Vorrang des Vorkaufsrechts von Familienangehörigen

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​​veröffentlicht am 5.11.2024 | Lesedauer ca. 2 Minuten

BGH, Urteil vom 27. September 2024, Az.: V ZR 48/23​

Das dingliche Vorkaufsrecht eines Angehörigen genießt Vorrang vor dem gesetzlichen Vorkaufsrecht eines Mieters.

Die Parteien sind geschiedene Eheleute, die im Zuge ihrer Trennung im Jahr 2016 das in ihrem gemeinsamen Eigentum stehende Haus in Wohnungseigentum aufgeteilt haben. Von den drei gebildeten Wohnungen erhielt der Beklagte zwei Wohnungen, von denen eine der beiden Wohnungen zur Zeit der Scheidung und Aufteilung vermietet war, und die Klägerin eine Wohnung. Anschließend bewilligten sie sich gegenseitig dingliche Vorkaufsrechte. Im Jahr 2019 verkaufte der Beklagte seine beiden Wohnungen an Dritte. Daraufhin erklärte die Klägerin die Ausübung des Vorkaufsrechts. Der Beklagte schloss jedoch einen notariellen Kaufvertrag mit dem Mieter der Wohnung, welcher ebenfalls dem Beklagten gegenüber die Ausübung seines Mietervorkaufsrechts gemäß § 577 Absatz 1 Satz 1 BGB erklärt hatte. Nachdem der Mieter als Eigentümer in das Wohnungsgrundbuch eingetragen und das für die Klägerin eingetragene Vorkaufsrecht gelöscht worden war, erhob die Klägerin Klage und verlangte vom Beklagten unter anderem die Auflassung des Eigentums an der Wohnung.

Der Bundesgerichtshof hat der Klägerin nun in letzter Instanz Recht gegeben und entschieden, dass das ihr eingeräumte dingliche Vorkaufsrecht dem gesetzlichen Vorkaufsrecht des Mieters vorgeht. Das dingliche Vorkaufsrecht geht dem Vorkaufsrecht des Mieters nämlich jedenfalls dann vor, wenn es vom Eigentümer im Sinne von § 577 Absatz 1 Satz 2 BGB zugunsten eines Familienangehörigen bestellt worden ist. Dies ist laut Bundesgerichtshof auch hier der Fall. Der Umstand, dass die Ehegatten geschieden sind, führt zu keinem anderen Ergebnis, denn auch geschiedene Ehegatten gelten als „Familienangehörige” im Sinne dieser Vorschrift.

Zudem entschied der Bundesgerichtshof im Rahmen der vorliegenden Entscheidung erneut, dass das einem Angehörigen eingeräumte dingliche Vorkaufsrecht, das dem Schutz familiärer Interessen dient, auch dann vor dem Mietervorkaufsrecht Vorrang genießt, wenn es zum Zeitpunkt der Überlassung der Wohnung an den Mieter noch nicht bestand. Da der Vermieter nach Überlassung der Wohnung an den Mieter sogar berechtigt ist, die Wohnung unmittelbar an einen Familienangehörigen zu veräußern, ohne dass der Mieter in diesem Fall sein Vorkaufsrecht ausüben kann, besteht kein Grund, das Vorkaufsrecht des Mieters gegenüber dem gesetzlichen Vorkaufsrecht des Familienangehörigen zu privilegieren.

Fazit:

Der Bundesgerichtshof ist damit seiner Linie treu geblieben: Das zugunsten eines Familienangehörigen bestellte dingliche Vorkaufsrecht ist auch dann vorrangig zu behandeln, wenn es zeitlich nach der Überlassung der Wohnung an den Mieter und zugunsten des geschiedenen Ehegatten bestellt worden ist. Im Hinblick auf eventuell bestehende vorrangige Vorkaufsrechte wird daher insbesondere Kaufinteressenten empfohlen, sich im Vorfeld einer Transaktion juristisch beraten zu lassen.




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