Erfolgreich investieren in Kasachstan

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​​​​zuletzt aktualisiert am 7. Juni 2024 | Lesedauer ca. 5 Minuten

   

 

   

   

Wie schätzen Sie die derzeitige wirtschaftliche Lage in Kasachstan ein?

Sanktionen gegen Russland wirken sich derzeit mittelbar auch auf die kasachische Wirtschaft aus. Zumindest ist in diesem Zusammenhang festzuhalten, dass kasachische Konsumenten jetzt mehr Geld für Konsumgüter aus­geben, die vor Kriegsbeginn noch von ausländischen Unternehmen in Russland produziert worden sind. Störungen in den Lieferketten hemmen ebenfalls das Wachstum der kasachischen Wirtschaft. Der Anstieg der Preise für Energieträger beschert Kasachstan als Rohstofflieferant mehr Einnahmen, auch wenn z.B. der Transport des Erdöls, das u.a. auch nach Deutschland verkauft wird, durch russischen Erdölpipelines zu erfolgen.
   
Für das Jahr 2024 prognostiziert die Regierung ein Wachstum der kasachischen Wirtschaft von mindestens 5,3 Prozent. Nach den Ergebnissen des letzten Jahres hat sich die Wirtschaft der Republik den neuen Bedingungen angepasst und den Weg der nachhaltigen Entwicklung eingeschlagen. Dank der ergriffenen Maßnahmen wuchs die Wirtschaft um 5,1 Prozent.
  
Alle wichtigen Sektoren zeigten eine positive Dynamik: Bauwesen – 13,3 Prozent, Handel – 11,3 Prozent, Informations- und Kommunikationsdienstleistungen – 7,1 Prozent, Transportdienstleistungen – 6,9 Prozent, Industrie – 4,3 Prozent.
  
Die Anlageinvestitionen nahmen um 13,7 Prozent zu. Gleichzeitig beliefen sich die ausländischen Direkt­​invest­itionen (FDI) in den ersten neun Monaten des Jahres 2023 auf insgesamt 19,7 Mrd. US Dollar, wovon mehr als 11 Mrd. US Dollar in Nicht-Ressourcensektoren flossen. Insgesamt gehören die FDI-Indikatoren im zweiten Jahr in Folge zu den höchsten der letzten zehn Jahre – ihr jährliches Volumen liegt zwischen 26 und 28 Mrd. US Dollar. Kasachstan ist führend unter den GUS-Ländern in Bezug auf den Gesamtzufluss ausländischer Investitionen.
   
Am 1. Januar 2024 gab es nach Angaben des Amtes für nationale Statistik 43.000 ausländische Unternehmen in Kasachstan. Dieser Prozess erklärt sich durch die Verlagerung von Unternehmen, wodurch im Jahren 2022-2023 ausländische Unternehmen in Kasachstan gegründet wurden. Es handelt sich dabei vor allem um Unternehmen aus Russland und Weißrussland, die ihre Geschäfte durch Sanktionen in Russland bedroht sehen. Das muss vor dem Hintergrund gesehen werden, dass eine Verlagerung der wirtschaftlichen Aktivitäten aus Russland nach Kasachstan relativ unkompliziert ist. Die Gründung einer kasachischen GmbH kann binnen von drei bis vier Wochen vollzogen werden. Die Eröffnung von Bankkonten dauert in der Regel ein paar Wochen. Auch kann das bislang in Russland oder Belarus beschäftigtes lokales Personal ohne ein Visum in Kasachstan beschäftigt werden. In Kasachstan funktionieren die globalen Waren- und Finanzströme – mit Ausnahme der Störungen in den Lieferketten – reibungslos. Das sind die Vorzüge eines gemeinsamen Wirtschaftsraumes (Eurasische Wirtschafts​­union). Kasachstan kann deshalb zurecht den Anspruch kundtun, eine Drehscheibe der wirtschaftlichen Aktivitäten in Zentralasien werden zu wollen. 
    
Hierbei muss unterstrichen werden, dass Kasachstan in Bezug auf die Situation in der Ukraine sich nicht politisch neutral verhält, sondern klar zum Ausdruck gebracht hat, dass es die Separatistengebiete nicht als unabhängig anerkennt. Zuletzt sind jegliche Ausfuhren von Rüstungsgütern aus Kasachstan verboten worden.
   

Wie würden Sie das Investitionsklima in Kasachstan beschreiben? Welche Branchen bergen großes Potenzial?

Der Großteil der ausländischen Direktinvestitionen fließt weiterhin in den Rohstoffsektor. Dies liegt angesichts der steigenden Rohstoffpreise, vor allem der Preise für Energieträger, auf der Hand. Wirtschaftliche Aktivitäten im Zusammenhang mit Rohstoffen ziehen das meiste ausländische Kapital an. Allein auf mehrere große Erdöl- und Erdgasprojekte entfallen inzwischen fast 72 Prozent aller ausländischen Investitionen. Investitionen in den Bergbau- bzw. in den rohstoffverarbeitenden Sektor spielen im Zusammenhang von der der internationalen Verpflichtung zur Reduzierung von CO2 eine nicht unerhebliche Rolle. 
    
Dem folgen Investitionen in Metallerzeugung und -verarbeitung. Er ist auch der wichtigste Sektor für ausländische Investitionen im verarbeitenden Gewerbe. Andere wichtige Sektoren für ausländische Investoren sind u.a. die Nahrungsmittel-, Getränke- und Tabakproduktion, Gummi- und Kunststoffproduktion, chemische Industrie und Ölraffination.
   
Investitionen in Erneuerbare Energien, einschließlich Wasserstoff, der zum begehrten Energieträger der Zukunft binnen von Monaten aufgestiegen ist, bildet ebenfalls einen vielversprechenden Investitionsbereich.
   
In Kasachstan existieren zehn Sonderwirtschaftszonen (SWZ), die auch Steuer- und Zollvergünstigungen bieten (Befreiung von der Körperschaftssteuer, der Landsteuer, der Vermögenssteuer, der Mehrwertsteuer für Waren, die in der SWZ verbraucht werden, freie Grundstückspacht für zehn Jahre).
   
In Kasachstan funktioniert auch Astana International Financial Center. Das Hauptziel der Organisation ist es, zur nachhaltigen Entwicklung Kasachstans und der Region beizutragen, indem sie Unternehmen und der Geschäftswelt neue Möglichkeiten bietet, Investitionen anzuziehen, sinnvolle und effektive Projekte im Industrie- und Dienstleistungssektor zu schaffen und neue Märkte für Waren und Dienstleistungen zu erschließen.
    

Welchen Herausforderungen steht ein deutscher Unternehmer beim Engagement in Kasachstan gegenüber?

Die Praxis der Rechtsanwendung bleibt ein Faktor, das Unternehmen als Risikofaktor betrachten. Veränderungen der steuerlichen Vorschriften und eine fehlende beständige Rechtspraxis stellen Unternehmen vor die Herausforderung, ihre geschäftlichen Aktivitäten regelmäßig auf steuerliche Risiken zu überprüfen und auf neue Tendenzen, die zumeist zusätzliche steuerliche Risiken beinhalten, auszurichten. 
   
Kasachstan, das seine Generationen überall auf der Welt ausbildet, investiert viel in die Ausbildung von hochqualifizierten Fachkräften und steht im Verhältnis zu Usbekistan besser da. 
   
Lange Logistikwege in dem neuntgrößten Land der Welt stellen eine Herausforderung dar, die in den letzten Jahren durch stetig vorangeschrittenen Ausbau der Verkehrsinfrastruktur noch nicht ganz überwunden werden konnte. 
   

Wie weit ist Kasachstan mit der Digitalisierung?

Nach der sog. E-Government-Studie 2022 der Vereinten Nationen belegt Kasachstan bei der Digitalisierung den 28. Platz. Bei der Entwicklung von E-Government-Systemen sowie bei der Qualität der Online-Dienste liegt das Land auf dem elften Platz. Die oben genannte Studie wird alle zwei Jahre durchgeführt und bewertet 193 UN-Mitgliedstaaten. Sie ist einer der wichtigsten Indikatoren für die Entwicklung der Informationsgesellschaft.
   
Der E-Government-Entwicklungsindex (EGDI) lag bei 0,86 Punkten. Dies ist der höchste Wert unter den GUS-Ländern und Zentralasien. Außerdem lag Kasachstan im Jahr 2022 auf den 15. Platz im E-Participation Index (EPI) und damit auf einem der besten Plätze der Welt. 
    
Kasachstan treibt die Digitalisierung stetig voran. Ein Multiplattform-Modell für die digitale Erbringung öffentlicher Dienstleistungen wird ständig erweitert. Abwicklung eines PKW-Kaufvertrag in digitaler Form inklusive der digitalen Zulassung sind genauso möglich, wie seine etwaigen steuerlichen Verbindlichkeiten kurzerhand zu überprüfen. Inzwischen sind mehr als 90 Prozent der öffentlichen Dienstleistungen in Kasachstan digital verfügbar und werden von rund 11 Millionen Menschen genutzt.
   
Ein weiterer Bereich der digitalen Wirtschaft Kasachstans ist die Entwicklung der Kryptowährungsindustrie. Nach den USA und China ist Kasachstan der drittgrößte Bitcoin-Schürfer der Welt. Nach Angaben der Universität Cambridge liegt der Anteil Kasachstans am gesamten Bitcoin-Netzwerk (BTC) bei 13,22 Prozent.
   

Wie wird sich aus Ihrer Sicht Kasachstan weiterentwickeln?

Zu den prioritären Zielen der kasachischen Regierung zählen die Industriemodernisierung, die Diversifizierung und die Digitalisierung der kasachischen Wirtschaft.
    
Die Weltbank erhöhte die Position Kasachstans im „Doing Business”-Ranking 2020 um 3 Plätze. Von insgesamt 190 Ländern belegt Kasachstan nun den 25. Platz. Gründe dafür sind Reformen der bestehenden Gesetzgebung, Verbesserung des Lizenzierungssystems, Vereinfachung der Verfahren zur Unternehmensgründung, Optimierung der staatlichen Kontroll- und Aufsichtstätigkeiten und der Entwicklung des Geschäftsklimas. Ein umfangreiches Programm soll außerdem in den kommenden Jahren die Privatisierung von mehr als 900 staatlichen Unternehmen sichern.
    
Kasachstan ist in Zentralasien der Magnet für ausländische Direktinvestitionen. Hauptsektoren der Direktinvestitionen sind auf Erdöl und Gas, sowie Bergbau und Metallurgie konzentriert. Kasachstan strebt nach einer Diversifizierung der ausländischen Direktinvestitionen in Sektoren wie IT, Start-ups und Erneuerbare Energien. 

Kulturelle Besonderheiten in Kasachstan

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Michael Quiring

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