Ein KI-Verbot für die Nachahmung von Stimmen?

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​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​veröffentlicht am 9. April 2024 | Lesedauer ca. 3 Minuten
Die täuschend echte Imitation von Stimmen klang noch bis vor kurzem nach Science Fiction, der Einsatz von Künstlicher Intelligenz (KI) eröffnet allerdings bisher unge­ahnte Möglichkeiten. Der US-Bundesstaat Tennessee hat daher ein Gesetz auf den Weg gebracht, das die Nutzung von KI, die Stimmen von Künstlern ohne Erlaubnis nachahmt, verbietet. Wie regelt der sog. ELVIS Act die Stimmenimitation und sind wir in Deutschland ausreichend gegen „Stimmen-Klau“ geschützt?​

Der ELVIS Act

Der ELVIS Act im US-Bundesstaat Tennessee reguliert die Nutzung von KI bei Stimmen. Bei diesem Gesetz handelt es sich um eine Änderung des „Personal Rights Protection Act of 1984“, welcher künftig „Ensuring Likeness, Voice, and Image Security Act of 2024“ heißen wird, kurz ELVIS Act. Das Gesetz tritt am 1. Juli 2024 in Kraft.
  
Der ELVIS Act sichert Eigentumsrechte jeder Person an der Verwendung ihres Namens, ihrer Stimme oder ihres Bildes in einem beliebigen Medium. Neu hieran ist in Tennessee, dass nun auch die Stimme persönlichkeits­rechtlich geschützt wird. Dadurch dürfen Dritte eine Tonaufnahme oder ein audiovisuelles Werk, in dem die Stimme einer Person leicht identifizierbar ist, nicht kommerziell nutzen, wenn der Betroffene dem nicht zuge​­stimmt hat. Dabei ist es unerheblich, ob die tatsächliche Stimme oder eine Simulation der Stimme verwendet wird. Außerdem verbietet der ELVIS Act Algorithmen, Softwares, Werkzeuge oder andere Techno­logien, Dienste oder Geräte, deren Zweck in der unberechtigten Erstellung der Stimme einer Person besteht. Damit greift das Verbot auch dann, wenn KI genutzt wird, um Stimmen von berühmten Persönlichkeiten nachzuahmen.
  
Die Nutzung ist nur ausnahmsweise dann erlaubt, wenn sie einen sogenannten „fair use“ darstellt. Hierzu zählen etwa die Nutzung von Stimmen im Zusammenhang mit Nachrichtensendungen oder öffentlichen Ange­legenheiten sowie zu Zwecken des Kommentars, der Kritik, der Wissenschaft, der Satire oder der Parodie und die kurzzeitige oder zufällige Nutzung. Außerdem darf eine Stimme in einem audiovisuellen Werk zur Darstel­lung der zu der Stimme gehörigen Person genutzt werden, sofern nicht der Eindruck erweckt wird, dass diese Person selbst an der Aufzeichnung mitgewirkt hat.
   

​Schutz vor „Stimmen-Klau" in Deutschland

​Im Internet sind immer mehr KI Anwendungen zu finden, die Stimmen generieren. Der ELVIS Act aus den USA weckt daher die Frage, ob es auch in Deutschland einen vergleichbaren Schutz vor KI-Stimmen-Generatoren gibt.
  
In Deutschland ist das allgemeine Persönlichkeitsrecht ein durch Artikel 1 Absatz 1 und Artikel 2 Absatz 1 Grundgesetz (GG) verfassungsmäßig garantiertes Grundrecht und zugleich zivilrechtlich nach § 823 Bürgerli­ches Gesetzbuch (BGB) geschützt. Das allgemeine Persönlichkeitsrecht schützt die Menschenwürde und das Recht auf freie Entfaltung der Persönlichkeit. Der Schutz umfasst sowohl ideelle als auch vermögenswerte Interessen.
  
Spätestens seit dem berühmten „Marlene Dietrich-Urteil“ des Bundesgerichtshofs (BGH) steht fest, dass auch die Stimme vom allgemeinen Persönlichkeitsrecht geschützt ist (BGH, Urt. vom 1. Dezember 1999, Az. I ZR 49/97). In diesem Urteil hat der BGH festgestellt, dass der Stimme „ein beträchtlicher wirtschaftlicher Wert zukommen [kann], der im Allgemeinen auf der Bekanntheit und dem Ansehen der Person in der Öffentlichkeit – meist durch besondere Leistungen etwa auf sportlichem oder künstlerischem Gebiet erworben – beruht.“
 
Über das allgemeine Persönlichkeitsrecht kann folglich die unerlaubte Nutzung der eigenen Stimme untersagt werden, wenn eine solche Nutzung die persönliche Ehre oder die materiellen Interessen des Betroffenen ver­letzt – auch, wenn dies mit Hilfe von KI geschieht. Außerdem wird die Stimme in Deutschland durch die Daten­schutzgrundverordnung (DSGVO) geschützt. Bei Stimmen handelt es sich um biometrische Daten und Gesund­heitsdaten, welche nur im Ausnahmefall verarbeitet werden dürfen. Ein solcher Ausnahmefall liegt aber nicht vor, wenn die KI unbefugt Stimmen nutzt, um diese nachzuahmen.
 
Damit gibt es in Deutschland gleich zwei Möglichkeiten, sich gegen einen „Stimmen-Klau“ zu wehren. Welches Recht (Datenschutzrecht oder allgemeine Persönlichkeitsrecht) jeweils zu Anwendung kommt, hängt vom Einzelfall ab. In vielen Fällen wird man aber zum gleichen Ergebnis kommen.
 
Schließlich bietet der Abschluss von Lizenzverträgen einen dritten Weg zum Schutz – oder sogar der Vermark­tung – der eigenen Stimme. So bietet etwa die kanadische Künstlerin Grimes die Nutzung ihrer Stimme gegen eine Beteiligung an den erzielten Einnahmen von jedem erfolgreichen KI-generiertem Lied an, in dem ihre Stimme genutzt wird.

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