Informations- und Handlungsbedarf aus Novellierung des Wärmeabrechnungsrechts

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Verordnungsentwürfe zur AVBFernwärmeV, Heiz-KostV und FernwärmeAbrV vom 10.03.2021

Aktueller Stand des Gesetzgebungsverfahrens

 
Der Bundesrat hat die für den 28.05.2021 angesetzte Entscheidung über die Novellierung einer Verordnung über die Änderung der Heizkostenverordnung (HeizKostV) und der Verordnung über allgemeine Bedingungen zur Versorgung mit Fernwärme (AVBFernwärmeV) kurzfristig von der Tagesordnung genommen und wird über die Novellierungen voraussichtlich in seiner letzten Sitzung am 25.06.2021 entscheiden. Hintergrund für die trotz hohem europarechtlichen Verabschiedungsdruck vorgenommene Verschiebung ist vermutlich der noch bestehende Änderungs- und Ergänzungsbedarf von Seiten der Bundesländer. Dies war vor allem in Anbetracht der erheblichen Kritik den Verordnungsentwürfen – vor allem auch von Seiten der Immobilienverbände – ohnehin zu erwarten.

 
Das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (BMWi) hat bereits im März 2021 neben dem Entwurf der Heizkostenverordnung (Referentenentwurf der Bundesregierung einer Verordnung über die Änderung der Heizkostenverordnung (Stand: 10.3.2021)) (nachfolgend „Heiz-KostV-RefE”) den Entwurf einer „Verordnung zur Umsetzung der Energieeffizienzrichtlinie 2018/2002/EU im Bereich der Fernwärme und Fernkälte” vorgelegt (entwurf-einer-verordnung-zur-umsetzung-der-energieeffizienzrichtlinie-2018-2002.pdf (bmwi.de)), mit dem die AVBFErnwärmeV novelliert wird (nachfolgend „AVBFernwärmeV-RefE”) und eine neue „Verordnung über die Verbrauchserfassung und Abrechnung bei der Versorgung mit Fernwärme und Fernkälte” (Fernwärmeabrechnungsverordnung ; nachfolgend auch „FwAbrV” eingeführt werden soll . Mit den Verordnungen sollen die Vorgaben der  EU-Energieeffizienzrichtlinie (EU-Richtlinie 2018/2002 vom 11.12.2018 zur Änderung der Richtlinie 2012/27/EU zur Energieeffizienz) in deutsches Recht umgesetzt werden. Eigentlich hätte dies schon bis zum 25.10.2020 erfolgen müssen. Insofern steht die Novellierung unter dem europarechtlichen Sanktionsdruck eines Vertragsverletzungsverfahrens. Aufgrund der Zustimmungserfordernisse des Bundesrats für die Novellierung der HeizKostV (vgl. § 6 Abs. 1 Gebäudeenergiegesetz (GEG)) ist deshalb damit zu rechnen, dass die Verordnungen spätestens in der letzten Plenarsitzung des Bundesrats vor der Sommerpause am 25.06.2021 verabschiedet wird.

 
Welche Verordnung für wen? – Lieferst Du noch oder verteilst Du schon?

 
Häufig sind sich Immobilienbetreiber gar nicht bewusst, dass die Regelungen der AVBFernwärmeV, Heizkostenverordnung und in Zukunft auch noch der Fernwärmeabrechnungsverordnung auch ohne eine vertragliche Bezugnahme kraft Gesetzes für wärme-, miet-, und WEG-rechtliche Leistungsbeziehungen gelten. Für wen gelten deshalb die novellierten Vorgaben der Verordnungsentwürfe?

 

AVBFernwärmeV für Energiekosten-Controller

 
Die AVBFernwärmeV gilt kraft Gesetzes für den Anschluss an die Fernwärmeversorgung und für die Versorgung, insbesondere für die Belieferung, mit Fernwärme zu allgemeinen Bedingungen (§ 1 Abs. 1 AVBFernwärmeV). Dabei hat die Rechtsprechung einen weiten Fernwärmebegriff geprägt, sodass die AVBFernwärmeV unabhängig von der Entfernung zwischen der Erzeugungsanlage und dem Verbraucher und auch ohne eine öffentliches Versorgungsnetz nahezu jede Form der Wärme- und Kältebelieferung umfasst, soweit der Versorger in Wärmeversorgungsanlagen investiert hat. Damit sind nahezu alle Formen der Wärmelieferung von der Auskoppelung aus Großkraftwerken mit regionalen Fernwärmenetzverbünden, über städtische KWK-Versorgung, ländliche Bio-Nahwärmenetze bis hin zur Contracting-Belieferung innerhalb von privaten Arealen und Gebäuden von der AVBFernwärmeV umfasst. In Bezug auf die Messung und Abrechnung der Fernwärme (§§ 18 AVBFernwärmeV ff.) beziehen sich die Regelungen der AVBFernwärmeV auf die Belieferung, die in der Regel mindestens auch an der Übergabestelle gemessen wird. Damit sind zunächst vor allem Fernwärmelieferanten von der Novellierung des § 18 AVBFernwärmeV betroffen.

 
Mittelbar betreffen die Änderungen aber auch die Immobilienentwickler und -betreiber, einerseits soweit die wärmemesstechnische Ausstattung in der Immobilienentwicklung betroffen ist, andererseits soweit die rechtskonforme Abrechnung eine Grundlage für das Energiekosten-Controlling in der Immobilienverwaltung ist.

 
Die Fernwärmeabrechnungsverordnung regelt zukünftig zusätzliche besondere Anforderungen an die Messung und Abrechnung von Fernwärme und Fernkälte im Sinne der Fernwärmeabrechnungsverordnung. Dabei wird mit der Fernwärmeabrechnungsverordnung erstmals eine gesetzliche Fernwärme- und Fernkältedefinition vorgenommen, die wesentlich enger als die bisherige Definition der Rechtsprechung ist. Nach § 1 Abs. 2 und 3 FwAbrV ist der Fernwärmebegriff auf die Lieferung über ein Netz zwischen mehreren Gebäuden beschränkt. Insofern ist die Contractingbelieferung innerhalb eines Gebäudes vom Anwendungsbereich der Fernwärmeabrechnungsverordnung ausgeschlossen. Ein Teil der Contractingversorger ist deshalb von den Neuerungen der Fernwärmeabrechnungsverordnung möglicherweise überhaupt nicht betroffen.

 
HeizKostV für Vermieter und WEG-Verwalter

 
Die Heizkostenverordnung regelt dagegen nur die Verteilung von Heizungs- und Warmwasserkosten (sog. „Untermessung” oder „Submetering”). Dabei ist die Verteilung vorrangig ein Problem der miet- und WEG-rechtlichen Wärmelieferpflichten von Immobilieneigentümern, da der Vermieter oder die Wohnungseigentümergemeinschaft die am Hausanschluss bezogene Fernwärme oder die in der Heizungsanlage erzeugte Wärme auf die Wohnungsnutzer einer Mehrparteienimmobilie verteilen müssen. Zwar werden die entsprechenden Mess- und Abrechnungspflichten in der Praxis häufig durch sog. „Mess- und Abrechnungsdienstleister” übernommen. Immobilienverwaltungen müssen aber den regulativen Rahmen zumindest kennen, um deren Leistungen zumindest nachvollziehen, zu kontrollieren und ggfs. bemängeln zu können.

 
Ausnahmsweise können auch Fernwärmeversorger zur Verteilung verpflichtet sein, wenn sie nicht den Immobilieneigentümer beliefern, sondern unmittelbar mit einzelnen Immobiliennutzern Lieferverträge schließen (sog. „(Mieter-)Direktbelieferung”). Wollen oder können sie nach den technischen Zwängen des bestehenden Mess- und Sekundärwärmebereitstellungskonzepts nicht jede einzelne Wohneinheit messen, so können sie auch nur die Lieferung für die Gesamtimmobilie messen und müssen die hierfür gemessenen Wärmemengen nach HeizKostV auf die einzelnen Nutzer verteilen (vgl. § 18 Abs. 1 Satz 4, Abs. 7 AVB-FernwärmeV). In diesem besonderen Fall befinden sich dann auch Fernwärmelieferanten im Anwendungsbereich der HeizKostV.

 
Grundsätzlich sieht die HeizKostV eine nach Raumheizung und Warmwasserbereitung sowie nach Wohnungsfläche und Verbrauch getrennte Verteilung vor, die zum Teil auch mit ungeeichten, d.h. entsprechend ungenauen Messgeräten (z.B. sog. „Verdunstungszähler”) erfasst werden darf. Dabei ist in der Entwicklung der HeizkostenV aus umweltpolitischen Gründen eine Tendenz zur zunehmenden Verteilung nach Verbrauch und Erfassung durch geeichte Messgeräte zu beobachten, die jetzt durch die Verordnungsnovellierung fortgesetzt wird.

 

Was kommt auf die Immobilienbranche zu?

 
Nach der Verordnungen dürfen zukünftig ausschließlich fernablesbare Messeinrichtungen verwendet werden. Nicht fernablesbare Messeinrichtungen, die vor Inkrafttreten der Verordnungen installiert werden, müssen bis einschließlich 31.12.2026 nachgerüstet oder durch fernablesbare Geräte ersetzt werden.

 
Außerdem müssen Versorgungsunternehmen ihren Kunden Verbrauchs- bzw. Abrechnungsinformationen mindestens zweimal im Jahr oder auf Wunsch sogar öfter mitteilen. Spätestens ab dem 1.1.2022 sind Abrechnungs- bzw. Verbrauchsinformationen auch während der Heizperiode monatlich zur Verfügung zu stellen.

 
Schließlich enthalten beide Verordnungen umfangreiche Vorgaben zu neuen Inhalten und Informationspflichten der Abrechnungen. Dies betrifft unter anderem Informationen zum Brennstoffmix, den eingesetzten Energieträgern, Treibhausgasemissionen, Primärenergiefaktoren, erhobene Steuern und Abgaben.

 
Insbesondere sollen grafische Vergleichsübersichten zum eigenen Energieverbrauch im Vorjahr und mit Durchschnittsendnutzern derselben Nutzerkategorie beigefügt werden. Insofern bleibt abzuwarten, wie diese Pflichten in der nach Beschluss im Bundesrat ausgestalteten Endfassung der Verordnungen aussehen wird.

 

Fazit:

Das Mess- und Abrechnungswesen der Wärmeversorgung wird durch die Novellierung der AVB-FernwärmeV, FernwärmeAbrV und HeizKostV umfassend reguliert. Immobilienentwickler und -Betreiber müssen sich jetzt über die neuen Anforderungen informieren, den Handlungsbedarf für ihr Unternehmen bestimmen und entsprechende Umsetzungsmaßnahmen einleiten. Informieren Sie sich hierzu auf unserem Webinar am 29.06.2021.

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