Erfolgreich investieren in der Tschechischen Republik

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​​​​​​​​​​​​​​zuletzt aktualisiert am 7. Juni 2024 | Lesedauer ca. 5 Minuten


 

   

   

​​Wie schätzen Sie die derzeitige wirtschaftliche Lage in der Tschechischen Republik ein?

Die tschechische Wirtschaft konnte sich im Jahr 2023 leider nicht wie ursprünglich erwartet erholen und schloss um -0,3 Prozent schwächer als das Vorjahr.​​[1]​ Für das Jahr 2024 wird allerdings im gegenwärtigen Umfeld gegenüber dem Vorjahr wieder ein Wachstum von immerhin ca. 1,4 Prozent erwartet.​​[2]
  
Insgesamt stellt sich die aktuelle wirtschaftliche Lage in der Tschechischen Republik (nachfolgend auch nur „Tschechien“ genannt) als solide dar, auch wenn die hiesige Wirtschaft nach wie vor mit hohen Energiekosten, einem Fachkräftemangel und den geopolitischen Unsicherheiten zu kämpfen hat.
  
Darüber hinaus macht sich in Tschechien die große Abhängigkeit vom deutschen Markt bemerkbar. Deutschland war und ist für Tschechien immer noch der mit Abstand wichtigste Außenhandelspartner, gefolgt von der Slowakischen Republik und Polen.​[3] Tschechien lieferte in den letzten Jahren rund ein Drittel seiner Güterausfuhr nach Deutschland. ​[4]

Daher wirkt sich die schwächelnde deutsche Wirtschaft mit der Folge einer sinkenden Nachfrage nach Gütern und Dienstleistungen auch in Tschechien spürbar aus.
  
Die im letzten Jahr gegenüber dem Euro deutlich aufgewertete Tschechische Krone hat diese Situation noch verstärkt.[5]​ Unlängst hat die Tschechische Nationalbank allerdings durch drei Leitzinssenkungen in Folge dazu beigetragen, den Kurs der Tschechischen Krone wieder zu nivellieren. Aktuell liegt die CZK bei 25,025 und der Leitzins bei 5,25 Prozent. ​[6]
  
Diese Maßnahmen verschaffen der tschechischen Wirtschaft eine gewisse Entspannung.
  
Die weitere Entwicklung der wirtschaftlichen Lage wird davon abhängen, wie sich die wirtschaftspolitischen Rahmenbedingen, die Energiepolitik, der Fachkräftemangel und nicht zuletzt auch die Nachfrage beim Hauptexportmarkt Deutschland weiterentwickeln werden.
  

Wie würden Sie das Investitions­klima in der Tschechischen Republik beschreiben? Welche Branchen bergen großes Potenzial?

Die Standortfaktoren werden in der Tschechischen Republik aktuell etwas kritischer betrachtet als in den Jahren zuvor. Die Investoren können zwar weiterhin auf viele positive Rahmenbedingungen – insbesondere die geografische Lage, die EU-Mitgliedschaft, den guten Ausbaugrad der Telekomunikation, eine stabile Energie­versorgung, einen hohen Ausbildungsgrad der Arbeitnehmer sowie ein verlässliches Niveau an Rechtssicherheit – aufbauen.
  
Ein gewisses Unbehagen besteht bei den Investoren jedoch in Bezug auf den Kostendruck bei der Energie, den Löhnen und den Rohstoffen. Auch die nachlassende Produktivität und Leistungsbereitschaft der Arbeitnehmer und der aktuell zunehmende administrativen Aufwand durch zahlreiche Nachweispflichten werden als problematisch angesehen.[7]​ 
  
Die Attraktivität von Tschechien als Investitionsstandort hat insbesondere bei neuen ausländischen Investoren daher in den letzten Jahren einige Rankingplätze eingebüßt.
Unschlagbar bleibt aber die geographische Lage mit einer guten Anbindung an die Nachbarländer, welche nach den Plänen der Tschechischen Regierung auf der hiesigen Seite weiterhin umfangreich ausgebaut werden soll. Dieser Bereich soll nach dem Willen der Regierung in den nächsten Jahren einen ihrer Entwicklungsschwerpunkte darstellen. Daher geht man davon aus, dass insbesondere die Logistikbranche in Tschechien weiteres Potenzial haben wird.
  
Alles in allem tragen diese Umstände zu einer insgesamt verhalten optimistischen Stimmung bei. Viele bereits in Tschechien ansässige ausländische Unternehmen planen ihre Investitionen in den nächsten Jahren noch weiter auszubauen. 45 Prozent der Unternehmen wollen in den Ausbau ihrer Produktion investieren, 19 Prozent in die Forschung und Entwicklung und 9 Prozent planen ihre Logistikkapazitäten auszuweiten.[8]​ 
​Ein weiterer Pluspunkt ist die allgemeine als stabil anzusehende politische Lage. Die Koalition um den Ministerpräsidenten Petr Fiala verzeichnet im Rahmen ihrer Tätigkeit wenig Reibungspunkte. Auch der letztes Jahr neu gewählte Präsident, Petr Pavel, hat diese Stabilität untermauert.
Die Tschechische Republik war und ist daher nach wie vor eine gute Adresse, wenn es darum geht, insbesondere aus dem deutschsprachigem Raum Investitionen in Tschechien zu tätigen. Sie gehört immer noch zu den Spitzenregionen Europas.
   

Welchen Herausforderungen steht ein deutscher Unternehmer beim Engagement in der Tschechischen Republik gegenüber?

Die seit Jahren sehr niedrige Arbeitslosenquote stellt neben den geopolitischen Unsicherheiten immer noch eine der größten Herausforderungen überhaupt dar. Letztes Jahr lag die Arbeitslosenquote bei nur 2,5 Prozent.[9]​ Dieses Jahr im Februar war sie bei 2,6 Prozent [10]​ und ist damit immer noch die niedrigste innerhalb der EU. 
  
Der jahrelang zu verzeichnende Überbietungskampf der Arbeitgeber um fachlich qualifizierte Arbeitnehmer und die sehr hohe Inflation (einer der höchsten innerhalb der EU) hatten zudem spürbare Lohnkostenerhöhungen zur Folge.
  
Wir gehen davon aus, dass sich diese Umstände etwas entspannen werden. Aktuell liegt die Inflation wieder bei nur 2,7 Prozent [11]​ und das nicht zuletzt aufgrund der bereits genannten Intervention der Tschechischen Nationalbank, welche den Leitzins kurzfristig mehrmals hintereinander herabsetzte.[12] Geplant ist die Inflation noch weiter zu senken, und diese idealerweise um 2 Prozent einpendeln zu lassen.[13] ​W​​eitere Leitzinssenkungen im Jahr 2024 sind daher nicht ausgeschlossen​​​.
   

Wie begegnet die Tschechische Republik dem Fachkräftemangel?

Der Fachkräftemangel stellt tatsächlich die Achillesferse der tschechischen Wirtschaft dar. Die tschechische Regierung versucht dem Fachkräftemangel mit unterschiedlichen Maßnahmen entgegenzusteuern, z.B. durch die Schaffung von Anreizen für Arbeitnehmer aus Drittstaaten in östlichen Grenzregionen zu Tschechien. Ukrainische Arbeitnehmer konnten seit 2022 und können ohnehin durch verschiedene gesetzliche Erleichterungen unproble­matischer ein Beschäftigungsverhältnis in Tschechien eingehen.
  
Allerdings wird nach verbreiteter Ansicht aus der Wirtschaft diesem Problem jedoch immer noch nicht die notwendige Aufmerksamkeit gewidmet. Die bereits Jahrzehnte debattierte Reform des Berufsschulsystems, die in Tschechien tatsächlich dringend notwendig ist, steht nach wie vor aus.
   

Wie wird sich aus Ihrer Sicht die Tschechische Republik weiterentwickeln?

Lässt man die aktuellen geopolitischen Unsicherheiten außen vor, dürfte das Land als Investitionsstandort auf der Skala der beliebtesten europäischen Länder in Mittel- und Osteuropa weiterhin auf den vordersten Plätzen stehen. 
  
Grundsätzlich ist für dieses Jahr zu erwarten, dass sich das Wirtschaftswachstum stabilisiert und ein langsamer Aufwärtstrend zu verzeichnen sein wird. Die Konjunkturaussichten werden in der Fachwelt etwa wie folgt beschrieben: „Man sieht bereits ein schwaches Licht am Ende eines langen Tunnels“. [14]
  
Wir gehen davon aus, dass die tschechische Regierung versuchen wird, das Geschäftsklima auf einem guten Niveau aufrecht zu erhalten und dieses nach Möglichkeit noch weiter auszubauen. Eine erhöhte Staatsverschuldung sowie die Steigerung der Gesamtausgaben des Staates versucht sie aktuell durch ein neues Sparpaket in den Griff zu bekommen. 
  
Dieses durchaus ambitionierte Paket soll die öffentlichen Finanzen ins Lot bringen und den Staatshaushalt innerhalb von zwei Jahren um 6 Mrd. Euro entlasten. Die Kosten müssen allerdings Privathaushalte und Unter­nehmen schultern. Erhöht werden unter anderem die Körperschaftsteuer, die Mehrwertsteuer auf ausgewählte Produktgruppen und die Einkommensteuer für Besserverdienende. Die Regierung rechnet damit, dass sich das Wirtschaftswachstum durch das Sparpaket kurzfristig um 0,3 Prozentpunkte verringern wird. [15]
  
Aufgrund der Digitalisierung und dem immer größeren Einsatz von KI ist zudem zu erwarten, dass es auch zu einer nachhaltigen Änderung des Arbeits- und Unternehmensumfelds insgesamt kommen wird. Themen wie Weiter­bildung, die Akzeptanz sowie der Einsatz der KI durch die Arbeitnehmer, die Datensicherheit und der Datenschutz werden noch mehr an Bedeutung gewinnen, genauso wie ESG, das aktuell in Tschechien ebenfalls immer mehr ins Bewusstsein gerückt wird.​
  


[2] Siehe dazu u.a. GTAI Germany Trade & Invest zur Tschechischen Republik, Stand: Dezember 2023
[3] Siehe dazu u.a. GTAI Germany Trade & Invest zur Tschechischen Republik, Stand: Dezember 2023
[6] Siehe dazu​: Stand 3/5/24
[12] Siehe dazu: Fn. 6​

Kulturelle Besonderheiten in der Tschechischen Republik

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JUDr. Petr Novotný, Ph.D.

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