Erfolgreich investieren in China

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​​​​​​​zuletzt aktualisiert am 7. Juni 2024 | Lesedauer ca. 5 Minuten

   

  

   

Wie schätzen Sie die derzeitige wirtschaftliche Lage in China ein?

Die chinesische Wirtschaft hat sich seit dem Ende der Null-Covid-Politik im Dezember 2022 nur langsam erholt. Obwohl das BIP 2023 im Vergleich zum Vorjahr um 5,2 Prozent wuchs, lasten weiterhin Herausforderungen auf der chinesischen Wirtschaft: Abkühlung der globalen Wirtschaft, geopolitische Spannungen, demografischer Wandel und der angeschlagene Immobiliensektor.
  
Um gegenzusteuern, hat die chinesische Regierung staatliche Konjunkturprogramme und Maßnahmen aufgelegt. Positive Effekte zeigen sich in der wachsenden Binnennachfrage, der Erholung des Automobilmarkts und Invest­itionen in die Infrastruktur und die damit einhergehende wachsende Nachfrage nach Baustoffen und Maschinen. Sorgenkinder der chinesischen Wirtschaft bleiben der angeschlagene Immobiliensektor, der früher ein Garant für starkes Wachstum war, sowie der Arbeitsmarkt mit hoher Arbeitslosigkeit, welcher die Kaufkraft der Haushalte beeinträchtigt. 
  
Im ersten Quartal 2024 verzeichnete China ein robustes Wachstum von 5,3 Prozent. Für das Gesamtjahr 2024 strebt China ein Wachstum von rund 5 Prozent an, während der Internationale Währungsfonds (IWF) 4,6 Prozent prognostiziert. Zudem wird ein moderates Wachstum der Binnennachfrage erwartet – ein wichtiger Indikator für die globale Wirtschaft.
  
Mit Blick auf die wirtschaftlichen Beziehungen zwischen Deutschland und China, zeigt sich weiterhin ein deut­liches Ungleichgewicht in der Handelsbilanz zugunsten Chinas. Zwar verzeichneten deutsche Maschinenexporte und chinesischen Importe einen leichten Anstieg, für das Gesamtjahr 2023 ging der Handel mit China jedoch um fast 15,5 Prozent zurück. Die Handelspartnerschaft zwischen China und Deutschland bleibt insgesamt dynamisch und vielfältig. Beide Länder profitieren voneinander, wenngleich das Handelsbilanzdefizit für Deutschland weiterhin eine Herausforderung darstellt. 
  
Chinas Wirtschaft befindet sich im Umbruch, und die Erholung ist noch fragil, abhängig von Faktoren wie dem Immobiliensektor und der globalen Konjunktur. Deutsche Unternehmen können aber weiterhin vom chinesischen Markt profitieren, müssen aber gleichzeitig ein herausforderndes Marktumfeld in Kauf nehmen. 
   

Wie würden Sie das Investitionsklima in China beschreiben? Welche Branchen bergen großes Potenzial?

Das Investitionsklima in China für deutsche Unternehmen ist weiterhin herausfordernd, bietet aber gleichzeitig auch große Chancen. Auf der einen Seite stehen komplexe rechtliche Rahmenbedingungen, geopolitische Spannungen, erschwerte Marktbedingungen, Cybersicherheitsrisiken, Datenschutzbedenken und der Schutz geistigen Eigentums, die die Geschäftstätigkeit in China beeinträchtigen. Die starke Verflechtung mit dem chinesischen Markt erfordert eine noch größere Diversifizierung und ein umfassendes Risiko- und Nachhaltig­keitsmanagement. Einige Unternehmen verlagern ihre gesamte Produktion nach China, um den wachsenden Markt zu bedienen und lokale Präferenzen zu erfüllen.
  
Auf der anderen Seite bietet der riesige chinesische Markt mit über 1,4 Milliarden Einwohnern sowie die weltweit führende Innovationskraft und starke Forschungs- und Entwicklungsaktivitäten des Landes attraktive Investitionsmöglichkeiten. Die gut ausgebaute Infrastruktur und zahlreiche Förderprogramme der chinesischen Regierung schaffen einen interessanten Investitionsrahmen.
  
In China finden deutsche Unternehmen zahlreiche Investitionsmöglichkeiten in folgenden Branchen:
  • Gesundheit: Durch die rasant alternde Gesellschaft ergeben sich Chancen in den Bereichen Pharmazie, Medizintechnik, Pflegeindustrie und Gesundheitsdienstleistungen
  • High-Tech und Robotik sowie angrenzende Branchen: unter anderem (Spezial)-Maschinen wie Melk- oder Feldroboter, Industrieroboter, Fahrerlose Transportsysteme uvm.
  • Grüne und Umwelttechnologie: Elektromobilität, erneuerbare Energien und Energieeffizienz-Technologien, Wasser- und Abwasserwirtschaft, Kreislauf- und Abfallwirtschaft sowie nachhaltige Agrartechnologie sind weitere vielversprechende Branchen.
  • Digitalbranche: Innovative Geschäftsmodelle und wachsendes Marktpotenzial finden sich in den Bereichen Softwareentwicklung, Künstliche Intelligenz, Internet of Things (IoT), Gaming & E-Sports, E-Commerce sowie Digitalisierungsleistungen, die analoge Prozesse, Produkte und Dienstleistungen in digitale Formate transformieren.
  • Traditionelle Branchen: Der Maschinen- und Anlagenbau, die Automobil- und Automobilzuliefererindustrie, Architekten- und Ingenieursdienstleistungen, die Chemiebranche oder die Lebensmittel- oder Logistikbranche bergen ebenfalls Potenziale für die deutsche Wirtschaft. 
  
Mit der richtigen Strategie und dem richtigen Partner vor Ort ist China immer noch ein lukrativer Markt für deutsche Unternehmen und wird es auch bleiben. Die Herausforderungen sollten jedoch bei Investitions­entscheidungen berücksichtigt und durch geeignete Maßnahmen minimiert werden. Diversifizierung, Risiko­management und die Nutzung von Förderprogrammen sind wichtige Erfolgsfaktoren.​
   

Welchen Herausforderungen steht ein deutscher Unternehmer beim Engagement in China gegenüber?

Deutsche Unternehmen, die in China tätig sind, stehen vor besonderen Herausforderungen. Einerseits müssen sie sich an die ständig weiterentwickelnden chinesischen Rechtsvorschriften halten, während sie andererseits auch deutschen und europäischen Vorschriften unterliegen. Die Einhaltung von Compliance-Anforderungen kann daher eine große Herausforderung sein. Besonders die Datenschutzgesetze und Regelungen zum Datenaustausch mit dem Ausland sorgen für Unsicherheit. Der chinesische Gesetzgeber hat jedoch erkannt, dass einige Regelungen zu restriktiv sein könnten, und hat neue Bestimmungen erlassen, die die strengen Vorschriften lockern.
  
Deutsche Unternehmen müssen bei Vorschriften, die ihre Aktivitäten in China betreffen, insbesondere das deutsche Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz (LkSG) beachten. Dieses Gesetz kann für Unternehmen in China erhebliche Herausforderungen mit sich bringen. Hinzu kommt das kürzlich verabschiedete europäische Liefer­kettengesetz, dessen Umsetzung in den EU-Staaten allerdings noch einige Zeit in Anspruch nehmen dürfte. Deutsche Unternehmen können hier von einem Vorsprung profitieren, da sie durch das deutsche Gesetz bereits aktiv geworden sind und entsprechende Risikomanagementmaßnahmen ergriffen haben sollten.
  
Die Gewinnung ausländischer Fachkräfte für China bleibt eine komplexe Aufgabe. Die Attraktivität des Landes für ausländische Fachkräfte hat sich nach der Corona-Pandemie noch nicht vollständig erholt, und das Vertrauen vieler Ausländer in China ist nach wie vor angeschlagen. Die Rekrutierung deutscher und anderer ausländischer Fachkräfte wird zunehmend schwieriger. Hohe Lebenshaltungskosten in Metropolen wie Peking, Shanghai und Guangzhou tragen ebenfalls dazu bei. Die chinesische Regierung versucht, mit Maßnahmen wie der Verlängerung der Einkommensteuererleichterungen für Ausländer gegenzusteuern, aber die Situation bleibt angespannt.
  
Positiv ist jedoch, dass China die Visabestimmungen für Staatsbürger verschiedener Länder, einschließlich Deutschland, erleichtert hat und visumfreie Kurzaufenthalte ermöglicht. Dies kann Unternehmen zugutekommen, wenn sie kurzfristig Unterstützung aus der Zentrale in chinesischen Tochterunternehmen benötigen oder Geschäftsreisen durchführen müssen. ​
   

Welche Auswirkungen hat das neue chinesische Gesellschaftsgesetz, das im Sommer 2024 in Kraft tritt, auf deutsche Unternehmen?

Zum 1.7.2024 tritt das neue chinesische Gesellschaftsgesetz in Kraft. Die Gesetzesnovelle betrifft dabei eine Vielzahl von Bereichen, sei es die Unternehmensorganisation, die erstmalige Einführung von gesetzlich normierten Sorgfaltspflichten für Unternehmensorgane, die Stärkung der Rolle der Direktoren, erweiterte Bestimmungen zur Haftung von Organen, Arbeitnehmervertretung, Anteilsübertragungen und vielem mehr. Die Änderungen dürften wohl für fast alle bestehenden deutschen Unternehmen in China Auswirkungen haben. So ist z.B. ein genereller Zeitraum von fünf Jahren für die Einzahlung des Stammkapitals vorgesehen. Jedes Unternehmen, das einen längeren Zeitraum hierfür vorgesehen hat, ist also gezwungen, seine Planungen entsprechend anzupassen. 
  
Andererseits hält das neue Gesellschaftsgesetz auch Erleichterungen bereit. So können sogenannte „kleine“ Unternehmen auf den Supervisor oder das Supervisory Board verzichten. Auch die Übertragung von Gesell­schaftsanteilen ist erleichtert worden, wobei dies natürlich auch ein Risiko bedeuten kann, insbesondere wenn ein deutsches Unternehmen zum Beispiel in einem Joint Venture nur eine Minderheit hält.

  

Wie wird sich aus Ihrer Sicht China weiterentwickeln?

China hat sich 2023 trotz widriger Umstände als robuste Wirtschaftsmacht bewährt und ein Wachstum von 5,2 Prozent erreicht. Für 2024 wird ein moderates Wachstum zwischen 4,6 Prozent und 5 Prozent erwartet. Wenn sich Chinas Wachstum stabilisiert und die globale Nachfrage wieder anzieht, könnte das Land erneut zur Lokomotive der Weltwirtschaft werden. Dies würde auch deutschen und europäischen Unternehmen vor Ort zugutekommen. Voraussetzung hierfür ist eine Normalisierung der Lieferketten, eine Erholung des Immobilienmarktes und eine weiterhin steigende Binnennachfrage.
  
China strebt langfristig nachhaltiges Wachstum an, um den Lebensstandard der Bevölkerung zu verbessern und seine globale Position auszubauen. Dabei spielt die „​Green Economy” eine zentrale Rolle. China investiert massiv in Umwelttechnologie, erneuerbare Energien und nachhaltige Mobilität. Forschung und Entwicklung sowie Schlüsseltechnologien wie künstliche Intelligenz, Robotik und grüne Technologien sind ebenfalls wichtige Schwerpunkte.
  
Die Zukunft bringt Herausforderungen mit sich, darunter der demografische Wandel mit einer alternden Bevölkerung und Fachkräftemangel. Auch die wachsende Ungleichheit in der Bevölkerung erfordert neue Lösungsansätze. Stichworte sind soziale Sicherungssysteme, die Förderung von Bildung und Ausbildung sowie die Stärkung der sozialen Marktwirtschaft.
  
Gleichzeitig bieten die skizzierten Herausforderungen und der fortschreitende digitale Wandel die Chance, Geschäftsmodelle im Hinblick auf Nachhaltigkeit neu zu gestalten. Die chinesische Regierung fördert grüne Geschäftsmodelle und bietet Unternehmen entsprechende Anreize. Deutsche Unternehmen können durch Innovationen und nachhaltige Angebote auf dem chinesischen Markt punkten.
  
Erfolgsfaktoren für ein gelungenes Investment in China sind und bleiben Mut, Fingerspitzengefühl, interkulturelles Know-how und ein verlässlicher Partner vor Ort, der die rechtlichen und wirtschaftlichen Rahmenbedingungen transparent darstellen kann. Es ist wichtig, die spezifischen Anforderungen des chinesischen Marktes zu verstehen und darauf einzugehen.
  
Trotz aller Herausforderungen und aktueller Krisen und Konflikte wird China seine Position als einer der wichtigsten Investitions- und Absatzmärkte weiter ausbauen und auch in Zukunft für die deutsche Wirtschaft an Bedeutung gewinnen.

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