Die Absicht zum langfristigen Betrieb von Handelsschiffen als Voraussetzung für die Anwendung der Gewinnermittlung nach § 5a EStG

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Mit Urteil vom 26. September 2013 hat der Bundesfinanzhof (BFH - IV R 46/10) entschieden, dass die Gewinnermittlung nach § 5a EStG (sogenannte Tonnagebesteuerung) die Absicht des Steuerpflichtigen zum langfristigen Betrieb von Handelsschiffen voraussetzt und die Veräußerung eines Schiffes mit dem Ziel, aus dem Erlös erst das im Sinne des § 5a EStG betriebene Schiff zu erwerben, kein Hilfsgeschäft nach § 5a Abs. 2 Satz 2 EStG ist.
 
Geklagt hatte eine im Jahr 2001 gegründete Kommanditgesellschaft (KG), deren Gegenstand insbesondere der Erwerb und Betrieb eines Handelsschiffes ist. Der Gesellschaftszweck umfasst zudem den Erwerb, Betrieb und die Veräußerung anderer Seeschiffe sowie das Betreiben von Schifffahrtsgeschäften aller Art. Im November 2002 schloss die Klägerin mit einer ausländischen Werft einen Bauvertrag über die Herstellung des Handelsschiffes ab. Die Fertigstellung dieses Schiffes war für den Herbst 2003 vorgesehen. Im Dezember 2002 schloss die Klägerin mit ihrer Kommanditistin einen Bereederungsvertrag ab. Im Juli 2003 erhielt die Klägerin ein Kaufangebot für das noch im Bau befindliche Handelsschiff. Noch im September 2003 wurde ein Chartervertrag über das Schiff abgeschlossen. Kurz danach verkaufte die Klägerin das Schiff. Daraufhin  übernahm sie im Oktober 2003 das Schiff von der Werft, überführte es und übergab es anschließend an den Käufer. Den durch die Veräußerung erzielten Gewinn verwendete die Klägerin im Jahr 2005 für eine Anzahlung zum Kauf eines anderen Handelsschiffes.
 
Dem im Dezember 2002 gestellten Antrag auf Anwendung der Gewinnermittlung nach § 5a EStG, ab dem 1. Januar 2002, wurde stattgegeben. Im Bescheid für 2003 über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen stellte das Finanzamt die Einkünfte aus Gewerbebetrieb antragsgemäß (unter Anwendung der sogenannten Tonnagebesteuerung) fest. Aufgrund einer im Anschluss stattgefundenen Außenprüfung erließ das Finanzamt jedoch einen geänderten Feststellungsbescheid für das Jahr 2003 und stellte die Einkünfte aus Gewerbebetrieb nach den allgemeinen Vorschriften fest.
 
Den gegen den Änderungsbescheid eingelegten Einspruch wies das Finanzamt als unbegründet zurück. Auch das Finanzgericht wies die hiergegen gerichtete Klage mit Urteil vom 12. Oktober 2010 (Schleswig-Holsteinisches FG, 5 K 136/06) ab. Sowohl das Finanzamt als auch das Finanzgericht waren der Auffassung, die Klägerin habe im Jahr 2003 zu keiner Zeit ein Handelsschiff im internationalen Verkehr eingesetzt und somit die Voraussetzungen für die Gewinnermittlung nach § 5a EStG nicht erfüllt. Im Ergebnis schloss sich auch der BFH der Vorinstanz an. Denn für die Anwendung der Tonnagebesteuerung nach § 5a EStG ist der Betrieb von Handelsschiffen im internationalen Verkehr erforderlich. Dieser liegt aber nicht vor, wenn sich der Einsatz des einzigen Seeschiffes auf die Überführung von der Werft zum Ort der Übergabe an den Käufer beschränkt und die Fahrt ihrem Hauptzweck nach nicht der Beförderung von Personen oder Gütern dient, sondern der Erfüllung der Verpflichtungen aus dem Kaufvertrag. Der Gewinn aus Gewerbebetrieb für 2003 war somit durch Betriebsvermögensvergleich nach § 4 Abs. 1, § 5 EStG zu ermitteln.
 
In der Revision ging es zudem um die Frage, ob die Veräußerung des Seeschiffes als begünstigtes Hilfsgeschäft im Sinne des § 5a Abs. 2 Satz 2 EStG anzusehen ist, wenn mit dem Kaufpreis ein weiteres Seeschiff zum Betrieb im internationalen Verkehr erworben wird.
 
Obwohl zum Betrieb von Handelsschiffen im internationalen Verkehr nach § 5a Abs. 2 Satz 2 EStG unter anderem auch die unmittelbar mit ihrem Einsatz oder ihrer Vercharterung zusammenhängenden Neben- und Hilfsgeschäfte einschließlich der Veräußerung gehört, schloss sich der BFH der Auffassung des Finanzgerichts an. Die Veräußerung des Seeschiffes ist nicht als begünstigtes Hilfsgeschäft im Sinne des § 5a Abs. 2 Satz 2 EStG anzusehen, wenn mit dem Kaufpreis ein weiteres Seeschiff zum Betrieb im internationalen Verkehr erworben wird. Denn Hilfsgeschäfte sind solche Geschäfte, die der Geschäftsbetrieb üblicherweise mit sich bringt und die die Aufnahme, Fortführung und Abwicklung der Haupttätigkeit erst ermöglichen. Ein Schiff zu erwerben und zu veräußern, um aus seinem Veräußerungserlös erst das Schiff zu erwerben, mit dem der Betrieb von Handelsschiffen im internationalen Verkehr erfolgen soll, ist für einen solchen Geschäftsbetrieb nicht üblich. Eine entsprechende Veräußerung stellt daher kein Hilfsgeschäft im Sinne des § 5a Abs. 2 Satz 2 EStG dar.
 
Im Ergebnis bleibt festzuhalten, dass die Prüfung der Antragsvoraussetzungen für die Gewinnermittlung nach § 5a EStG für die spätere Besteuerung wesentlich ist. Denn sollten, wie in diesem Fall, die Voraussetzungen für die Tonnagebesteuerung durch eine Außenprüfung versagt werden, führt dies im Regelfall zu wesentlich höheren Einkünften aus Gewerbebetrieb, weil die effektive Steuerentlastung durch den § 5a EStG rückwirkend entfällt.

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Hannes Zerbin, LL.M. (London)

Diplom-Wirtschaftsjurist (Univ.)

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