Mietpreisbremse: Bestandsschutz einer überhöhten Vormiete

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veröffentlicht am 5.12.2023 | Lesedauer ca. 2 Minuten

BGH, Urteil vom 19. Juli 2023, Az.: VIII ZR 229/22

Nach den Vorschriften zur Mietpreisbremse darf die Miete bei einer Neuvermietung von Wohnraum im Grundsatz nur 10% über der ortsüblichen Vergleichsmiete liegen. Nur ausnahmsweise darf der Vermieter eine höhere Miete (bis zur Grenze der Vormiete) verlangen, wenn bereits die Vormiete diese 10 %-Schwelle überschritten hatte.

Es ging um folgenden Sachverhalt: Der Kläger mietete im Jahr 2017 eine Wohnung in Berlin zu einer anfänglichen Nettokaltmiete von EUR 460,00 (EUR 11,98/m²) an. Bereits im Mietvertrag des Vormieters war eine Nettokaltmiete von EUR 422,00 (10,99/m²) vereinbart. Damit hielten sich beide Mieten nicht innerhalb der 110 %-Grenze der Mietpreisbremse. Bei Abschluss des Mietvertrags des klagenden Mieters lag die ortsübliche Vergleichsmiete bei lediglich EUR 255,29 (EUR 6,65/m²). Mit seiner Klage wollte der Mieter in erster Linie eine Rückführung der Miete auf 110 % der ortsüblichen Vergleichsmiete erreichen. Seiner Auffassung nach konnte sich der Vermieter nicht auf den Bestandsschutz der Vormiete berufen, da bereits diese überhöht war. Der Vermieter hielt dem entgegen, dass die Vormiete zumindest in Höhe der zulässig vereinbarten „Vor-Vormiete“ von EUR 380,00 (10,00/m²) in ihrem Bestand geschützt sei. Das „Vor-Vormietverhältnis“ wurde noch vor Inkrafttreten der Mietpreisbremse geschlossen und unterlag daher nicht deren Beschränkungen. Diesen Rückgriff auf die „Vor-Vormiete“ hielt wiederum der Mieter für nicht möglich, da dies vom Gesetz nicht vorgesehen sei.

Der Fall ging über mehrere Instanzen bis zum Bundesgerichtshof (BGH). Hier unterlag der Mieter großteils. Der BGH stellte fest, dass auch einer überhöhten Vormiete bis zur Grenze ihrer Zulässigkeit Bestandsschutz zukommt. Bezogen auf den zu entscheidenden Fall bedeutete dies, dass die ehemals zulässige Nettokaltmiete des Vor-Vormieters in Höhe von EUR 380,00 (zuzüglich zwischenzeitlicher Mieterhöhungen) auch als Miete verlangt werden durfte.

Zur Begründung verweist der BGH auf den Wortlaut der Vorschriften zur Mietpreisbremse. Die Regelungen sehen bei einer überhöhten Miete keine Unwirksamkeit der gesamten vertraglichen Vereinbarung über die Miete, sondern lediglich eine Teilunwirksamkeit hinsichtlich des überhöhten Teilbetrags vor. Dementsprechend ist es konsequent, auch im Rahmen der Bestandsschutzregelung den zulässigen Teil zu berücksichtigen. Weiterhin sei es nicht Ziel der Mietpreisbremse, das Mietniveau im Zeitpunkt des Inkrafttretens der Mietpreisbremse zu reduzieren. Es sollen lediglich unangemessene Preissprünge verhindert werden, um auf diese Weise einer Verdrängung von Bestandsmietern in stark nachgefragten Wohnquartieren entgegenzuwirken. Schließlich bezwecke die Mietpreisbremse keine Sanktionierung eines Vermieters, der sich in einem Vormietverhältnis nicht an die Grenzen der Mietpreisbremse gehalten hatte. Durch die Mietpreisbremse soll nur objektiv eine Begrenzung der Mietsteigerungen sichergestellt werden.

Fazit:

Durch das Urteil des BGH wird der Unterschied der Mietpreisbremse zum Berliner Mietendeckel, den das Bundesverfassungsgericht im Jahr 2021 aus formellen Gründen für verfassungswidrig erklärte, sichtbar. Während der Mietendeckel eine Obergrenze bei Neuvermietungen festlegte und dadurch auch eine Reduzierung von Bestandsmieten bewirken sollte, ist die Mietpreisbremse nach dem Willen des Gesetzgebers lediglich ein Instrument, um einen sprunghaften Anstieg der Mieten zu verhindern. Dementsprechend ist es konsequent, dass eine Miete, die zu einem früheren Zeitpunkt einmal zulässig war, auch zu einem späteren Zeitpunkt noch zulässig ist.



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