Ein Ausblick auf die AIFMD II und die geplanten Änderungen

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veröffentlicht am 15. Dezember 2023 | Lesedauer ca. 6 Minuten


Um den europäischen Fondsstandort zu harmonisieren, plant die Europäische Kommission mit der AIFMD II (Alternative Investment Fund Manager Directive II / Richtlinie über die Verwalter alternativer Investmentfonds II) eine Überarbeitung der bestehenden AIFMD (Richtlinie 2011/61/EU). Auch die ESMA (Europäische Wertpapier- und Marktaufsichtsbehörde) begrüßt die aktuelle Entwicklung und stieß bereits im August 2020 eine Überarbeitung hin zur AIFMD II an. Das Gesetzgebungsverfahren befindet sich dabei bereits in den finalen Zügen. Über den am 25.11.2021 veröffentlichten Revisionsentwurf der Europäische Kommission haben die Kommission und der Rat der Europäischen Union am 19.07.2023 eine vorläufige Einigung erzielt und die endgültige Fassung der AIFMD II präsentiert. Die AIFMD II versteht sich jedoch nicht als gänzliche Neuerung der AIFMD, sondern lediglich als ergänzende Richtlinie zur Ausbesserung der sich hervorgetanen Regelungslücken. Die Kernziele der AIFMD, eine zusammenhängende aufsichtsrechtliche Regelung der Risiken von AIF (Alternative Investment Fund) auf dem Finanzmarkt, die Gewährleistung eines hohen Anlegerschutzes sowie die Erleichterung der Integration von AIF in den EU-Markt konnten durch die AIFMD bereits größtenteils erreicht werden. Änderungsbedarf sieht die Kommission hingegen insbesondere im Bereich der Übertragungsvereinbarungen, des Liquiditätsrisikomanagements, der aufsichtsrechtlichen Berichterstattung, der Erbringung von Verwahr- und Hinterlegungsdienstleistungen und bei der Kreditvergabe durch alternative Investmentfonds. Dem soll durch die AIFMD II zukünftig Abhilfe geschaffen werden. Nachfolgend möchten wir Ihnen eine Auswahl der geplanten Änderungen darstellen:

1.    Nebendienstleistungen


Um die Effizienz der AIFM-Tätigkeiten zu erhöhen, wird der Katalog von MiFID-Dienstleistungen, die AIFM zusätzlich zur gemeinsamen Anlageverwaltung erbringen können, ausgeweitet. Diese Dienstleistungen unterliegen dann nicht mehr der AIFMD, sondern den MiFID-Regelungen. Dabei werden die zugelassenen Nebendienstleistungen in Art. 6 Abs. 3 AIFMD um die Referenzwert-Administration und das Credit Servicing erweitert.

2.    Verwahrstelle


Die AIFMD II sieht eine Lockerung der Regelungen für Verwahrstellen vor. So wird es zukünftig nicht mehr erforderlich sein, dass die Verwahrstelle in demselben Mitgliedsstaat angesiedelt sein muss, wie der bestellende AIF. Voraussetzung für eine unionsweite Tätigkeit ist jedoch, dass alle Bedingungen der AIFMD II erfüllt sind und eine vorherige Genehmigung der zuständigen Behörde vorliegt. Der Vorteil des Europäischen Passes für Verwahrstellen kann insbesondere in kleineren und stärker konzentrierten Märkten zum Tragen kommen, in denen es grundsätzlich weniger Verwahrdienstleister gibt. Der mangelnde Wettbewerb führt dort teilweise zu höheren Kosten für Fondsmanager und dadurch zu weniger effizienten Fondsstrukturen, was sich negativ auf die Rendite der Anleger auswirken kann. Durch die vorgesehene Regelung kann der Marktzugang der Verwahrstellen auf das gesamte Unionsgebiet ausgeweitet und die Marktkonzentration in kleinen nationalen Märkten aufgeweicht werden, ohne zugleich europäische Standards aufgeben zu müssen. Kritik an der Regelung besteht dagegen im Hinblick auf eine drohende Konzentration der Verwahrstellen an den großen Finanzstandorten, wenn diese in Zukunft auch EU-weit tätig werden können.

3.    Liquiditätsmanagement


Nach Art. 16 Abs. 2b, 2c, 2e AIFMD II hat ein AIFM, der einen offenen AIF verwaltet, mindestens zwei geeignete Liquiditätsmanagement-Instrumente auszuwählen, die im Interesse der Anleger des AIFs eingesetzt werden können. Diese ermöglichen den Verwaltern, unter angespannten Marktbedingungen einem Rückgabedruck zu begegnen und die Anleger besser zu schützen. Durch den neu aufgenommenen Katalog von Liquiditätsmanagement-Instrumenten wird ebenfalls die Wirksamkeit der Reaktionen von Aufsichtsbehörden in Zeiten von Störungen des Marktes verbessert. Die Auswahl der Instrumente erfolgt dabei nach einer Eignungsbewertung auf Grundlage der Anlagestrategie, des Liquiditätsprofils und der Rücknahmepolitik. Als Liquiditätsmanagement-Instrumente kommen beispielsweise Rücknahmebeschränkungen, Kündigungsfristen, Liquiditätsgebühren bei Rücknahmen, Swing/Dual Pricing, Anti-Dilution-Gebühr oder Rücknahmen in Form von Sachleistungen in Betracht. Für die Aktivierung und Deaktivierung von Liquiditätsmanagement-Instrumenten muss der AIF zudem detaillierte Grundsätze und Verfahren einführen. Die Rücknahme- und Zeichnungsaussetzung oder Rücknahmebeschränkungen in Situationen von Liquiditätsstress, Side Pockets oder andere Instrumente des Liquiditätsmanagements, die in einer Weise aktiviert oder deaktiviert werden, die nicht dem gewöhnlichen Geschäftsverlauf und den vorgesehenen Fondsunterlagen entsprechen, ist der nationalen Aufsichtsbehörde seines Herkunftsstaats unverzüglich zu melden.

4.    Darlehensgeschäfte durch AIFs


Die AIFMD II sieht in den Art. 15 Abs. 3 d), Abs. 4 a-e, Art. 16 Abs. 2 a umfassende Änderungen im Hinblick auf von AIFs durchgeführte Darlehensgeschäfte und vergebene Kredite vor.

Nach Art. 15 Abs. 3 d) AIFMD II müssen AIFM, die kreditgebende AIFs verwalten, wirksame Strategien, Verfahren und Prozesse für die Vergabe von Darlehen umsetzen. Dabei müssen sie das Kreditrisiko bewerten, ihre Kreditportfolios verwalten und überwachen und diese regelmäßig, jedoch mindestens jährlich, überprüfen. Die deutsche Regelung nach § 29 Abs. 5 S. 1 KAGB bildet diese Voraussetzungen bereits jetzt ab, sodass hierfür keine Gesetzesänderung notwendig ist. Weiterhin soll nach Art. 15 Abs. 4 a-c AIFMD II das Risiko für das Finanzsystem durch die Beschränkung der Kreditvergabe an einen einzigen Kreditnehmer, wenn dieser ein Finanzinstitut ist, verringert werden. Art. 15 Abs. 4 a AIFMD II verlangt zukünftig, dass ein Gelddarlehen, welches der verwaltete AIF an ein Finanzunternehmen oder an einen OGAW vergibt, 20 % seines Kapitals nicht übersteigen darf. Ziel dieser Regelungen ist, eine Verflechtung im Kreditgeschäft mit Finanzunternehmen zu vermeiden. Auch hier existiert im deutschen Recht mit § 285 Abs. 2 Nr. 3 KAGB eine der Neuregelungen der AIFMD II entsprechende Vorschrift, sodass diesbezüglich ebenfalls keine Gesetzesänderung erforderlich sein wird. Um Interessenkonflikten vorzubeugen, wird nach Art. 15 Abs. 4 d AIFMD II ein Organkreditverbot aufgenommen. Danach ist es dem AIF untersagt, Darlehen an seinen AIFM oder dessen Mitarbeiter, seine Verwahrstelle oder einem Unternehmen, dem der AIFM Funktionen übertragen hat, zu vergeben. Ein gesetzliches Verbot von Organkrediten sieht das KAGB bislang nicht vor, sodass diese Regelung im Zuge der Transformation der AIFMD II in nationales Recht Einhalt finden wird.

Nach Art. 15 Abs. 4 e AIFMD II hat ein AIFM sicherzustellen, dass der von ihm verwaltete AIF fortlaufend 5 % des Nominalwertes der von ihm vergebenen Kredite und anschließend auf dem Sekundärmarkt vergebenen Kredite einbehält und nicht weitervergibt. Dies gilt jedoch nicht für Kredite, die der AIF selbst auf dem Sekundärmarkt erworben hat. Begründet wird dieser Risikoselbstbehalt mit der Notwenigkeit der Vermeidung des damit einhergehenden moralischen Risikos, dass Kredite vergeben werden, um sie unmittelbar danach auf dem Sekundärmarkt zu veräußern. Auch hierfür sieht das KAGB bislang keine Regelung vor. Darüber hinaus soll die AIFMD II weitergehende Strukturanforderungen an kreditgebende AIFs enthalten. Um eine Laufzeitinkongruenz und ein damit einhergehendes Kreditausfallrisiko zu vermeiden, darf nach § 16 Abs. 2 a AIFMD II der Nominalwert der durch den AIF vergebenen Darlehen 60 % seines Inventarwertes nicht übersteigen, sofern es sich nicht um einen geschlossenen AIF handelt. In diesem Punkt enthält das KAGB bereits einige Regelungen, sodass hier für den deutschen Gesetzgeber grundsätzlich nur wenig Anpassungsbedarf besteht.

5.    Leverage


Darüber hinaus werden für die kreditgebenden AIFs Leverage-Grenzen eingeführt. Die Höhe der Grenze unterscheidet sich danach, ob es sich um einen offenen oder geschlossenen AIF handelt. Für offene AIFs liegt die Leverage-Grenze bei 175 %, für geschlossene AIFs bei 300 % des Verhältnisses zwischen dem Wert der Kreditinanspruchnahme des AIF und seinem Gesamtwert. Diese Leverage-Grenzen gelten jedoch nicht für kreditgebende AIFs, dessen Tätigkeit ausschließlich in der Vergabe von Gesellschafterdarlehen besteht, sofern die Höhe des Darlehens den Wert von 150 % des Kapitals des AIF nicht übersteigt.

6.    Übertragungsvereinbarungen


Die in der AIFMD II vorgesehenen Übertragungsregelungen sollen für alle in Anhang I genannten Funktionen und für alle in Art. 6 Abs. 4 AIFMD II genannten Nebendienstleistungen gelten. AIFM die beabsichtigen, eine solche Leistung an Dritte zu übertragen, müssen dies vor dem Wirksamwerden der Übertragungsvereinbarung der zuständigen nationalen Behörde melden.

7.    Nicht EU-AIFs


Auch in Bezug auf den Vertrieb von Nicht EU-AIFs ergeben sich neue Regelungen im Rahmen der AIFMD II. Nicht EU-AIFs und Nicht EU-AIFMs wird der Vertrieb innerhalb der EU untersagt, sofern nicht die Voraussetzungen nach Art. 35 Abs. 2 b) und c), Art. 36 Abs. 1 AIFMD II erfüllt sind. Die bestehende Normierung eines nicht-kooperativen Landes und Gebiets der FATF (Financial Action Task Force) wird dabei durch den Terminus eines Drittlands mit hohem Risiko gem. Art. 9 Abs. 2 der Richtlinie (EU) 2015/849 ersetzt. Danach darf der AIF oder AIFM seinen Sitz nicht in einem solchen Hochrisiko-Drittland haben. Weiterhin darf das Drittland nicht auf der EU-Liste für nicht kooperative Länder und Gebiete für Steuerzwecke verzeichnet sein und muss eine qualifizierte Vereinbarung über den Informationsaustausch in Steuerangelegenheiten mit dem Herkunftsmitgliedsstaates des EU-AIFM und den Mitgliedsstaaten, in denen der Vertrieb stattfindet, nach den Standards des OECD-Musterabkommens zur Vermeidung der Doppelbesteuerung von Einkommen und Vermögen unterzeichnet haben.

8.    Nationales Platzierungsregime (NPPR)


Weiterhin soll der Umfang der aufsichtsrechtlichen Mitteilungspflicht von EU-AIFMs und Nicht-EU-AIFMs, die ohne europäischen Pass im Rahmen einer nationalen Privatplatzierung AIFs vermarkten, nach Art. 42 AIFMD II um weitere vermögens- und marktbezogene Daten erweitert werden. Die Voraussetzungen entsprechen dabei den o.g. allgemeinen Voraussetzungen für Nicht-EU-AIFs nach Art. 35 AIFMD II. Demnach darf auch hier das Drittland, in dem der AIF oder AIFM seinen Sitz hat, nicht als Hochrisikoland gem. Art. 9 Abs. 2 der Richtlinie (EU) 2015/849 eingestuft sein und darf nicht auf der Liste für nicht kooperative Länder für Steuerzwecke verzeichnet sein und muss eine qualifizierte Vereinbarung über den Informationsaustausch in Steuerangelegenheiten unterzeichnet haben.

9.    Wie geht es weiter?


Die endgültige Fassung der AIFMD II muss noch abschließend von dem Europäischen Parlament und dem Rat genehmigt werden. Die Abstimmung im Europäischen Parlament ist für Februar 2024 geplant, die Abstimmung im Rat dürfte kurz darauf erfolgen. Die AIFMD II wird demnach voraussichtlich Ende des ersten Quartals 2024 in Kraft treten. Die Mitgliedsstaaten haben ab dem Inkrafttreten 24 Monate Zeit, um die Verordnung in nationales Recht umzusetzen, sodass mit einer Umsetzung und Anwendbarkeit der AIFMD II-Vorschriften bis Anfang des Jahres 2026 zu rechnen ist.

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