Erfolgreich investieren in Mexiko

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​​​zuletzt aktualisiert am 7. Juni 2024​ | Lesedauer ca. 6 Minuten


 

 

 

Wie schätzen Sie die derzeitige wirtschaftliche Lage in Mexiko ein?

Die mexikanische Wirtschaft war angesichts von einer anhaltenden guten konjunkturellen Lage der USA, steigendem nationalen Privatkonsum und aufgrund von soliden politischen Rahmenbedingungen in der Lage, den derzeitigen globalen Krisen zu trotzen. Eine umsichtige Finanzpolitik hat die Staatsverschuldung in Grenzen gehalten und eine proaktive Herangehensweise der Notenbank (Banxico) hat dem Inflationsdruck entgegen​​­gewirkt. Die Inflation lag im April 2024 bei 4,63 Prozent bei einem aktuellen Leitzins der Banxico in Höhe von 11,00 Prozent. Letztlich erwartet Banxico, dass 2025 das anvisierte Inflationsziel von 3 Prozent wieder erreicht wird. Im Kampf gegen die Inflation hatte die mexikanische Zentralbank das Zinsniveau immer früher und stärker angezogen als die FED in den USA, was dazu führte, dass der Peso an Stärke gegenüber dem US Dollar gewann, mit der Folge, dass mexikanische Exporte und der Tourismus gebremst, jedoch Importe beflügelt werden. 
  
Im Jahr 2023 wurden mit circa 36,1 Mrd. US Dollar die höchsten jemals verzeichneten ausländischen Direkt­investitionen (ADI) registriert. Auch wenn das mexikanische Wirtschaftsministerium diese Zahl als großen Erfolg darstellt und die wirtschaftliche Stabilität, die Wettbewerbsvorteile und auf das gute Geschäftsumfeld in Mexiko verweist, muss kritisch festgehalten werden, dass circa 74 Prozent der ausländischen Direktinvestitionen auf die Reinvestierung bereits ansässiger Unternehmen entfallen. Wiederum 13 Prozent der Investitionen stellen Konzern­darlehen dar und nur magere 13 Prozentfallen auf eigentliche Neuinvestitionen. Nichtsdestotrotz konnte Mexiko im Jahr 2023 mit 3,2 Prozent ein im zweiten Jahr in Folge über dreiprozentiges Wirtschaftswachstum verbuchen. Dies hat mitunter dafür gesorgt, dass die offizielle relative Arbeitslosigkeit sich bei der verschwinden geringen Zahl von 2,7 Prozenteingependelt hat und somit volkswirtschaftlich Vollbeschäftigung vorliegt. Weitere Faktoren hierfür sind das niedrige Lohnniveau mit einem Mindestlohn von umgerechnet etwa 14 täglich, die nicht vorhandene Arbeitslosenversicherung und der Fakt, dass mehr als die Hälfte der mexikanischen Arbeitnehmerschaft  im informalen Sektor beschäftigt ist.
  
Der aktuelle Haushaltsentwurf des mexikanischen Finanzministeriums geht von einem Wachstum von bis zu 3,5 Prozent im Jahr 2024 aus. ​

  

Wie würden Sie das Investitionsklima in Mexiko beschreiben? Welche Branchen bergen großes Potenzial?

Laut Proklamation der mexikanischen Wirtschaftsministerin Raquel Buenrostro vor Wirtschaftsvertretern in März 2024, sei Mexiko weltweit der größte Anziehungspunkt für Investitionen geworden. Obwohl man solche Aussagen der Superlative in dem diesjährigen Wahljahr immer in Frage stellen sollte, wurden von den mexikanischen Behörden ebenfalls verkündet, dass das Land im ersten Quartal Investitionszusagen von 31 Mio. US Dollar erhalten hat. Dabei erfolgten 57 Prozent der Investitionszusagen von amerikanischen, 17 Prozent von deutschen, 14 Prozent von argentinischen und 6 Prozent von chinesischen Unternehmen und zwar hauptsächlich in den Sektoren des fertigenden Gewerbes (54 Prozent), der Kommunikationsindustrie (16 Prozent), des Handels (15 Prozent) und der Logistik (14 Prozent). Insbesondere die Automobilbranche bietet ein überaus hohes Potenzial für fortschreitendes Wachstum und als Anziehungspunkt für Auslandsinvestitionen. Gründe hierfür sind insbesondere bei dem Freihandelsabkommen USMCA und seiner Vorschriften zu dem Mindestanteil von 75 Prozent an lokaler Wertschöpfung zu finden. So planen beispielsweise neben dem Autobauer Tesla, welcher eine Gigafabrik im nördlichen Bundesstaat Nuevo Léon errichten will, auch BMW und Kia ihre Produktionskapazitäten in Mexiko durch Investments in die E-Mobilität zu erweitern. 
  
Ferner steht im Moment noch die Ratifizierung und das Inkrafttreten des neu verhandeltem Freihandelsabkommen zwischen Mexiko und der EU aus. Die modernisierte Form sieht die Zollbefreiung von zahlreichen Agrargütern und Lebensmitteln aus der EU vor, auf die bisweilen ein Zollsatz von mehr als 20 Prozent erhoben wird. Dieses bietet eine enorme Chance für die betroffenen Produzenten. 

  

Welchen Herausforderungen steht ein deutscher Unternehmer beim Engagement in Mexiko gegenüber?

Ausländische Investoren und Unternehmer berichten im Speziellen von Stolpersteinen im Geschäftsbetrieb aufgrund von regulatorischen Unvorhersehbarkeiten, Rechtsunsicherheiten und wegen der staatsorientierten Wirtschaftspolitik der aktuellen Regierung. So bestehen exemplarisch weitreichende Bemühungen der aktuellen Regierung bereits erfolgte Reformen, vor allem im Energiesektor, Rückgängig zu machen, um PEMEX und den staatlichen Stromversorger CFE gegenüber dem Privatsektor zu bevorzugen.
  
Ferner besteht in Mexiko ein enormer Investitionsstau in der Infrastruktur. So sind beispielsweise die Exporte auf nationaler Ebene in den letzten Jahren stark angestiegen, aber die öffentliche Infrastruktur für den Warentransport und die Grenzübergänge haben sich nicht verändert, was zu einem das System überlasteten Verkehrsaufkommen führt. Auch die Versorgung mit Strom ist ein Problem, da man als Unternehmer oftmals an CFE gebunden ist, die Elektrizitätsversorgung regelmäßig nicht verlässlich ist und man oftmals keinen Zugang zu Strom aus erneuerbaren Energieträgern hat. Teilweise kann es auch hinsichtlich der Wasserversorgung zu Problemen kommen, da bedingt durch infrastrukturellen Problemen immer mehr Bundesstaaten unter Wasserstress leiden. 
  
Eine weitere Herausforderung für einen deutschen Unternehmer kann außerdem die begrenzte Verfügbarkeit von Industrieflächen darstellen. Laut der privatrechtlichen Mexikanischen Vereinigung von Industrieparks (AMPIP) gab es im Jahr 2023 2,2 Prozentverfügbare Flächen in Industrieparks im gesamten Bundesgebiet. Allerdings lag in besonders wirtschaftlich starken Regionen die Verfügbarkeit lediglich bei 1 Prozent und bei Anmietung muss man mit einer initialen hohen Mietdauer rechnen. Ferner führt die hohe Nachfrage nach Fachkräften in den größten Industriezentren zu einem Mangel an Arbeitskräften, mit der Folge von enorm steigenden Löhnen bei sinkender Loyalität der Arbeitnehmer. 
  
Schlussendlich darf die weitflächig bestehende hohe Kriminalitätsrate im Zusammenhang mit Herausforderung mit dem Engagement im Lande nicht unerwähnt bleiben. Dies beeinflusst unter anderem den internen Betrieb von Unternehmen und auch den Transport von Waren. Der negative ökonomische Einfluss von Kriminalität und Gewalt wird in mehreren Studien in Bezug auf die letztvergangenen Jahre mit über 200 Mrd. US Dollar jährlich bemessen.
  

Wie ist Ihre Einschätzung hinsichtlich der Parlamentswahl in diesem Jahr?​

Am 2. Juni 2024 wird die gesamte Legislative in Mexiko neu gewählt werden. Demzufolge sind nahezu 99 Millionen Mexikaner dazu aufgerufen mit ihren Stimmen mehr als 20.000 Ämter auf Kommunal-, Landes- und Bundesebene und das Präsidialamt für eine Amtsperiode von sechs Jahren neu zu besetzen. Darüber hinaus wird der oder die neue Präsident/-in das Recht haben, einen neuen Richter am Obersten Gerichtshof zu ernennen, welcher bisher als Gegengewicht zu der aktuellen Administration von dem überaus beliebten derzeitigen Präsidenten Andrés Manuel López Obrador (AMLO) gilt. Die Verfassung verbietet eine Wiederwahl des aktuellen Präsidenten AMLO, sodass Claudia Sheinbaum, die frühere Bürgermeisterin von Mexiko-Stadt, als Nachfolgerin dienen soll. AMLO hatte bereits angekündigt, die Verfassung zu achten und keine ihm dienende Änderung der Verfassung vorzunehmen. Es ist sehr wahrscheinlich, dass der präsidiale Dreikampf von Frau Claudia Sheinbaum (Kandidatin des aktuellen linksgerichteten Regierbündnisses und Parteimitglied der aktuellen Präsidentenpartei „MORENA“) gegen ihre Konkurrenten Frau Xóchitl Gálvez (Kandidatin des größten Oppositionsbündnisses und Parteimitglied der konservativen, rechtsgerichteten Partei „PAN“) und Herr Jorge Álvarez Máynez (Kandidat der mitte-rechtsgerichteten Partei „Movimiento Ciudadano“) gewonnen werden wird, da alle Umfragen sie zum Stand am Ende April mit einem Vorsprung von ungefähr 25 Prozentpunkten zu dem nächsten Kandidaten als höchstwahrscheinliche Siegerin sehen. Die studierte Physikerin Claudia Sheinbaum wird, falls sie Präsidentin werden sollte, die Politik der aktuellen Regierung in weiten Teilen fortführen, nur konsensbasierter. Des Weiteren betont sie die Wichtigkeit des Handelsabkommens USMCA und die Chancen, welche mit Nearshoring einhergehen. Die größte Diskrepanz zu AMLO besteht jedoch wahrscheinlich in ihrem Gelöbnis, die erneuerbaren Energien auszubauen, anstatt ausschließlich auf den staatlichen Ölkonzern PEMEX und den Stromversorger CFE zu setzen.
   

Wie wird sich aus Ihrer Sicht Mexiko weiterentwickeln?

Die Wirtschaft hat das Beschäftigungsniveau und das Bruttoinlandsprodukt (BIP) auf Präpandemie-Niveau erreicht. Der stabile makroökonomische Rahmen Mexikos, die ökonomische Dynamik der USA und die solide Produktionsbasis werden das Wirtschaftswachstum unterstützen.
  
Nearshoring bietet enorme Chancen zu einer noch bedeutenderen Wirtschaftsmacht aufzusteigen. So hat auch die Noch-Regierung unter AMLO mit einem Dekret Ende des letzten Jahres für Unternehmen aus elf verschiedenen Sektoren sofortige Steueranreize geschaffen, welche bis Ende 2024 gelten sollen. Ferner werden in Mexiko auch Vorbereitungen getroffen, um diese erwartete Welle an Neuansiedlungen von ausländischen Unternehmen Herr zu werden. Bis zum Ende des Jahres 2025 sollen laut der privatrechtlichen Mexikanischen Vereinigung von Industrieparks (AMPIP) mehr als 50 weitere Industrieparks errichtetet sein, welche acht Millionen Quadratmeter neue Fläche für wirtschaftliche Tätigkeiten bieten würden. Diese Abschätzungen stehen auch in Kongruenz zu den laut dem mexikanischen Wirtschaftsministerium in dem vergangenen Jahr über 363 angekündigten Großinvest­itionen mit einem Volumen von über 106 Mrd. US Dollar für die nächsten Jahre. Nach Schätzungen des Ministeriums würde dies zu der Schaffung von fast 227.000 neuen Arbeitsplätzen führen. Wie bereits durch die oben angesprochenen diesjährigen Investitionsankündigungen zu sehen ist, werden weitere Unternehmen Mexiko als Standort des Nearshorings nutzen.
  
Die Wahlen in den USA im November 2024 werden jedoch Einfluss auf die mexikanische Wirtschaft nehmen. Zwar wurde das nordamerikanische Handelsabkommen USMCA unter dem damaligen Präsidenten Trump verhandelt, jedoch wird zu beobachten sein, wie sich USA zu den Ansiedlungen zahlreicher chinesischer Unternehmen in Mexiko verhalten könnte. 
  
Innenpolitisch wird auf die oder den neuen Präsident/-in die schwierige Aufgabe zukommen, Mexiko wirtschaftlich weiter auszubauen, die Sicherheitslage zu verbessern, die sozialen Unterschiede auszugleichen, die Korruption zu bekämpfen und die Wende in erneuerbare Energien zu schaffen. 
Mexiko wird weiterhin ein starker Produktionsstandort bleiben und im Binnenmarkt zunehmend an Interesse gewinnen. 

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