Erfolgreich investieren in Malaysia

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​​​zuletzt aktualisiert am 7. Juni 2024 | Lesedauer ca. 4 Minuten


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Wie schätzen Sie die derzeitige wirtschaftliche Lage in Malaysia ein?

Malaysia konnte sich zügig von den wirtschaftlichen Auswirkungen der Pandemie erholen und verzeichnet als viertgrößte Volkswirtschaft Südostasiens aufgrund der weltweiten Nachfrage nach Elektronik sowie Rohstoffen, wie Öl und Gas, ein stetiges Wachstum. Gut ausgebildete Arbeitskräfte, vergleichsweise liberale Markteintritts­bedingungen und ausreichende Infrastrukturausgaben machen Malaysia seit Jahrzehnten zu einem interes­santen und verlässlichen Investitionsstandort. Im Rahmen von Diversifizierungsstrategien wird Malaysia derzeit von vielen Unternehmen als Produktionsstandort genutzt, um eine Stabilisierung der Lieferketten zu gewährleisten. 
 
Neben der Produktion von Roh- und Palmöl verfügt Malaysia über einen gut etablierten Industriesektor, etwa in den Bereichen der Elektronik, Pharma und Telekommunikation sowie eine stark wachsende Digitalwirtschaft. Das Land profitiert nicht nur von seiner Wettbewerbsfähigkeit auf den internationalen Märkten, sondern auch von einer hohen Inlandsnachfrage. Zusammen mit Singapur, Thailand und Indonesien gilt Malaysia als wirt­schaftlich führend im ASEAN-Raum.​
  

Wie würden Sie das Investitionsklima in Malaysia beschreiben? Welche Branchen bergen großes Potenzial?

Anhaltend positive Prognosen in Rankings von IWF und Weltbank, sowie das gute allgemeine Geschäftsklima und die investorenfreundliche Grundhaltung machen Malaysia zu einem attraktiven Ziel für langfristige Investitionen. Malaysias handelspolitische Bedeutung für Deutschland wurde jüngst durch mehrere Besuche von Spitzenpolitikern unterstrichen. Nachdem Bundespräsident Steinmeier im Februar 2023 mit einer Delegation nach Malaysia gereist war, wurde das Land im Januar 2024 von Außenministerin Baerbock besucht. Im März 2024 fand sodann ein sechstägiger Besuch des malaysischen Premierministers Anwar Ibrahim in Deutschland statt, dessen Fokus ebenfalls in Ausbau und Festigung der Handelsbeziehungen lag. Im regionalen Vergleich überzeugt Malaysia mit seiner gut ausgebauten Infrastruktur, investorenfreundlichen Politik, einem soliden Rechtssystem und nicht zuletzt durch die Tatsache, dass Englisch eine Verkehrssprache ist und so Verständigungsprobleme vermeidbar sind. 
 
Für deutsche Unternehmen bieten insbesondere die Industriebereiche Elektronik, Maschinen, Chemie und Pharma, medizinische Geräte, Luft- und Raumfahrt sowie Automotive interessante Geschäftsmöglichkeiten. Aufgrund der Spannungen zwischen den USA und China gewinnt Malaysia auch als Standort für beispielsweise die Halbleiter- und Chipherstellung zunehmende Bedeutung in den globalen Lieferketten. Die malaysische Regierung hat zudem die Chancen erkannt, welche die digitale Wirtschaft als neuer Wachstumsmotor für die Wirtschaft bietet. Durch die Nutzung von Big Data, dem Internet der Dinge, künstlicher Intelligenz und anderen Technologien will Malaysia im Rahmen der sog. MyDigital-Initiative seine Produktivität steigern, Innovationen vorantreiben und die Lebensbedingungen der Bevölkerung verbessern. Schon jetzt ist das Land führender Anbieter von Datenzentren in der ASEAN-Region. 

Welchen Herausforderungen steht ein deutscher Unternehmer beim Engagement in Malaysia gegenüber?

​Aus Deutschland fließt das höchste Auslandsinvestitionsvolumen der Europäischen Union nach Malaysia. Im Allgemeinen bietet Malaysia ein investitionsfreundliches Umfeld und in den meisten Sektoren sind keine protektionistischen Tendenzen erkennbar. Trotzdem sind im Rahmen der malaysischen „Bumiputera“-Politik für einige Geschäftsfelder, wie beispielsweise Telekommunikation oder Logistik, weiterhin lokale Beteiligungen oder Geschäftsführer vorgegeben; zudem müssen sich Investoren auf zum Teil zeitaufwändige Verwaltungs­verfahren zur Erlangung von Investitions- und Geschäftslizenzen einstellen, die bis zu sechs Monate in Anspruch nehmen können. Aus historischen Gründen folgt Malaysia dem englischen Common Law. Für deutsche Unternehmen ist daher eine sorgfältige Vertragsgestaltung unter Berücksichtigung der Besonderheiten dieses Rechtskreises wesentlich.
 
Die Verhandlungen über ein Freihandelsabkommen zwischen der EU und Malaysia sind derzeit ausgesetzt, allerdings wurde Ende 2022 ein Partnerschafts- und Kooperationsabkommen unterzeichnet. Auf dieser Grundlage sowie einer aktuell durchgeführten Bestandsaufnahme sollen Verhandlungen wieder aufgenommen werden; derzeit ist jedoch nicht klar, wann dies erfolgen wird. Für deutsche Investoren besteht jedoch ein gewisses Schutzniveau aus dem bilateralen Investitionsschutzvertrag zwischen Deutschland und Malaysia von 1962. Dieser Investitionsvertrag bietet jedoch geringere Standards, als es heutzutage beispielsweise in entsprechenden EU-Abkommen üblich ist. Insbesondere ist kein Investor-Staat-Streitbeilegungsmechanismus vorgesehen.
 

Durch das asiatische Freihandelsabkommen „Regional Comprehensive Economic Partnership” (RCEP) erhofft sich Malaysia einen Wachstumsschub. Wie ist Ihre Einschätzung?

Das multilaterale RCEP ist das jüngste Freihandelsabkommen, das Malaysia abgeschlossen hat. Malaysia hatte seine Ratifizierung im Januar 2022 beim ASEAN-Sekretariat eingereicht und wurde daraufhin am 18. März zwölfter Signatarstaat des RCEP. Dieses weltweit größte Freihandelsabkommen außerhalb der Welthandels­organisation trat am 1. Januar 2022 in Kraft und dürfte sich insbesondere auf den Warenhandel in der Region positiv auswirken, weniger in den Bereichen Dienstleistungen und Direktinvestitionen. Somit können auch produzierende Unternehmen in Malaysia von Präferenzzöllen und dem teilweisen Abbau von Handelsbarrieren profitieren, sofern der im RCEP festgelegte regionale Wertschöpfungsanteil erfüllt ist. Deutsche Unternehmen, die im asiatisch-pazifischen Raum geschäftlich tätig sind, sollten sich der komplexen und überschneidenden Freihandelsabkommen bewusst sein. Malaysia ist auch Mitglied der ASEAN-Freihandelszone (AFTA) der ASEAN-Plus-Freihandelsabkommen mit China, Japan, Korea, Australien, Neuseeland und Indien sowie des Comprehensive and Progressive Agreement for Trans-Pacific Partnership (CPTPP). Es bestehen zudem weitere bilaterale Freihandelsabkommen mit anderen Ländern. Diese Vielzahl an Freihandelsabkommen erfordert daher eine eingehende Planung und Bewertung der jeweils geltenden Regelungen, um regionale Lieferketten optimal auszugestalten.
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Wie wird sich aus Ihrer Sicht Malaysia weiterentwickeln?

Malaysia hat sich in den letzten Jahrzehnten zu einer der dynamischsten Volkswirtschaften Südostasiens und einem attraktiven Investitionsstandort entwickelt. Nachdem das Land zuvor stark von der Landwirtschaft und Rohstoffindustrie abhängig war, hat es sich wirtschaftlich diversifiziert und erfolgreich auf das verarbeitende Gewerbe und den Dienstleistungssektor mit einer Kombination aus qualifizierten Arbeitskräften und einer hoch entwickelten Infrastruktur konzentriert. Wichtige Weichen für den zukünftigen Erfolg des Landes dürften insbesondere die weitere Öffnung des Arbeitsmarktes für ausländische Arbeitnehmer, Modernisierung der Verwaltung, Reduktion der zum Teil noch bestehenden sektoralen Investitionsbeschränkungen sowie mittelfristig der Abschluss eines Freihandelsabkommens mit der EU sein.​

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Markus Schlüter

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