Vorkaufsrecht beim Share Deal mit Grundstücksbezug: Änderungen im GrEStG und Baulandmobilisierungsgesetz

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zuletzt aktualisiert am 11. Juni 2021 | Lesedauer ca. 3 Minuten


Ein Vorkaufsrecht kann zu Verzögerungen und Risiken bei Grundstückstransaktionen führen. Wie aus der Presse zu erfahren ist, übt der Berliner Bezirk Neukölln aktuell das Vorkaufsrecht in einem Share Deal-Fall aus (Weserstraße 164/Boddinstraße 8). Das Thema wird also Zusehens aktuell. Bei einem Share Deal mit Grundstücksbezug stellt sich daher die Frage, ob etwaige dingliche, gemeindliche oder schuldrechtliche Vorkaufsrechte überhaupt einschlägig sein können. Ferner ist zu betrachten, ob aktuelle Gesetzesänderungen (wie das Baulandmobilisierungsgesetz und die Gesetzes­änderung des GrEStG das Vorkaufsrecht) beim Share Deal beeinflussen.



Der Grundsatz beim Share Deal

Grundsätzlich wird das Vorkaufsrecht, gleich ob es schuldrechtlicher (§§ 463ff. BGB), dinglicher (§§ 1094ff. BGB) oder gemeindlicher (§§ 24f. BauGB) Natur ist, durch den Abschluss eines Kaufvertrags nach § 433 BGB mit einem Dritten über das mit dem Vorkaufsrecht belasteten Grundstück ausgelöst.

Bei dem Share Deal steht das Grundstück im Eigentum der Gesellschaft und bleibt dort. Es werden lediglich die Gesellschafteranteile an den Erwerber übertragen, sodass nach dem Wortlaut gerade kein Kaufvertrag über das mit dem Vorkaufsrecht belasteten Grundstück vorliegt. Daher erscheint es zunächst offensichtlich, dass bei einem Share Deal dem Wortlaut nach grundsätzlich kein Vorkaufsrecht einschlägig sein kann.


Ausnahmekonstellation

Aus Sicht des jeweiligen Vorkaufsberechtigten führt das folglich zu dem für ihn unliebsamen Ergebnis, dass sein Vorkaufsrecht durch geschickte Transaktionsgestaltung quasi dauerhaft ausgeschlossen werden kann. Nachdem das nicht ganz im Sinne des Vorkaufsrechts ist und der Vorkaufsberechtigte einen gewissen Schutz für solche Konstellationen beanspruchen kann, hatte der BGH sich mit der Thematik beschäftigt und Grundsätze aufgestellt, wann auch eine andere Übertragungskonstellation als der klassische Kaufvertrag ein Vorkaufsrecht auslösen kann.

Der BGH sieht daher das Vorkaufsrecht auch dann ausgelöst, wenn ein kaufähnlicher Vertrag vorliegt. Das ist der Fall, wenn die getroffene Vertragsgestaltung bei materieller Betrachtung einem Kauf im Sinne des Vorkaufsrechts so nahe kommt, dass sie ihr gleichgestellt werden kann.

Zur Bestimmung, ob ein solcher kaufähnlicher Vertrag vorliegt, der das Vorkaufsrecht auslöst, wird jeweils einzelfallbezogen auf drei Kriterien abgestellt:

  1. Wille der Vertragsschließenden: Ist der Wille der Vertragsschließenden auf den entgeltlichen Erwerb des vorkaufsbelasteten Grundstücks gerichtet?
  2. Wirtschaftliches Ergebnis: Wenn die getroffene Vertragsgestaltung mit dem Verkauf eines Grundstücks verglichen wird, kommt man sodann bei wirtschaftlicher Betrachtungsweise zu dem gleichen Ergebnis?
  3. Zweck der Gesellschaftsgründung: War einziger Zweck der Gesellschaftsgründung die Umgehung des Vorkaufsrechts oder stand dies bei Vorliegen mehrerer Zwecke zumindest erkennbar im Vordergrund?

Ausgehend von den Kriterien wird also auch bei einem Share Deal das Vorkaufsrecht ausgelöst, wenn die Parteien eigentlich den entgeltlichen Erwerb des Grundstücks beabsichtigen, bei wirtschaftlicher Betrachtungsweise das Ergebnis gleich ist, wie es bei einem direkten Kauf wäre, sowie der Hauptzweck der Gesellschaft die Umgehung des Vorkaufsrechts ist. Der Fall wurde so bereits von der Rechtsprechung als kaufähnlicher Vertrag eingeordnet.

Hervorzuheben ist dabei aber auch, dass die Gesellschaft erst kurz vor Veräußerung der Geschäftsanteile errichtet wurde. Wenn die Gesellschaft bereits seit längerem besteht, ist ein kaufähnlicher Vertrag bereits kritisch, da die Umgehung des Vorkaufsrechts nicht der Zweck der Gesellschaft ist.


Der Share Deal mit steuerlichen Aspekten

Ein Share Deals erfolgt allerdings oftmals aus steuerlichen Gründen in zeitlich gestreckter Form. Dabei werden zunächst lediglich weniger als 95 Prozent der Anteile und nach Ablauf von fünf Jahren werden die verblei­benden Gesellschaftsanteile übertragen.

Prüft man die Ausgestaltung wiederum anhand obiger drei Kriterien, so liegt im Ergebnis kein kaufähnlicher Vertrag vor, wenngleich diehöchstrichterlicher Rechtsprechung das Ergebnis noch nicht bestätigt hat. Denn es treten die steuerlichen Aspekten bei allen drei Kriterien und bei der Motivlage der Parteien zumindest mit in den Vordergrund. Das erste Kriterium liegt nicht vor, da die Parteien gerade nur die Gesellschaftsanteile und nicht das Grundstück aus steuerlichen Gründen übertragen. Bei einer wirtschaftlichen Betrachtungsweise ist das Ergebnis nicht das gleiche wie bei einem direkten Kauf, denn es sind die resultierenden Steuervergün­stigungen zu berücksichtigen. Ebenso ist die Umgehung des Vorkaufsrechts kein Hauptzweck der Gesellschaft bzw. steht nicht im Vordergrund.


Gesetzesänderung GrEStG

Zu der Ausgestaltung des Share Deals aus steuerlichen Aspekten ist aktuell die am 7. Mai 2021 verabschiedete und zum 1. Juli 2021 in Kraft tretende Gesetzesänderung des GrEStG zu beachten, wonach künftig die steuerlichen Vorteile nur noch dann einschlägig sind, wenn weniger als 90 Prozent der Anteile veräußert werden sowie die verbleibenden Anteile erst nach Ablauf von zehn Jahren übertragen werden. Die Einhaltung der Änderung beim Share Deal führt noch eher zu der Annahme, dass gerade keine kaufähnliches Umgehungsgeschäft beabsichtigt ist.


Baulandmodernisierungsgesetz

Spezifisch zu dem gemeindlichen Vorkaufsrecht gab es durch das nunmehr verabschiedete (vorbehaltlich eines Einspruchs des Bundesrats) und ebenfalls zum 1. Juli 2021 in Kraft tretende Baulandmodernisierungsgesetzes eine Ausweitung des gemeindlichen Vorkaufsrechts. Dabei wurden die Konstellationen erweitert in denen die Ausübung des Vorkaufsrechts durch die Gemeinden zulässig ist sowie die Ausübungsfrist von zwei auf drei Monate gesteigert wurde. Auf den Share Deal mit Grundstücksbezug hat das direkt keine Auswirkung, da zunächst wiederum das Vorkaufsrecht überhaupt ausgelöst werden müsste nach obigen Grundsätzen. Im Gegenteil könnte das die Attraktivität eines Share Deals wiederum steigern, möchte man nicht in das Risiko der Ausübung des gemeindlichen Vorkaufsrechts fallen.


Fazit

So bleibt also festzuhalten, dass im Grundsatz bei einem Share Deal kein Vorkaufsrecht ausgelöst wird. Gleichwohl gibt es Konstellationen, in denen auch beim Share Deal das Vorkaufsrecht einschlägig sein kann. Es gilt, eine gute Transaktionsgestaltung zu beachten, um nicht trotzdem in den Risikobereich des Vorkaufsrechts zu kommen. Durch aktuelle Gesetzesänderungen bemüht sich der Gesetzgeber, den Anwendungsbereich des Share Deals zu verkleinern und das Vorkaufsrecht der Gemeinden zu stärken, allerdings nur mit mäßigem Erfolg.

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