Erfolgreich investieren auf den Philippinen

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​zuletzt aktualisiert am 7. Juni 2024 | Lesedauer ca. 7 Minuten



   

   

​​​​Wie schätzen Sie die derzeitige wirtschaftliche Lage auf den Philippinen ein?

Insgesamt lässt sich die aktuelle wirtschaftliche Lage der Philippinen aufgrund täglicher Beobachtungen, Veröffentlichungen und Expertenmeinungen als durchaus optimistisch beschreiben. Der AHK Business Outlook Herbst 2023 und die kürzlich veröffentlichten Daten der Studie für das Frühjahr 2024, durchgeführt unter den Mitgliedern der Deutsch-Philippinischen Industrie- und Handelskammer, spiegeln ähnlich positive Vorhersagen wider. Im Zeitraum zwischen Herbst 2023 und Frühjahr 2024 hat sich die wirtschaftliche Situation sogar nochmals verbessert. Die Philippinen belegten im Vergleich zu den Nachbarländern in der ASEAN-Region und sogar auf globaler Ebene in vielen Bereichen einen Platz im oberen Bereich der Studie.
  
Makroökonomische Indikatoren für die Philippinen, wie zum Beispiel ein BIP-Wachstum von 5,6 Prozent im Jahr 2023, eines der höchsten in der asiatischen Region, liefern zusätzliche Beweise für die oben genannte positive wirtschaftliche Entwicklung. Die Kernindustrie, die das Wirtschaftswachstum im Jahr 2023 vorangetrieben hat, ist die Business Process Outsourcing (BPO) Industrie. Dies ist keine Überraschung, wenn man bedenkt, dass die Philippinen weltweit zu den führenden Volkswirtschaften in Bezug auf internes und externes Business Process Outsourcing gehören. Nach der Pandemie haben die Philippinen ihre Wirtschaftsposition in diesem Bereich sogar noch gestärkt. Der BPO-Sektor ist nicht mehr nur auf Callcenter und einfache Outsourcing-Aufgaben beschränkt. Die Dienstleistungen und Interessen in diesem Bereich wachsen stetig, wobei dafür hochqualifizierte Expertise benötigt wird. Ein weiterer vielversprechender Sektor sind erneuerbare Energien, die nach der Entscheidung der Regierung im Jahr 2023, 100-prozentigen ausländischen Besitz in diesem Bereich zuzulassen, sich zu einem wichtigen Investitionsgebiet entwickelt haben. In diesem Zusammenhang stellt Deutschland, belegt durch die von der Investitionsbehörde genehmigten ausländischen Direkt­in­ves­ti­tionen, den derzeit größten Investor in den Philippinen dar.
  
Die Philippinen gehörten stets zu den Ländern mit dem höchsten BIP-Wachstum in der asiatischen Region und das Land setzt diesen Trend auch nach der Pandemie und dem Regierungswechsel von 2022 noch fort. Im Vergleich zur vorherigen Regierung haben der aktuelle Präsident und die derzeitige Regierung ihre Aufmerk­samkeit von einer eher China-zentrierten makroökonomischen Politik wieder auf die USA und insbesondere auch auf Europa und Deutschland gerichtet.
  
Die kontinuierliche Liberalisierung in den letzten Jahren, vereinfachte Unternehmensregistrierungen, Entwicklungen im Bereich Infrastruktur und gesetzliche Reformen (wie die Steuerreform „CREATE" und die bevorstehende „CREATE More" Reform, Public Service Act, Retail Trade and Liberalization Act etc.) fördern das Wirtschaftswachstum, die Produktivität und die Wettbewerbsfähigkeit des Landes stetig. 

  

Wie würden Sie das Investitionsklima auf den Philippinen beschreiben? Welche Branchen bergen großes Potenzial?

Während die Philippinen im Jahr 2021 ihre bisher größte Steuerreform verabschiedeten, indem sie die Einkommenssteuer von einer der höchsten in der ASEAN-Region auf 25 Prozent (20 Prozent für kleine Unternehmen) senkten und ein neues wettbewerbsfähiges Investitionssystem einführten, zielt das House of Representatives nunmehr darauf ab, weitere Änderungen des Steuergesetzes mit dem Corporate Recovery and Tax Incentives for Enterprises to Maximize Opportunities for Reinvigorating the Economy Act (CREATE MORE Act) vorzunehmen. Im März 2024 genehmigte das House of Representatives den CREATE MORE Act in seiner dritten Lesung. Bevor der Präsident die Gesetzesänderung jedoch genehmigen und unterzeichnen kann, muss sie noch durch den Senat und das Bicameral Conference Committee. Der CREATE MORE Act zielt darauf ab, insbesondere gewisse Steueranreize in den Philippinen zu verbessern. Die bevorstehenden Gesetzes­än­derungen zeigen deutlich, dass die Philippinen ein verlässlicher Partner sind, der sowohl bei der Erweiterung von Märkten als auch bei betrieblichen Aspekten Unterstützung bietet. 
  
Insbesondere streben die Philippinen an, Investitionen in erneuerbare Energien attraktiver zu gestalten, einschließlich gewisser Anreize zur Förderung der Energieeffizienz. Zusätzlich arbeiten die Philippinen daran, Programme zu entwickeln, die die Dekarbonisierung der Wirtschaft fördern sollen. Investitionen in erneuerbare Energien, insbesondere aus Deutschland, tragen erheblich zum gemeinsamen Engagement für Nachhaltigkeit und Klimaresilienz bei. Die Philippinen bieten beträchtliches Potenzial für Investitionen in erneuerbare Energien, um nachhaltige strategische Investitionen zu fördern, die den Übergang zu sauberer Energie beschleunigen sollen. Andere Sektoren wie Vertrieb und Marketing, Dienstleistungen, und Forschung und Entwicklung stehen ebenfalls hoch im Kurs, wenn es um aktuelle und potenzielle Investitionsbereiche auf den Philippinen geht. 42 Prozent der deutschen Unternehmen betrachten den Bereich Vertrieb und Marketing als einen der wichtigsten Bereiche für Investitionen. Der Dienstleistungsbereich erreichte 37 Prozent, während Forschung und Entwicklung insgesamt 25 Prozent erhielten. Die Investitionsentscheidungen der Unternehmen werden stark von der Größe und Entwicklung des Marktes, den lokalen wirtschaftlichen Rahmenbedingungen und der Diversifizierung beeinflusst. Im Vergleich zu anderen Regionen weltweit liegen die Philippinen bei Dienstleistungen mit 47 Prozent als Investitionsfaktor an der Spitze, mit einem ähnlichen Trend im Bereich Vertrieb und Marketing mit 50 Prozent. Im Jahr 2023 genehmigte die philippinische Investitionsbehörde deutsche Investitionen hauptsächlich in den Bereichen Elektrizität, Gas, Klimaanlagenversorgung, Land­wirtschaft, Forstwirtschaft und Fischerei sowie administrative Dienstleistungen. Die Philippinen haben sich als wichtiger Akteur im globalen Outsourcing-Sektor etabliert, vor allem durch ihre herausragenden Leistungen in Callcentern und IT-Dienstleistungen. Dank eines großen und gut ausgebildeten Arbeits­kräfte­pools, der Englisch beherrscht und von Regierungspolitiken unterstützt wird, ist diese Branche bereit für kontinuierliches Wachstum und weitere Investitionen.
  
Insgesamt stehen die Philippinen trotz gewisser Herausforderungen wie beispielsweise schlechte Infrastruktur, politischen Unsicherheiten oder einer Inflationsrate von 3,2 Prozent im Jahr 2024 im Zuge der wirtschaftlichen Erholung nach der Pandemie, vor vielfältigen Investitionsmöglichkeiten in verschiedenen Sektoren. Während des Besuches des philippinischen Präsidenten im Zuge des Philippinisch-Deutschen Wirtschaftsforums in Berlin im März 2024 betonte Präsident Ferdinand R. Marcos Jr. die starken bilateralen Beziehungen zwischen Deutschland und den Philippinen und unterstrich das gemeinsame Bekenntnis zur Demokratie und einer regelbasierten globalen Ordnung als Grundlage ihrer Handels- und Investitionspartnerschaft. Der Präsident strebt an, die Philippinen bis 2028 zum zweitwichtigsten Hub für ausländische Direktinvestitionen in Südostasien zu machen und identifiziert die Bereiche erneuerbare Energien und Technologie als besonders vielversprechende Arenen für ausländische Investitionen. Er sehe das Potenzial der Philippinen zur Förderung des wirtschaftlichen Wachstums, zur Förderung von Innovationen und nachhaltiger Entwicklung.​

  

Welchen Herausforderungen steht ein deutscher Unternehmer beim Engagement auf den Philippinen gegenüber?

Eine der größten Herausforderungen für deutsche Unternehmen in den Philippinen, basierend auf der neuesten AHK-Studie, sind die „wirtschaftspolitischen Rahmenbedingungen". Bestimmte Gesetze und Vorschriften, die unter den aktuellen Marktbedingungen überprüft werden müssen, langwierige Bürokratie und Korruption sind die Faktoren, mit denen Unternehmen entweder intern oder mit Unterstützung erfahrener Berater umgehen müssen. Eine weitere Herausforderung, die die Studie hervorhebt, ist die Schwierigkeit, ausreichend ausgebildetes und qualifiziertes Personal zu finden. Dies ist überraschend, wenn man bedenkt, dass die Philippinen eine der jüngsten, gut ausgebildeten und englischsprachigen Arbeitskräfte der Welt haben.

Dennoch herrscht große Konkurrenz auf dem Arbeitsmarkt, und Unternehmen müssen nicht nur in die richtigen Mitarbeiter investieren, sondern auch in deren Schulung und Einarbeitung. Darüber hinaus stellen Energie­preise oft ein Hindernis für deutsche Unternehmen dar, da sie sich insbesondere auf Produktionskosten und Wettbewerbsfähigkeit auf dem Markt auswirken. 38 Prozent der deutschen Unternehmen empfanden die Energiepreise als eine Herausforderung für ihre Geschäfte in den Philippinen. Im Vergleich zu anderen Ländern in der ASEAN-Region stechen die Philippinen in Bezug auf die mit Energiepreisen verbundenen Risiken hervor. Andererseits gehört der Energiemarkt auch gerade aufgrund dieser bestehenden Herausforderungen zweifellos zu den Zukunftsmärkten in den Philippinen.​


Wie ist der aktuelle Stand der Freihandelsabkommen der Philippinen, einschließlich laufender Verhandlungen mit der EU?

Derzeit sind die Philippinen Vertragspartner mehrerer Freihandelsabkommen. Im Jahr 2016 unterzeichneten die Philippinen und die EFTA-Mitglieder Island, Liechtenstein, Norwegen und die Schweiz ein Frei­handels­ab­kommen. Die Regional Comprehensive Economic Partnership wurde 2022 zwischen den Philippinen und vierzehn asiatisch-pazifischen Ländern unterzeichnet. Das Philippinen-Japan Economic Partnership Agreement ist eines der wenigen bilateralen Freihandelsabkommen der Philippinen, während das Land auch Handels­ab­kommen mit China, Hongkong, Indien, Japan, Südkorea, Australien und Neuseeland hat. Im Jahr 2023 beschloss das Land ein weiteres bilaterales Freihandelsabkommen mit Südkorea. Darüber hinaus strebt das Wirtschaftsministerium an, Freihandelsabkommen mit ausgewählten afrikanischen Nationen wie Südafrika, Nigeria und Kenia zu etablieren, um den bilateralen Handel über Asien und Europa hinaus zu erweitern.
  
Auf europäischer Ebene hat die EU bereits Freihandelsabkommen mit Singapur und Vietnam unterzeichnet, während Malaysia, Thailand, Indonesien und die Philippinen derzeit noch Verhandlungen über bilaterale Freihandelsabkommen mit der EU führen. Die Verhandlungen mit Malaysia zurzeit sind unterbrochen, jedoch gibt es Bewegungen bezüglich des Freihandelsabkommens zwischen der EU und den Philippinen. Die Ver­handlungen über ein Handels- und Investitionsabkommen zwischen der EU und den Philippinen begannen im Dezember 2015, wurden jedoch anschließend unterbrochen. Dennoch kündigten beide Parteien im März 2024 die Wiederaufnahme der Verhandlungen an, nachdem im Juli 2023 erstmals eine Präsidentin der EU-Kommission (Frau Ursula von der Leyen) die Philippinen besucht hatte.
  
Die EU strebt ein Freihandelsabkommen mit den Philippinen an, mit dem Ziel, einen besseren Marktzugang für Waren, Dienstleistungen, Investitionen und öffentliche Aufträge zu schaffen. Darüber hinaus zielt das Abkommen unter anderem darauf ab, Hindernisse für den digitalen Handel und den Handel mit Energie und Rohstoffen zu beseitigen und gleichzeitig den Übergang zu grüner Energie zu erleichtern. Die EU ist der viertgrößte Handelspartner der Philippinen, und die Philippinen, als fünftgrößte Wirtschaft in der ASEAN-Region, sind der siebtwichtigste Handelspartner der EU in dieser Region. Darüber hinaus ist die EU einer der wichtigsten Investoren der Philippinen. Ausländische Direktinvestitionen der EU im Land im Jahr 2021 betrugen 13,7 Mrd. Euro. Doch welche Auswirkungen wird das Freihandelsabkommen auf die Philippinen haben? Es ist davon auszugehen, dass es durch das Freihandelsabkommen beispielsweise zur Ausweitung und Auf­recht­er­haltung bestehender Investitionen kommt, Marktvorteile erlangt werden können und sich neue In­ves­ti­tions­mög­lich­keiten ergeben. Hauptsächlich soll das Freihandelsabkommen jedoch für den Handel mit Waren und Dienstleistungen sowie zur Optimierung der Lieferkette genutzt werden. Die Mehrheit der Unternehmen im Rahmen der Deutsch-Philippinischen Wirtschaftsbeziehungen betrachtet das potenzielle Freihandels­ab­kommen als wichtigen Faktor für den operativen Erfolg ihres Unternehmens.
  
Das Freihandelsabkommen hat das Potenzial, ein positives Geschäftsumfeld für EU-Unternehmen zu schaffen, die in den philippinischen Markt einsteigen möchten, und damit den Handel, die Investitionen und die wirtschaftliche Zusammenarbeit zwischen den beiden Regionen zu stimulieren. Es könnte auch dazu beitragen, dass zwischen der EU und den Philippinen größere Summen an ausländischen Direktinvestitionen fließen, indem es ein vorhersehbares und transparenteres Geschäftsumfeld schafft und die Zusammenarbeit zwischen europäischen und philippinischen Unternehmen fördert. 

  

Wie werden sich aus Ihrer Sicht die Philippinen weiterentwickeln?

Im Vergleich zu anderen Ländern in der ASEAN-Region und trotz der Herausforderungen, die die Pandemie mit sich gebracht hat, zeichnet sich das Land durch seine insgesamt positive Geschäftssituation, optimistischen Geschäftserwartungen und fortschrittlichen Beschäftigungsabsichten aus. Die philippinische Regierung ist zuversichtlich, dass das starke Wirtschaftswachstum anhalten wird, und versucht weiterhin wirtschaftliche Ziele zu verfolgen, aktiv Herausforderungen vorwegzunehmen und Strategien zur Erreichung des wirt­schaft­lichen Wachstums zu fördern. Die Philippinen werden voraussichtlich ihr Wirtschaftswachstum auch in Zukunft fortsetzen können. Als zweitgrößter Binnenmarkt in der ASEAN-Region hat sich das Land das Ziel gesetzt, bis 2050 zu einem der fünf führenden Wirtschaftsgiganten in Asien aufzusteigen.
  
Ein Blick in die Vergangenheit der Philippinen zeigt, dass das Land von Aspekten wie Korruption, der Coronavirus-Pandemie und anderen politischen Herausforderungen geprägt war. Einst als „Sick Man of Asia" bezeichnet, haben die Philippinen seitdem einen Weg der wirtschaftlichen Revitalisierung eingeschlagen. Durch Strukturreformen und Bemühungen, ausländische Investitionen zu werben, hat das Land ein kontinuierliches Wachstum verzeichnet, das sich durch ein stetig steigendes BIP und das Interesse ausländischer Investoren auszeichnet. Herausforderungen wie Korruption und politische Instabilität bestehen weiterhin, aber Initiativen im Bereich Infrastruktur und Innovation machen Hoffnung auf anhaltenden wirtschaftlichen Fortschritt. Um es mit den Worten von Präsident Ferdinand R. Marcos Jr. zusammenzufassen: „keep in mind the Philippines as a reliable partner that can support your market expansion and operations".​​
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Kontakt

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Dr. Marian Norbert Majer

Associate Partner

+63 917 703 9089

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​Dr. Marian Majer, Leiter der
Rödl & Partner Niederlassung auf den Philippinen, wurde im April 2019 zum dritten Mal in den Vorstand und zum zweiten Mal als Vizepräsident der Deutsch-Philippinischen Industrie- und Handels­kammer gewählt. Mehr »

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