Privates Veräußerungsgeschäft bei lastenfreier Veräußerung eines bei Anschaffung mit einem Erbbaurecht belasteten Grundstücks

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Der Bundesfinanzhof (BFH) hat mit seinem Urteil vom 12. Juni 2013 (IX R 31/12) entschieden, dass die Veräußerung eines Grundstücks, das zum Zeitpunkt der Anschaffung mit einem Erbbaurecht belastet war und kurzfristig nach Löschung des Erbbaurechts verkauft wurde, zu den privaten Veräußerungsgeschäften im Sinne des § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Einkommensteuergesetz (EStG) zählt.
 
Im vorliegenden Fall ist ein Erbbaurecht samt dem auf dem Erbbaugrundstück errichteten Wohngebäude auf eine Erbengemeinschaft (Kläger) übergegangen. Im selben Jahr erwarben die Kläger auch das mit dem Erbbaurecht belastete Grundstück und beantragten im Kaufvertrag die Löschung des Erbbaurechts. Im Anschluss der Löschung veräußerten die Kläger noch im selben Jahr das nun lastenfreie Grundstück einschließlich des Wohngebäudes.
 
Nach Urteil des Finanzgerichts (FG) habe sich der Wertzuwachs wirtschaftlich betrachtet nicht im Grundstück vollzogen, sondern in einem daneben bestehenden und auf dem Grundstück dinglich lastenden Recht. Damit sah das FG in der Veräußerung des Grundstücks kein privates Veräußerungsgeschäft, da es an der „Nämlichkeit“ zwischen dem von den Klägern erbbaubelasteten angeschafften Grundstück und dem ohne diese Belastung veräußerten Grundstück fehle. Die sogenannte Nämlichkeit sieht eine wirtschaftliche Identität zwischen dem angeschafften und dem veräußerten Wirtschaftsgut vor. Maßgebliche Kriterien hierfür sind nach Auffassung des BFH die Gleichartigkeit, Funktionsgleichheit und Gleichwertigkeit. Da das zum Zeitpunkt der Anschaffung mit dem Erbbaurecht belastete – und damit wertgeminderte – Grundstück zum Zeitpunkt der Weiterveräußerung gelöscht war, ist hier keine vollumfängliche wirtschaftliche Identität im Sinne einer „Gleichwertigkeit“ des Grundstücks gegeben. Von einer wirtschaftlichen Identität kann nur insoweit ausgegangen werden, als das angeschaffte (belastete) Wirtschaftsgut in dem veräußerten (unbelasteten) Wirtschaftsgut aufgegangen ist. Die Notwendigkeit der Nämlichkeit ist somit nur teilweise gegeben. Der Ermittlung des Gewinns ist daher auch nur der anteilige Veräußerungspreis zugrunde zu legen, der wirtschaftlich gesehen auf das Grundstück im belasteten Zustand entfällt.
 
Der BFH beschließt, das FG-Urteil aufzuheben, da es die wirtschaftliche Teilidentität zwischen angeschafftem und veräußertem Grundstück und damit ein privates Veräußerungsgeschäft nach § 22 Nr. 2 in Verbindung mit § 23 EStG verneint hat. Der BFH verweist das Verfahren zur weiteren Aufklärung an das FG zurück. Hier ist im weiteren Rechtsgang die Höhe des Gewinns festzustellen; er ist gegebenenfalls im Schätzungswege zu ermitteln.

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Frank Dißmann

Diplom-Kaufmann, Steuerberater

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