Entgelte für den Leerrohrzugang bei der Telekom festgesetzt - Entscheidung der BNetzA im Verfahren BK3c-23/079

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veröffentlicht am 15. August 2024

 

Die Bundesnetzagentur hat jüngst den Tenor ihres Beschlusses zur Entgeltregulierung im Verfahren BK3c-23/079 veröffentlicht. Hiermit setzt die BNetzA Entgelte für den Zugang zu baulichen Anlagen (insb. Leerrohrzugang) bei der Telekom Deutschland GmbH fest. Die festgesetzten Entgelte gelten ab dem 01.01.2024 und sind bis zum 31.12.2025 befristet. Ob die Entscheidung Ausstrahlungswirkung auf nachfolgende Beschlüsse/Festsetzungen der Beschlusskammern (insb. der Beschlusskammer 11) entfalten wird, bleibt abzuwarten. Jedenfalls ist zu hoffen, dass das Ziel – die Anreizschaffung für Investitionen in den benötigten FTTH-Ausbau im Wege der nationalen Gigabitstrategie und damit einhergehend die Förderung einer flächendeckenden Breitbandversorgung und die Stärkung des Wettbewerbes – nicht am Ende verfehlt wird.

 

Hintergrund des Beschlusses: Notwendigkeit des Lehrrohrzugangs auf dem Netz der Telekom

Ausgangspunkt des Beschlusses ist die Möglichkeit anderer Telekommunikationsunternehmen (TKU), ungenutzte Kapazitäten in den Leerrohren der Telekom (Kabelkanalanlagen sowie oberirdischen Trägersystemen für den Ausbau von Glasfasernetzen) für eigene Zwecke zu nutzen. Als marktbeherrschendes Unternehmen ist die Telekom verpflichtet, anderen Netzbetreibern Zugang zu ihren Leerrohren zu gewähren. Dies ermöglicht Wettbewerbern, ihre Glasfasern in diesen Rohren zu verlegen, ohne dass es eines Überbaus oder Neubaus von Leerohren bedarf. Die Nutzungsmöglichkeit der Leerrohre der Telekom durch Dritte kann damit den dringend benötigten Ausbau des Glasfasernetzes deutlich beschleunigen – jedenfalls, sofern der Preis stimmt.

 

Durch Regulierungsverfügung vom 21.07.20221 hat die Bundesnetzagentur (BNetzA) die Telekom als marktmächtiges Unternehmen verpflichtet, sich eben jene Entgelte für den Zugang zu ihren baulichen Anlagen nach Maßgabe der §§ 39 ff. TKG von der BNetzA genehmigen zu lassen. Am 10.10.2023 hat die Telekom Deutschland GmbH die Genehmigung einer Reihe von Entgelten für den Zugang zu baulichen Anlagen bei der BNetzA beantragt. Am 10.04.2024 veröffentliche die BNetzA daraufhin ihren Konsultationsentwurf2 und forderte im Rahmen des Anhörungsverfahrens zur Stellungnahme auf. Den Konsultationsentwurf sowie die Stellungnahmen vom BREKO, 1&1 Versatel, BUGLAS, Deutsche Glasfaser, EWE TEL, Telekom, VATM und Vodafone hat die BNetzA hier veröffentlicht.

 

Kostenberechnung – Antrag, Konsultationsentwurf und Stellungnahmen

Das Wichtigste der Kostenberechnung kurz zusammengefasst: Die Telekom hat die Überlassungsentgelte in ihrem Antrag nicht anhand einer kostenorientierten Bottom-up-Modellierung kalkuliert, sondern die Folgen der Zugangsgewährung für ihren Geschäftsplan als Basis für die Berechnung der Entgelte herangezogen. Die Folgen der Zugangsgewährung für den Geschäftsplan der Telekom ermittelte diese wiederum anhand prognostizierter Kundenverluste (verlorene Deckungsbeiträge) und anhand der Kundenverlustwahrscheinlichkeit – unabhängig vom Alter der jeweiligen baulichen Anlage.

 

Dieses Vorgehen hat die BNetzA in ihrem Konsultationsentwurf abgelehnt. Insbesondere sieht die BNetzA kritisch, dass keine Differenzierung bezüglich Abschreibungsgrad und Alter der betroffenen baulichen Anlage erfolgt ist. Während die Entgeltberechnung bezüglich bestehender wiederverwendbarer baulicher Altanlagen (FTTC-Netze) rein auf Basis der auf die einzelnen Dienste entfallenen Kosten der effizienten Leistungsbereitstellung (KeL) erfolgen soll, soll bei neuen baulichen Anlagen, die von vornherein für den Bau eines Glasfasernetzes errichtet wurden (FTTB/FTTH-Netze), zusätzlich ein die Telekom kompensierender Aufschlag (Aufschlag für die Auswirkungen auf den Geschäftsplan „AGP-Aufschlag“) gewährt werden3. Die BNetzA legt hierbei die Überlegung zugrunde, dass Auswirkungen auf den Geschäftsplan der Telekom vor allem dann zu erwarten sind, wenn ein ähnlicher Nutzungszweck (Aufbau und Betrieb eines FTTB/FTTH-Netzes durch einen Konkurrenten) verfolgt würde.4 Vor diesem Hintergrund sieht die BNetzA in ihrem Konsultationsentwurf eine Differenzierung zwischen dem HK-Bereich und dem VzK-Bereich vor. Aus Praktikabilitätsgründen geht die BNetzA bei dieser Differenzierung pauschalierend von der Annahme aus, dass der VzK-Bereich ausschließlich aus Neuanlagen und im HK-Bereich ausschließlich aus Altanlagen besteht.5

 

Die Stellungnahmen im Anhörungsverfahren fielen unterschiedlich aus. Beispielsweise wurde der Verzinsungs-Zuschlag (VHCN-WACC), den die BNetzA in ihrem Konsultationsentwurf der Telekom gewährt hatte, von mehreren Beteiligten als kritisch angesehen, vom Bundesverband Breitbandkommunikation e.V. (BREKO) dagegen begrüßt. Auch mit der durch die BNetzA vorgesehenen (pauschalen) Differenzierung zwischen der HK-Trasse und der VzK-Trasse waren nicht alle Beteiligten einverstanden. Der BREKO kritisiert hieran insb., dass die pauschale Aufteilung Neuinvestitionen in die HK-Trasse nicht berücksichtigt, die aufgrund des aktuellen Ausbaustandes der Glasfaserinfrastruktur in Deutschland weiterhin in hohem Maße notwendig sind.6

 

Welche Entgelte hat die BNetzA genehmigt?

Jüngst hat die BNetzA den Tenor ihres Beschlusses im Verfahren BK3c-23/079 veröffentlicht. Der Tenor enthält eine Auflistung der genehmigten Entgelte für die Nutzung von Kabelkanalanlagen und oberirdischen Trägersystemen der Telekom. Die Genehmigung der Entgelte gilt ab dem 01.01.2024 und ist bis zum 31.12.2025 befristet.

 

Die nachfolgende Tabelle stellt die genehmigten monatlichen Überlassungsentgelte für die HK-Trasse und die VzK-Trasse den von der Telekom beantragten Entgelten gegenüber. Diese ist hierbei nicht abschließend; die Entscheidung der BNetzA umfasst eine ganze Reihe weiterer Entgeltpositionen. Der Tenor des Beschlusses der BNetzA mit einer Aufzählung aller genehmigten Entgelte hat die BNetzA hier veröffentlicht:

 

​Position​Beantragte Entgelte (netto)7​Genehmigte Entgelte (netto)8
​Rohre in der HK-Trasse, Größenklasse L: KKR 100 (je Meter)1,63 €​0,37 €
​Rohre in der HK-Trasse, Größenklasse M: MFR / KR) (je Meter)​0,81 €​0,09 €
​Rohre in der HK-Trasse, Größenklasse S: SNR rohr-/erdverlegt (je Meter)​0,41 €​0,05 €
​Rohre in der VzK-Trasse, Größenklasse S Pauschal: SNR erdverlegt, EFH – 1 WE (je Rohr)​17,71 €​12,72 €
​Rohre in der VzK-Trasse, Größenklasse S Pauschal: SNR erdverlegt, ZFH – 2 WE (je Rohr)​22,05 €14,76 €
​Rohre in der VzK-Trasse, Größenklasse S Pauschal: SNR erdverlegt, MFH – 3-8 WE/GE (je Rohr)​27,03 €​17,15 €
​Rohre in der VzK-Trasse, Größenklasse S Pauschal: SNR erdverlegt, MFH – 9-12 WE/GE (je Rohr)​51,61 €​23,72 €
​Rohre in der VzK-Trasse, Größenklasse S Pauschal: SNR erdverlegt, MFH – 13-32 WE/GE (je Rohr)​110,60 €​39,50 €
​Rohre in der VzK-Trasse, Größenklasse S Pauschal: SNR erdverlegt, MFH – ab 33 WE/GE (je Rohr)​203,99 €​64,48 €

 

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die beantragten Entgelte der Telekom sowohl in der Hauptkabel-Trasse (HK-Trasse) als auch in der Verzweigungskabel-Trasse (VzK-Trasse) erheblich reduziert wurden. Auch bei den sonstigen beantragten Entgelten lassen sich deutliche Abschläge auf die beantragten Entgelte feststellen.

 

Fazit

Das Verfahren stellt eine weitere Entscheidung der BNetzA in Sachen Entgeltregulierung dar. Spannend bleibt, ob bzw. wie sich dieser Beschluss auf zukünftige Entgeltentscheidungen (auch auf Entscheidungen der BK 11 der BNetzA) auswirken wird. Der BREKO weist in seiner Stellungnahme auf die Gefahr hin, dass die genehmigten Entgelte auch symmetrisch auf Wettbewerber im Förderkontext durchgreifen könnten und es infolgedessen „einen Preis“ für Leerrohre in den Bereichen Regulierung und Förderung geben könnte. Hierdurch könnten nicht nur Investitionen entwertet, sondern auch Anreize für weitere Investitionen geschmälert, wenn nicht sogar verhindert werden. Führt die Entscheidung zu einer Förderung der flächendeckenden Breitbandversorgung und einer Stärkung des Wettbewerbes oder verursacht sie das Gegenteil? Die Antwort wird die Zukunft zeigen.

 

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Quellen:

1 Beschluss der BNetzA, Beschlusskammer 3 BK3i – 19/020, vgl. §§ 39 ff. TKG

2 Konsultationsentwurf BNetzA, BK 3: BK3c-23/079

3 BNetzA, Konsultationsentwurf BK 3: BK3c-23/079, S. 32, 3.1.2

4 BNetzA, Konsultationsentwurf BK 3: BK3c-23/079, S. 41, 3.1.7.4.

5 BNetzA, Konsultationsentwurf BK 3: BK3c-23/079, S. 32-35, 3.1.2

6 Vgl. insb. Stellungnahme der 1&1 versatel vom 10.05.2024, Stellungnahme der Vodafone vom 10.05.2024, Stellungnahme des BREKO vom 12.07.2024

7 Antrag der Telekom auf Entgeltgenehmigung vom 10.10.2023

8 Tenor des Beschlusses der BNetzA, BK 3: BK3c-23/079

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