Grenzen der Beschlusskompetenz bei baulichen Veränderungen

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veröffentlicht am 5.11.2024 | Lesedauer ca. 2 Minuten

BGH, Urteil vom 19. Juli 2024, Az.: V ZR 226/23​

Bei Beschlüssen über bauliche Veränderungen sind trotz Flexibilität die Grenzen der Beschlusskompetenz der Wohnungseigentümergemeinschaften zu beachten. 

Der Kläger ist Mitglied der beklagten Gemeinschaft der Wohnungseigentümer. Auf der Eigentümerversammlung im November 2021 wurde ein Beschluss über eine bauliche Veränderung gefasst. Gemäß dem gefassten Beschluss sollte eine Gartenhütte im Allgemeineigentum für Fahrräder und Abstellen von Gartenwerkzeugen errichtet werden. Die Finanzierung sollte auf eigene Kosten der jeweiligen Eigentümer erfolgen, die die Errichtung begehrten. Diese Eigentümer sollten an die anderen, nicht beteiligten Eigentümer eine monatliche Nutzungsentschädigung überweisen. Der Kläger erhob nach Ablauf der Anfechtungsfrist von einem Monat Klage und beantragte, die Nichtigkeit des Beschlusses festzustellen. Das Amtsgericht wies die Klage ab. Das Berufungsgericht bestätigte das Urteil des Amtsgerichts.

Der Bundesgerichtshof stellte fest, dass der in der Eigentümerversammlung gefasste Beschluss nichtig ist und begründete seine Entscheidung wie folgt: Grundsätzlich ist der Beschluss, soweit er die Errichtung der Gartenhütten gestattet, mangels Nichtigkeitsgründen nicht nichtig. Da die Anfechtungsfrist nicht eingehalten wurde, konnte sich der Kläger auch nur auf Nichtigkeitsgründe berufen. Die Errichtung von Gartenhütten stellt eine bauliche Veränderung im Sinne der WEG-rechtlichen Vorschriften dar, sodass der Wohnungseigentümergemeinschaft die Beschlusskompetenz zusteht. Dies gilt auch dann, wenn die Beschlussfassung die Zuweisung einer ausschließlichen Nutzungsbefugnis an dem dafür vorgesehenen Gemeinschaftseigentum für bestimmte Wohnungseigentümer zur Folge hat. Keine Beschlusskompetenz besteht jedoch für die vorgesehene Nutzungsentschädigung. Zwar sind Beschlüsse der Wohnungseigentümer objektiv und normativ auszulegen. Dabei ist zu berücksichtigen, dass die Wohnungseigentümer im Zweifel keinen rechtswidrigen Beschluss fassen wollen. Hier liegt aber kein Zweifelsfall vor, sondern die Auslegung ist eindeutig. Der Beschluss soll im Gegenzug zu der Genehmigung Kompensationszahlungen der bauwilligen Eigentümer an die übrigen Eigentümer festlegen. Eine Beschlusskompetenz für die Festlegung von Zahlungen der Wohnungseigentümer untereinander sieht das Gesetz nicht vor. Eine Auslegung dahingehend, dass die Zahlung eine von dem üblichen Verteilungsschlüssel abweichende Kostenregelung darstellen soll, liegt fern, weil es sich dabei um ein Entgelt für die Nutzung handeln soll. 

Der Bundesgerichtshof hält fest, dass die Gestattung der Errichtung der Gartenhütte nicht nichtig ist, die darin enthaltene nichtige Nutzungsentschädigung aber zur Gesamtnichtigkeit des Beschlusses führt. Eine teilweise Aufrechterhaltung des Beschlusses ist nicht möglich, da die Nutzungsentschädigung im Zusammenhang mit der zugleich beschlossenen Gestattung der Errichtung der Gartenhütte stand und dazu dienen sollte, den mit der baulichen Veränderung verbundenen Ausschluss von der Nutzung des Gemeinschaftseigentums zu kompensieren. 

Fazit: 

Zwar wird durch das Urteil die Flexibilität der Wohnungseigentümergemeinschaften bei der Gestattung baulicher Veränderungen gestärkt. Gleichzeitig setzt das Gericht der Beschlusskompetenz dort Grenzen, wo es um finanzielle Ausgleichsregelugen geht. Bei der Umsetzung bauli​​cher Veränderungen ist daher eine sorgfältige rechtliche Begleitung ratsam.
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