Aufrechnung mit verjährten Schadensersatzansprüchen

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​veröffentlicht am  13.8.2022 | Lesedauer ca. 2 Minuten

 

BGH, Urteil vom 10. Juli 2024, Az.: VIII ZR 184/23


Der Vermieter darf mit verjährten Schadensersatzforderungen wegen Beschädigung der Mietsache gegen den Kautionsrückzahlungsanspruch des Mieters aufrechnen.

Die Klägerin verlangt nach Beendigung des Mietverhältnisses und Rückgabe der Wohnung am 08.11.2019 die Rückzahlung der von ihre geleisteten Barkaution in Höhe von EUR 780,00. Der Vermieter rechnete mit Schreiben vom 20.05.2020 über die Kaution ab und erklärte die Aufrechnung mit Schadensersatzansprüchen wegen Beschädigung der Mietsache. Die Klägerin beruft sich auf Verjährung. 

Nach dem Bundesgerichtshof hat die Aufrechnungserklärung der Beklagten vom 20.05.2020 zum Erlöschen des Kautionsrückzahlungsanspruchs geführt. Der Anspruch des Vermieters auf Schadensersatz wegen Beschädigung der Mietsache ist zwar unter Anwendung der kurzen Verjährungsfrist gem. § 548 Abs. 1 BGB​ von sechs Monaten zum Zeitpunkt der Erklärung der Aufrechnung bereits verjährt gewesen. Einer Aufrechnung steht die Verjährung gemäß § 215 Alt. 1 BGB grundsätzlich jedoch nicht entgegen, wenn die Forderung in dem Zeitpunkt, in dem erstmals aufgerechnet werden konnte, noch nicht verjährt gewesen ist. 

Problematisch ist aber, dass zwischen dem auf Rückzahlung der Barkaution gerichteten Anspruch und dem auf Naturalrestitution gerichteten Anspruch wegen Beschädigung an der Mietsache zunächst keine Gleichartigkeit bestand. Eine solche Gleichartigkeit wird erst hergestellt, wenn statt der Naturalrestitution der dafür erforderliche Geldbetrag verlangt wird. Erforderlich hierfür ist die Ausübung der dem Gläubiger zustehenden Ersetzungsbefugnis innerhalb der Verjährungsfrist. Der Beklagte als Gläubiger hat mit der von ihm behaupteten Schadensersatzforderungen die ihm zustehende Ersetzungsbefugnis mit dem Abrechnungsschreiben vom 20.05.2020 und somit nicht innerhalb der kurzen Verjährungsfrist von sechs Monaten ausgeübt. Mangels Gleichartigkeit der Forderungen bestand innerhalb der Verjährungsfrist damit keine Aufrechnungslage.

Die Ausnahme des § 215 Alt. 1 BGB greift nach der Entscheidung des Bundesgerichtshofs selbst dann ein, wenn die Aufrechnungslage mangels Gleichartigkeit der Forderungen zunächst nicht bestand. Die Barkautionsabrede dient gerade der Sicherung der Ansprüche des Vermieters. Am Ende des Mietverhältnisses steht dem Vermieter eine angemessene Überlegungs- und Abrechnungsfrist zu. Dabei widerspricht es den beidseitigen Interessen der Parteien eines Wohnraummietverhältnisses, wenn die Aufrechnung alleine daran scheitern würde, dass der Vermieter die Ersetzungsbefugnis nicht ausgeübt hat. Die Ausübung der Ersetzungsbefugnis ist ein lediglich formaler Schritt im Vorfeld, womit Mieter daher regelmäßig kein Interesse daran haben, dass dies innerhalb der Verjährungsfrist geschieht. Die Aufrechnung scheitert deshalb im Ergebnis nicht an der Verjährung. 

Fazit: 


Die aus der Anwendung der gesetzlichen Regelungen resultierende starke Position des Vermieters bei der Aufrechnung mit Schadensersatzansprüchen wegen Beschädigung der Mietsache gegen den Kautionsrückzahlungsanspruch des Mieters wird durch diese Entscheidung deutlich. Für Mieter bedeutet dies, dass sie auch nach Ablauf der Verjährungsfrist zumindest mittelbar über den Einbehalt der Kaution für Schäden an der Mietsache haften. 



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