat sich die EU lediglich dazu verpflichtet, mindestens 32 Prozent ihres Energieverbrauchs bis zum Jahr 2030 aus erneuerbaren Energiequellen zu decken.

Weiterhin sei auch eine Neufassung der Energieeffizienz-Richtlinie (EED) notwendig, deren Bestimmungen an das neue THG-Ziel anzupassen sind. Die EED setzt die Höhe der Energieeinsparungen fest, die innerhalb der EU erzielt werden müssen, um das gesteckte Ziel einer Verbesserung der Energieeffizienz von 32,5 Prozent bis zum Jahr 2030 zu erreichen.

Novelle der Richtlinie zur Förderung erneuerbarer Energien (RED III) 

Das Europäische Parlament stimmte am 14.9.2022 im Zuge der Novellierung der Erneuerbare-Energien-Richtlinie (RED III) für ein höheres Gesamtziel beim Ausbau erneuerbarer Energieträger. Vorausgegangen war ein Vorschlag der EU-Kommission zur Änderung der Erneuerbare-Energien-Richtlinie (COM(2021) 557 final).

In Erweiterung der Erneuerbare-Energien-Richtlinie (RED II) aus dem Jahr 2018, sollen 45 Prozent des Energiebedarfs der EU bis zum Jahr 2030 aus Erneuerbaren Energien gedeckt werden. 

Mit der neuen Zielvorgabe ging das EU-Parlament sogar über den ursprünglichen Änderungsvorschlag hinaus, den Anteil von Energie aus erneuerbaren Energiequellen bis 2030 von 32 Prozent (Zielvorgabe RED II) auf 40 Prozent zu steigern. Den Erwägungen der EU-Kommission zufolge war der Anteil in diesem Maße nach oben zu korrigieren, um das THG-Reduktionsziel der EU überhaupt erreichen zu können.

Zudem werden in den Rechtsvorschriften auch Unterziele für die Industrie und den Gebäudesektor sowie Fernwärme und -kälte festgelegt. Im Verkehrssektor soll der Einsatz Erneuerbarer Energien zu einer Verringerung der Treibhausgasemissionen von 16 Prozent führen, und zwar durch einen höheren Anteil an neuen Biokraftstoffen und durch eine signifikante Quote erneuerbarer Kraftstoffe wie Wasserstoff. Die Industrie sollte ihre Nutzung Erneuerbarer Energien um 1,9 Prozent pro Jahr steigern, die Fernwärmenetze um 2,3 Prozent pro Jahr. Im Gebäudesektor soll ein Anteil an Erneuerbaren Energien von 49 Prozent bis zum Jahr 2030 erreicht werden. 

Weiterhin hat nach den Zielvorgaben der EU jeder Mitgliedstaat zwei grenzüberschreitende Projekte zum Ausbau von Ökostrom zu entwickeln. Ein drittes Projekt bis zum Jahr 2030 müssen Mitgliedstaaten mit einem jährlichen Stromverbrauch von mehr als 100 TWh entwickeln.

Ob und wie die Biomasse künftig genutzt werden soll, wird ebenfalls Gegenstand der Erneuerbare-Energien Richtlinie (RED III) sein. So nahmen die Parlamentsabgeordneten auch Änderungsanträge an, die eine schrittweise Senkung des Anteils von Primärholz als Erneuerbare Energie fordern.

Demnach soll die „primäre holzige Biomasse“ laut dem Votum des EU-Parlaments nicht mehr als förderfähig gelten (hierzu bereits: (https://www.roedl.de/themen/stadtwerke-kompass/2022/18/erneuerbare-energien-weniger-energieholz-eu-parlament-erneuerbare-energien). 

Dagegen soll es eine Pflicht für eine vorrangig stoffliche Kaskadennutzung für Holz und Bewirtschaftungsvorgaben für den Wald geben. 

Energieholz ist in Deutschland ein wichtiger Einsatzstoff der regenerativen Energieerzeugung: 65 Prozent der Wärme aus Erneuerbaren Energien in Deutschland werden bisher aus Holz gewonnen. Bei der Stromerzeugung liegt der Anteil von Holz am gesamten Strom aus erneuerbaren Energiequellen bei immerhin 4 Prozent. Dabei wurde der Einsatz von naturbelassenem Energieholz durch den Bonus für nachwachsende Rohstoffe (sog. „Nawaro-Bonus“) durch das Erneuerbare-Energien-Gesetz besonders gefördert. Allerdings wird schon jetzt ein erheblicher Anteil der Energieholzfraktionen, wie z. B. Holzpellets und -briketts, aus Holzabfällen, d. h. nicht aus primärem Holz, hergestellt. Darüber hinaus ist umstritten, ob weitere wichtige Energieholzfraktionen, wie z. B. Waldrestholz und Landschaftspflegeholz (z. B. sog. Straßenbegleitgrün), als ohnehin anfallende Nebenprodukte als Primärholz eingestuft werden können. 
 
Danach wird bei den Auswirkungen der RED III-Novelle auf den deutschen Energieholzeinsatz viel von der weiteren Ausgestaltung der Primärholzdefinition abhängen.

Dennoch ist davon auszugehen, dass der Ausschluss von Primärholz durch die RED III-Novelle das Spektrum förderfähiger Holzfraktionen für die Energieerzeugung einschränken wird. Insbesondere für den Wärmemarkt bedeutet dies, dass wir noch mehr auf ein einseitig auf Strom basiertes Energiesystem mit einer überragenden Rolle der Windkraft und Solarerzeugung zusteuern werden.

Novelle der Richtlinie zur Energieeffizienz (EED II)

Zudem fand sich eine Mehrheit im EU-Parlament für eine Überarbeitung der Energieeffizienz-Richtlinie (EED) zur Senkung des Energieverbrauchs. Neu festgelegt werden sowohl die Ziele für Energieeinsparungen beim Primär- als auch beim Endenergieverbrauch in der EU.

Die Parlamentsabgeordneten erhöhten das EU-Ziel für die Senkung des End- und Primärenergieverbrauchs, sodass die Mitgliedstaaten künftig gemeinsam sicherstellen müssen, dass der Endenergieverbrauch bis 2030 um mindestens 40 Prozent und der Primärenergieverbrauch um 42,5 Prozent gegenüber den Prognosen von 2007 gesenkt wird. Dies entspricht in etwa 740 bzw. 960 Mio. t RÖE (Millionen Tonnen Rohöleinheiten) für den End- und Primärenergieverbrauch. Dabei bezieht sich der Endenergieverbrauch auf die von Endverbrauchern verbrauchte Energie; der Primärenergieverbrauch umfasst zusätzlich, was für die Energieerzeugung und -versorgung aufzuwenden ist.

Alle Mitgliedstaaten sollen zum Erreichen des Gesamtziels der EU beitragen, indem sie in ihren integrierten nationalen Energie- und Klimaplänen (NEKP) indikative nationale Beiträge und Zielpfade festlegen, die in den Folgejahren aktualisiert werden müssen. 

Mitunter soll der öffentliche Sektor künftig verpflichtet werden, den Energieverbrauch um mindestens 1,7 Prozent pro Jahr zu senken – oder alternativ um mindestens 1,9 Prozent jährlich, wenn der ÖPNV und die Streitkräfte ausgenommen werden. Diese Verpflichtung soll für vier Jahre nach Inkrafttreten der Verordnung verbindlich gelten, beginnend bei den größeren Gemeinden. Darüber hinaus sollen die Mitgliedstaaten dazu angehalten werden, jedes Jahr mindestens 3 Prozent der Gesamtfläche aller Gebäude, die sich im Eigentum öffentlicher Einrichtungen befinden, zu renovieren.

Schließlich sind die Mitgliedstaaten dazu angehalten, verbindliche nationale Beiträge zur Erreichung dieser Ziele festzulegen. Die Zielerreichung soll unter anderem auf lokaler und regionaler Ebene in verschiedenen Sektoren wie der öffentlichen Verwaltung, Gebäude, Unternehmen, Datenzentren usw. erfolgen.

Die Überarbeitung und Erweiterung der Erneuerbare-Energien-Richtlinie (RED II) und der Energieeffizienz-Richtlinie (EED) sollen nach den Vorstellungen des EU-Parlaments zur Bekämpfung des Klimawandels und zur Erhöhung der Energiesicherheit beitragen. 

Nach der Abstimmung im EU-Parlament stehen noch die Verhandlungen mit dem Rat der Europäischen Union und der EU-Kommission auf dem Programm. Sobald die Erneuerbare-Energien-Richtlinie (RED III) und die Energieeffizienz-Richtlinie (EED II) beschlossen sind, sind diese noch in nationales Recht umzusetzen.

Gerne beraten wir Sie zu den aktuellen Entwicklungen der Gesetzesvorhaben zur Förderung der Nutzung Erneuerbarer Energien sowie zur Energieeffizienz bei Ihren Projekten und Vorhaben.



Anrede
Titel
Vorname
Nachname
Branche
Firma
Straße/Hausnummer
PLZ
Ort
Land
Telefon
E-Mail *
Frage *
Datenschutzerklärung *

Einwilligung

Helfen Sie uns, Spam zu bekämpfen.


Captcha image
Show another codeAnderen Code generieren



Kontakt

Contact Person Picture

Joachim Held

Rechtsanwalt, Mag. rer. publ.

Associate Partner

+49 911 9193 3515

Anfrage senden

Befehle des Menübands überspringen
Zum Hauptinhalt wechseln
Deutschland Weltweit Search Menu