Anspruch auf Zustimmung zum Mieterwechsel bei Mietermehrheit?

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veröffentlicht am  19.07.2022 | Lesedauer ca. 2 Minuten

BGH Urteil vom 27. April 2022, Az.: VIII ZR 304/21

Allein die Vermietung an mehrere Personen, die eine Wohngemeinschaft bilden, führt nicht zur Annahme eines Anspruchs auf Zustimmung zu einem Mieterwechsel.


In dem zugrundeliegenden Fall mieteten sechs Mieter seit August 2013 eine 7-Zimmer Wohnung an. Vier Jahre später wurde in einem Nachtrag das Ausscheiden und der neue Einzug von fünf Mietern vereinbart und gleichzeitig der Mietpreis erhöht. In einem zweiten Nachtrag wurde vereinbart, dass einer der eingetretenen Mieter wieder ausscheidet und das Mietverhältnis stattdessen mit einer neu eintretenden Person fortgesetzt wird, wobei die Miete nicht erhöht wurde. Nun verlangen die Mieter erneut den Austausch von vier Mietern, welchem die Vermieterin diesmal allerdings nicht zustimmt. Diese gewünschten Mieter wohnen ohnehin schon einen längeren Zeitraum als Untermieter der Hauptmieter in der Wohngemeinschaft. Die Kläger begehren mit ihrer Klage die Zustimmung der Beklagten zu einem Austausch einzelner Mieter.


Nach dem BGH steht den Klägern ein Anspruch auf Zustimmung zu einem erneuten Mieterwechsel nicht zu. Ein solcher Anspruch ergibt sich weder aus dem zwischen den Parteien geschlossenen Mietvertrag in Verbindung mit den beiden Nachträgen, noch aus Nebenpflicht oder aus Treu und Glauben. Eine ausdrückliche Regelung zu einem Anspruch auf Zustimmung zu einem künftigen Mietwechsel findet sich im Mietvertrag nicht. Ein Anspruch auf Zustimmung zu einem Mietwechsel ergibt sich auch nicht allein aus dem Umstand, dass an mehrere Personen vermietet wird. Vielmehr ist das Bestehen eines solchen Anspruchs allein im Wege der Auslegung des Mietvertrages zu beurteilen. Das Gesetz sieht ein Recht auf Mietwechsel nämlich auch im Falle einer Mietmehrheit nicht vor. Den Bedürfnissen der Mieter nach Flexibilität ist von Gesetzes wegen durch die Möglichkeit zur Untervermietung sowie durch die für Mieter kurze Kündigungsfrist Rechnung getragen. Aber auch im Wege der Auslegung kann ein Zustimmungsanspruch zum Mieterwechsel im vorliegenden Fall nicht angenommen werden. Bei der Auslegung ist insbesondere zu berücksichtigen, dass es grundsätzlich den Mietern obliegt, für eine Vertragsgestaltung Sorge zu tragen, da eine solche Vereinbarung regelmäßig vorwiegend in ihrem Interesse liegt. In Betracht kommt eine derartige Auslegung dann, wenn sowohl die Mieter als auch der Vermieter bei Vertragsschluss ersichtlich davon ausgingen, dass sich häufig und in kurzen Zeitabständen ein Bedarf für eine Änderung der Zusammensetzung der in der Wohnung lebenden Personen ergeben kann, weil die Mieter auf Grund ihrer persönlichen Lebensumstände bereits bei Vertragsschluss absehbar nur für einen kurzen Zeitraum an dem jeweiligen Ort leben werden und eine vertragliche Bindung über diesen Zeitraum hinaus nicht eingehen wollen. Das kann insbesondere bei Studenten der Fall sein. Allein die Tatsache, dass die Mieter eine Wohngemeinschaft bilden, führt bei einer nach beiden Seiten interessengerechten Auslegung der zum Vertragsschluss führenden Willenserklärungen der Parteien nicht dazu, dass dem Vertrag ein Recht auf Zustimmung zu einem Mieterwechsel zu entnehmen wäre. Auch aus den beiden Nachträgen ist eine solche Vereinbarung nicht zu entnehmen, da keine Anhaltspunkte dafür bestehen, dass die Parteien davon ausgingen, dass sich in der Zukunft häufig und in kurzen Zeitabständen ein Wechselbedarf ergeben würde. Der geltend gemachte Anspruch ergibt sich auch nicht aus einer konkludent geschlossenen Vereinbarung, da auch vorherige Mieterwechsel nicht dazu führen, dass ein Anspruch aufgrund Tradition entsteht.

 

Fazit:

Auch wenn im Einzelfall ein Anspruch auf Zustimmung eines Mietwechsels ohne ausdrückliche Regelung im Mietvertrag bestehen kann, sollte bei entsprechender Interessenslage zur Vermeidung von Streitigkeiten ein solcher Anspruch vertraglich festgehalten werden.


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