Umsatzsteuerbefreiung für ärztliche Leistungen bei Schönheitsoperationen

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​​​​​​​veröffentlicht am 3. Mai 2013
​​​​In letzter Zeit hatten sich sowohl die Gerichte als auch die Finanzverwaltung häufig und detailliert mit diesem Thema auseinanderzusetzen. Im Ergebnis vertreten dabei sowohl die deutsche Finanzverwaltung, die deutschen Gerichte als auch der EuGH die gleiche Rechtsauffassung: Schönheitsoperationen sind nur dann steuerbefreit, wenn sie ein therapeutisches Ziel verfolgen; rein kosmetische Eingriffe sind von der Steuerbefreiung nicht erfasst. Über drei Fälle berichten wir im Folgenden.​
  • Steuerpflicht für rein kosmetische Schönheitsoperationen
    OFD Frankfurt, 07.02.2013

    Die Frage, ob Tätigkeiten auf dem Gebiet der ästhetisch-plastischen Chirurgie – also sogenannte Schönheitsoperationen – als ärztliche Heilbehandlungen steuerfrei sind, war Gegenstand einer Erörterung zwischen dem Bund und den obersten Finanzbehörden der Länder. Dabei wurde Folgendes beschlossen:

    Eine generelle Steuerbefreiung nach § 4 Nr. 14 UStG kommt für Schönheitsoperationen nicht in Betracht. Es muss jeweils im Einzelfall entschieden werden, ob ein therapeutisches Ziel im Vordergrund steht, nur dann greift die Steuerbefreiung. Dabei muss der Arzt oder das Krankenhaus beweisen, dass das Hauptziel einer Operation die Wiederherstellung der Gesundheit ist. Ein Indiz hierfür kann die Übernahme der Kosten durch eine Krankenversicherung sein. Allerdings führt die Nichtübernahme der Kosten nicht zwingend dazu, dass auch eine Steuerpflicht vorliegt. 
     
  • Nicht der Patient entscheidet, ob eine Operation medizinisch notwendig ist
    EuGH, 21.03.2013

    Der EuGH hatte über einen Sachverhalt aus Schweden zu entscheiden. Hier hatte eine Klinik Eingriffe wie Brustvergößerung, - verkleinerung, - straffung, Fettabsaugung sowie andere Maßnahmen der plastischen Chirurgie durchgeführt. Das Unternehmen erklärte die Umsätze als steuerpflichtige (!) Umsätze mit der Begründung, dass es sich nicht um ärztliche Heilbehandlungen handele und begehrte im Gegenzug einen Vorsteuerabzug. Das schwedische Finanzgericht legte den Fall dem EuGH vor. Es meint, die durchgeführten Eingriffe dienten in einigen Fällen der Behandlung von Patienten, bei denen aufgrund einer Krankheit, Verletzung oder eines körperlichen Mangels eine ästhetische Operation durchgeführt werden musste. In anderen Fällen seien die Eingriffe eher allein auf Wunsch des Patienten durchgeführt worden, um sein Aussehen zu verändern oder zu verbessern. Diese verschiedenen Maßnahmen seien unabhängig von ihrem Zweck aus medizinischer Sicht vergleichbare Leistungen, die vom gleichen Personal durchgeführt werden könnten. Das Gericht fragt sich insbesondere, ob nach EU-Recht alle Arten chirurgischer Maßnahmen oder anderer ästhetischer Behandlungen umfassen, die von Ärzten oder anderen Personen, die zur Ausübung eines Heilberufs zugelassen sind, durchgeführt werden, oder ob der mit den fraglichen Eingriffen verfolgte Zweck von maßgeblicher Bedeutung ist.

    Der EuGH lehnte die Steuerfreiheit ab. Er meint, ästhetische Operationen und andere ästhetische Behandlungen würden nur dann unter den Begriff „ärztliche Heilbehandlungen“ fallen, wenn die Leistungen dazu dienen, Krankheiten oder Gesundheitsstörungen zu diagnostizieren, zu behandeln oder zu heilen. Für diese Beurteilung ist nicht maßgeblich, welche (rein subjektive) Vorstellung die Person, die sich der Operation unterzieht, von dem Eingriff hat. „Ärztliche Heilbehandlungen“ i.S.d. EU-Richtlinie können nur dann vorliegen, wenn die Behandlungen von Personen erbracht werden, die zur Ausübung eines Heilberufes zugelassen sind. Ausreichend sei es nicht, Wenn der Eingriff nur zu rein kosmetischen Zwecken erfolge. Trotz Abgrenzungsschwierigkeiten sei es tatsächlich möglich, dass ein und derselbe Steuerpflichtige sowohl steuerbefreite Tätigkeiten als auch mehrwertsteuerpflichtige Tätigkeiten ausübe.

 

  • Nicht der behandelnde Arzt entscheidet, ob eine Operation medizinisch notwendig ist
    FG Rheinland-Pfalz, 12.01.2012

    Eine Klinik hatte ästhetisch-chirurgische Maßnahmen wie Fettabsaugen, Gesichts-, Hals-, Augenlidstraffungen sowie Brustvergrößerungen, - verkleinerungen und – straffungen durchgeführt und die Umsätze hieraus als nach § 4 Nr. 14 UStG umsatzsteuerfreie Umsätze erklärt hat. Das Finanzamt hielt diese Umsätze mit der Begründung für steuerpflichtig, es handele sich um steuerpflichtige Schönheitsoperationen.

    Das Finanzgericht sah die Umsätze der Klinik als steuerpflichtig an. Die objektive Beweislast dafür, dass das Hauptziel der Leistung der Schutz oder die Wiederherstellung der Gesundheit sei, trage die Klinik. Die Beurteilung der medizinischen Notwendigkeit eines Eingriffes durch den behandelnden Arzt sei für das Gericht nicht bindend. Zutreffend sei allerdings, dass in bestimmten medizinischen Bereichen ein Einzelfallnachweis entbehrlich sei, weil eine bestimmte Behandlungsform immer der Heilung einer Krankheit diene. In Zweifelsfällen müsse aber ein Sachverständigengutachten darüber eingeholt werden. Nicht ausreichend sei jedoch ein Sachverständigengutachten auf der Basis anonymisierter Patientenunterlagen. Solange keine Einverständniserklärung des Patienten vorliegt, könne das Gericht somit das Vorliegen der Voraussetzungen der Steuerfreiheit nicht klären lassen, so dass es bei der Steuerpflicht bleibe. Gegen das Urteil wurde Revision beim Bundesfinanzhof eingelegt.



Autorin: Anka Neudert

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