BFH II R 13/20: Schlanke Konzerndefinition für § 6a GrEStG

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veröffentlicht am 15. Dezember 2022 | Lesedauer ca. 2 Minuten


Die Grunderwerbsteuerbefreiung der „Konzernklausel” § 6a GrEStG ist oft der Schlüssel für die erfolgreiche Anpassung von Beteiligungsstrukturen. Allerdings bestehen immer noch Unsicherheiten bei der konkreten Anwendung, nicht zuletzt aufgrund der Bemühungen der Finanzverwaltung, den Anwendungsbereich durch die gleichlautenden Ländererlasse einzuschränken. In der wichtigen Frage, welche Gesellschaften von der fünfjährigen Nachbehaltensfrist betroffen sein können, hat der Bundesfinanzhof (BFH) jetzt mit Urteil vom 28.9.2022, Az. II R 13/20, gegen die Verwaltungsauffassung entschieden.
 
Gegenstand von § 6a GrEStG ist die grunderwerbsteuerliche Begünstigung von Umstrukturierungen im Konzern. Er erfasst unter anderem Verschmelzungen, Spaltungen und Ausgliederungen nach dem Umwandlungsgesetz, außerdem gesellschaftsrechtliche Vorgänge wie Einbringungen und Sachgründungen. Voraussetzung der Befreiung ist, dass an dem Vorgang ausschließlich ein herrschendes Unternehmen und abhängige Gesellschaften oder mehrere abhängige Gesellschaften beteiligt sind. Wer herrschendes Unternehmen ist und welche Gesellschaften von ihm abhängig sein können, regelt Satz 4 der Vorschrift als eigenständige grunderwerbsteuerliche Konzerndefinition: Abhängig ist eine Gesellschaft, an deren Kapital oder Gesellschaftsvermögen das herrschende Unternehmen zu mindestens 95 % mittelbar und/oder unmittelbar beteiligt ist. Diese Quote muss während einer Vorbehaltensfrist und einer Nachbehaltensfrist von jeweils fünf Jahren ununterbrochen erfüllt sein.
 
In mehrstöckigen Beteiligungsstrukturen kann diese Definition dazu führen, dass mehrere Rechtsträger als herrschendes Unternehmen in Frage kommen können. Im Fall der Up-stream-Verschmelzung einer grundbesitzenden GmbH hat der BFH jetzt entschieden, dass der „Konzern” sich auf die beiden verschmolzenen Gesellschaften beschränkt: Die abhängige Gesellschaft wurde auf das herrschende Unternehmen verschmolzen. Dass weitere Gesellschaften während der vorangegangenen fünf Jahre zu 100 % an ihnen beteiligt waren, sei ohne Bedeutung, daher auch keine Nachbehaltensfrist zu beachten.


 
Die Finanzverwaltung hätte dagegen den größtmöglichen Konzernumfang definiert. Die gleichlautenden Ländererlasse bestimmen als herrschendes Unternehmen den „obersten” Rechtsträger, der im Zeitpunkt der Tatbestandsverwirklichung insbesondere die 95 %-Quote während der Vorbehaltensfrist erfüllt. Im Entscheidungsfall war an der aufnehmenden Gesellschaft die Muttergesellschaft zu 100 % beteiligt, an dieser wiederum zu 100 % die „Großmuttergesellschaft”. Das Finanzamt hatte die Großmuttergesellschaft als herrschend definiert und die Verschmelzung zwischen zwei abhängigen Gesellschaften gesehen. Für die aufnehmende Gesellschaft wäre danach eine fünfjährige Nachbehaltensfrist durch die Großmuttergesellschaft einzuhalten gewesen. Ein Verkauf der Tochtergesellschaft hätte zum Wegfall der Steuerbefreiung geführt.
 
Wie die Finanzverwaltung auf die neue Rechtsprechung reagieren wird, ist noch offen. Zu befürchten ist erfahrungsgemäß eine nur punktuelle Anwendung der Rechtsprechung auf Fälle, in denen einer der Beteiligten als herrschend angesehen werden kann. Weiterhin streitanfällig bliebe die Bestimmung des herrschenden Unternehmens dann beispielsweise bei einer Verschmelzung von Schwestergesellschaften; denn beteiligt sind in solchen Fällen zwei abhängige Gesellschaften. Herrschendes Unternehmen könnte, entsprechend der bisherigen Verwaltungsauffassung, dann weiterhin der oberste mögliche Rechtsträger sein. Nach dem BFH-Urteil besteht aber auch Hoffnung darauf, dass das herrschende Unternehmen nach der kürzesten Beteiligungskette definiert wird. Im günstigsten Fall – auch das lässt der Wortlaut nach hier vertretener Auffassung zu – könnte die konkrete Bestimmung auch zunächst offen bleiben und erst nach fünf Jahren geprüft werden, welches Unternehmen die Voraussetzungen einschließlich der Nachbehaltensfrist erfüllt hat.

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Martin Weiß

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