Gewerbesteuerliche Behandlung einer Einschiffsgesellschaft nach Aufgabe der Eigenbetriebsabsicht

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Der Bundesfinanzhof (BFH) hat sich in seiner jüngst veröffentlichten Entscheidung vom 22. Januar 2015 (Az. IV R 10/12) mit der einkommen- sowie gewerbesteuerlichen Behandlung einer Schifffahrtsgesellschaft auseinandergesetzt. Der Entscheidung lag folgender Sachverhalt zugrunde:
 
Bei der Klägerin handelt es sich um eine Kommanditgesellschaft (GmbH & Co. KG), mit der X-KG als Kommanditistin. Unternehmensgegenstand der Gesellschaft war der Betrieb eines Seeschiffs sowie alle damit im Zusammenhang stehenden Geschäfte und Tätigkeiten und gegebenenfalls auch die Veräußerung von Seeschiffen. Die X-KG schloss einen entsprechenden Bauvertrag über den Neubau eines Containerschiffs, in dessen Rechte und Pflichten die Klägerin mit Vereinbarung aus dem Jahre 2001 eingetreten ist. Darüber hinaus beauftragte sie die X-KG im Jahr 2001 mit der Bauaufsicht über das zu errichtende Schiff. Ab Sommer 2003 begann die X-KG mit der Suche nach Vercharterungsmöglichkeiten für das abzuliefernde Schiff und schloss schließlich im Jahr 2004 einen entsprechenden Time-Charter-Vertrag ab. Im Mai 2004 erhielt die Klägerin das attraktive Angebot, das Containerschiff an einen Schiffsfonds zu verkaufen. Da dieses Angebot wegen des damaligen Schiffsmarkts wirtschaftlich sehr attraktiv war, entschied sich die Klägerin für den Verkauf des Schiffs und schloss eine entsprechende Vereinbarung ab, mit der das Schiff im Oktober 2004 an den Schiffsfonds gemeinsam mit dem bereits abgeschlossenen Time-Charter-Vertrag übertragen werden soll. Nach Abschluss eines entsprechenden Bereederungsvertrags mit der X-KG wurde das bestellte Schiff dann im Juli 2004 an die Klägerin ausgeliefert, wo sie es zunächst für drei Monate einsetzte, bevor es dann im März 2004, wie vertraglich vereinbart, an den Schiffsfonds übergeben wurde. Gleichzeitig beschlossen die Gesellschafter der Klägerin im Oktober 2004 die Liquidation. Für das Ergebnis in dem Jahr 2004 beantragte die Klägerin die Gewinnermittlung nach der sogenannten Tonnagesteuer nach § 5a EStG, die zunächst vom zuständigen Finanzamt bewilligt wurde. Gleichzeitig wurde ein Gewerbesteuermessbetrag in Höhe von 0 Euro festgesetzt.
 
In der Folgezeit kam das Finanzamt jedoch zu einer anderen Auffassung und sah die Voraussetzungen für die Inanspruchnahme der Tonnagesteuer nicht länger als erfüllt an. Entsprechend wurde das Ergebnis gemäß der Gewinnvorschrift nach § 4 Abs.1, § 5 EStG ermittelt und zugleich auch der Gewerbesteuer unterworfen. Gegen diese Bescheide hat der Kläger nach erfolglosem Einspruch Klage vor dem Finanzgericht eingereicht, der stattgegeben wurde. Gegen diese Entscheidung des Finanzgerichts hat nunmehr das Finanzamt Revision eingelegt.
 
Der BFH hält die Revision für begründet und kommt zu dem Ergebnis, dass das Finanzgericht zu Unrecht davon ausgegangen ist, dass die Klägerin ihren Gewinn im Streitjahr 2004 im Rahmen der Tonnagebesteuerung ermitteln durfte. Die Voraussetzungen hierfür lagen gemäß § 5 EStG nicht vor, denn die Klägerin hatte bei Einsatz des Schiffs nicht die nach dieser Vorschrift erforderliche Absicht zum langfristigen Betrieb von Handelsschiffen im internationalen Verkehr. An einer solchen Absicht fehlt es unter anderem, wenn eine Einschiffsgesellschaft ihr Schiff bereits vor seiner Indienststellung veräußert. Insofern konnte auch der Gewerbeertrag nicht gemäß der Tonnagebesteuerung ermittelt werden.
 
Der BFH räumt allerdings ein, dass aufgrund der Sachlage nicht entschieden werden kann, ob und in welcher Zeit die Klägerin gewerbesteuerpflichtig war. Ebenso bleibt offen, ob auch der aus der Veräußerung des Schiffs erzielte Gewinn in vollem Umfang der Gewerbesteuer unterlag, falls eine Gewerbesteuerpflicht bestand. Grund hierfür ist die Besonderheit, dass nur der „stehende” Gewerbebetrieb der Gewerbesteuer unterliegt. Das heißt, dass erst mit dem Beginn der werbenden Tätigkeit eine Gewerbesteuerpflicht entsteht. Davon abzugrenzen sind nämlich die bloßen gewerbesteuerrechtlich noch unbeachtlichen Vorbereitungshandlungen, wie zum Beispiel die Anmietung eines Geschäftslokals, die Errichtung eines Fabrikgebäudes oder eines Hotels, mit dessen Betrieb erst nach dessen Fertigstellung begonnen wird. Ebenso endet die sachliche Gewerbesteuerpflicht mit der dauerhaften Einstellung der werbenden Tätigkeit.
 
Da nach Ansicht des BFH das Finanzgericht hierzu keine entsprechenden Würdigungen durchgeführt hat, wird es diese in einem weiteren Rechtsgang nachholen müssen. In diesem Zusammenhang räumt der BFH bereits ein, dass im vorliegenden Sachverhalt betriebliche Leistungen grundsätzlich erst nach Ablieferung des Schiffs erbracht werden können. Die vor dem Zeitpunkt liegenden Bemühungen, Fracht- oder Charterverträge abzuschließen, sind eher als vorbereitende Maßnahmen der Auftragsbeschaffung zu verstehen, die für sich gesehen, noch nicht die Gewerbesteuerpflicht begründen können. Falls jedoch das Finanzgericht zu dem Urteil kommt, dass (vorrangig) die Veräußerung und nicht der Betrieb des Schiffs beabsichtigt war, würde die sachliche Gewerbesteuerpflicht bereits mit dem Bau bzw. dem Erwerb des Schiffs beginnen, da in diesem Fall die Herstellung bzw. der Erwerb der später zu veräußernden Waren Teil der werbenden, gewerblichen Unternehmenstätigkeit gehört. Das bedeutet, dass eine Gewerbesteuerpflicht nur dann bereits mit Abschluss des Bau- oder Kaufvertrags über das Schiff beginnen kann, wenn die Gesellschaft den entsprechenden Vertrag mit unbedingter Veräußerungsabsicht abgeschlossen hat. Eine lediglich latente Veräußerungsabsicht ist nicht ausreichend.
 
Ebenso trägt der BFH dem Finanzgericht auf, anhand der Umstände des Einzelfalls zu klären, ob die Klägerin von der (noch) nicht gewerbesteuerbaren Vorbereitung unmittelbar in die Abwicklungsphase durch Verkauf des Schiffs bzw. der Rechte aus dem Bauvertrag vor dessen Indienststellung getreten ist, oder ob sie mit einer anderen gewerbesteuerpflichtigen werbenden Tätigkeit übergangslos begonnen hat. Hinweise für einen solchen Übergang in eine neue gewerbesteuerpflichtige Tätigkeit können zum Beispiel vorliegen, wenn die Klägerin lediglich die Rechte aus dem Bauvertrag überträgt, sich aber gegenüber dem Erwerber zur Übernahme der Bauaufsicht verpflichtet, ohne ihrerseits bereits aus dem Bauvertrag hierzu verpflichtet gewesen zu sein. Gleiches könnte auch vorliegen, wenn sie sich verpflichtet hätte, das gelieferte Schiff betriebsbereit auszurüsten.
 
Auf Grundlage der bisherigen Feststellung des Finanzgerichts kann ebenfalls nach Ansicht des BFH nicht entschieden werden, ob der in vollem Umfang zu ermittelnde Gewinn der Klägerin aus der Veräußerung des Schiffs im Rahmen der Einkommensteuer als laufender Gewinn oder als (teilweise) tarifbegünstigter Veräußerungs- bzw. Aufgabegewinn zu behandeln ist. Hierfür ist wiederum entscheidend, ob im Rahmen der Veräußerung bzw. der Betriebsaufgabe die wesentlichen Betriebsgrundlagen übertragen wurden. Es ist somit zu klären, ob zum Beispiel immaterielle Wirtschaftsgüter (zum Beispiel Geschäftsbeziehungen, Geschäftswerte, etc.) bei der veräußernden Klägerin verblieben, mit deren Hilfe sie ohne weiteres wieder eine gewerbliche Tätigkeit hätte aufnehmen können, die sich als wirtschaftlich identisch mit der bisherigen Tätigkeit erweist. Es ist wohl davon auszugehen, dass im vorliegenden Entscheidungsfall ein begünstigter Veräußerungsgewinn vorliegt, dennoch sind hier abschließende Prüfungen vom Finanzgericht durchzuführen. Aus diesem Grund wird die Sache an das Finanzgericht Hamburg zurückzuverweisen.

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Frank Dißmann

Diplom-Kaufmann, Steuerberater

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