BGH: Haftung des Geschäftsführers der Komplementär-GmbH gemäß § 43 Abs. 2 GmbHG gegenüber der KG bei sorgfaltswidriger Geschäftsführung

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Der Bundesgerichtshof (BGH) hat mit Urteil vom 18. Juni 2013 (Az. II ZR 86/11) entschieden, dass „jedenfalls dann, wenn die alleinige oder wesentliche Aufgabe einer Komplementär-GmbH in der Führung der Geschäfte einer Kommanditgesellschaft besteht”, der Geschäftsführer der Komplementär-GmbH auch der KG gegenüber nach GmbH-Recht persönlich für pflichtwidriges Verhalten haftet.
 
Eine derartige Haftungserstreckung scheidet aber in Fällen aus, in denen „sämtliche Gesellschafter der Kommanditgesellschaft mit dem Handeln des Geschäftsführers der Komplementär-GmbH einverstanden waren.”

Dem Urteil lag folgender Sachverhalt zugrunde:
 
Der Beklagte war Geschäftsführer der Komplementär-GmbH eines Musikfonds in Form einer GmbH & Co. KG. Alleinige Aufgabe dieser Komplementär-GmbH war es, die Führung der Geschäfte der KG zu übernehmen. Der Beklagte schloss für die KG mit einer Rechtsanwaltssozietät eine schriftliche Honorarvereinbarung „zur Bestätigung eines bereits in Vollzug gesetzten, mündlich erteilten Auftrags” ab, die der Höhe nach weit über den gesetzlichen Gebühren lag. Aufgrund der vorangehenden rein mündlichen Beauftragung wären nach den einschlägigen Vergütungsvorschriften lediglich die gesetzlichen Gebühren geschuldet gewesen.
 
Der Insolvenzverwalter der Fonds-KG nahm später den Beklagten gerichtlich wegen Schadensersatzes in Anspruch. Nach Ansicht des Klägers habe der Beklagte bei Abschluss der schriftlichen Honorarvereinbarung gegen seine Sorgfaltspflichten verstoßen, da hierdurch ein höheres Honorar vereinbart wurde, als es nach der mündlichen Abrede geschuldet gewesen wäre. Hierdurch sei der KG ein erheblicher Schaden entstanden, für den der Geschäftsführer der Komplementär-GmbH gemäß § 43 Abs. 2 GmbHG hafte.
 
Der BGH führte hierzu aus, dass sich ein Schadensersatzanspruch der KG gegen den beklagten Geschäftsführer aus dem Schutzbereich des zwischen dem Geschäftsführer und der Komplementär-GmbH bestehenden Organverhältnisses ableiten lassen könne.
 
Nach § 43 Absatz 2 GmbHG haftet der GmbH-Geschäftsführer, wenn er die ihm gegenüber der Gesellschaft obliegenden Pflichten verletzt. Diese Haftung nach GmbH-Gesetz besteht dabei grundsätzlich nur gegenüber der GmbH selbst. In vorliegendem Fall würde dies bedeuten, dass lediglich die Komplementär-GmbH Haftungsansprüche gegen den Geschäftsführer geltend machen könnte. Der BGH hat jedoch entschieden, dass im Falle einer sorgfaltswidrigen Geschäftsführung „jedenfalls dann” auch die Kommanditgesellschaft einen direkten Anspruch gegen den Geschäftsführer der Komplementär-GmbH besitzt, „wenn die alleinige oder wesentliche Aufgabe einer Komplementär-GmbH in der Führung der Geschäfte einer Kommanditgesellschaft besteht.” Das „wohlverstandene Interesse der GmbH” gehe in diesen Fällen dahin, „dass ihr Geschäftsführer die Leitung der Kommanditgesellschaft im Rahmen seiner Organpflichten ordnungsgemäß ausübt”. Dies ergebe sich aus der Erwägung, dass die GmbH auf eine günstige wirtschaftliche Entwicklung ihrer Beteiligung bedacht sein müsse und zudem „als persönlich haftende Gesellschafterin selbst aus dem Gesellschaftsverhältnis der Kommanditgesellschaft zu einer sorgfältigen Geschäftsführung verpflichtet ist.” Aufgrund der Anknüpfung an diese organschaftliche Sonderrechtsbeziehung ist eine Haftung des Geschäftsführers in derartigen Fallkonstellationen nach Ansicht des BGH auch nicht von der Existenz eines Anstellungsvertrags abhängig.
 
Diese Haftungserstreckung sei aber in Fällen ausgeschlossen, in denen „sämtliche Gesellschafter der Kommanditgesellschaft mit dem Handeln des Geschäftsführers der Komplementär-GmbH einverstanden waren.”
 

Ausblick und Praxisfolgen 

Mit vorliegendem Urteil festigt der BGH die bisherige Auffassung, nach der ein Geschäftsführer einer Komplementär-GmbH der KG gegenüber dem gleichen Haftungsregime unterworfen sein kann, wie gegenüber der GmbH. Dies wird allerdings ausschließlich für Fälle bestätigt, in denen die „alleinige oder wesentliche Aufgabe” der Komplementär-GmbH in der Führung der Geschäfte einer KG besteht. Wie von dieser Aufgabenverteilung abweichende Fallkonstellationen zu behandeln sind, das heißt wenn eine GmbH in erheblichem Umfang weitere Aufgaben neben ihrer Funktion als Komplementärin übernimmt, wird vom BGH in dieser Entscheidung unbeantwortet gelassen.

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Sebastian Schüßler

Rechtsanwalt, Leiter Taskforce Digitale Transformation Geschäftsfeld Rechtsberatung

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