Zertifizierter Verwalter ab Dezember 2023 – Was gilt in den Gemeinschaften der Wohnungseigentümer (GdWE) zu beachten?

PrintMailRate-it

veröffentlicht am 1. August 2023




Mit der WEG-Reform 2020 hat der Gesetzgeber die Vorschrift zum zertifizierten Verwalter eingeführt. Diese Vorschrift regelt, dass die Wohnungseigentümer die Bestellung eines zertifizierten Verwalters verlangen können. Die Wohnungseigentümer sollten ursprünglich ab dem 1.12.2022 einen Anspruch darauf haben. Die Frist wurde um ein Jahr auf den 1.12.2023 verlängert.

Was aber versteht man unter einem „zertifizierten” Verwalter und welche Auswirkungen hat diese neue Vorschrift auf bestehende Gemeinschaften der Wohnungseigentümer mit Verwaltern?


Der zertifizierte Verwalter, der neu in das WEG-Gesetz eingefügt wurde, sorgt sowohl bei den Gemeinschaften der Wohnungseigentümer als auch bei den Verwaltungen für große Unsicherheit und vielerlei Fragezeichen. Es stellen sich hierbei insbesondere die folgenden Fragen: Wer muss sich zertifizieren lassen? Gilt dies auch für die Selbstverwaltung von GdWEs? Was passiert, wenn die WEG keinen zertifizierten Verwalter hat? 

Ausgangslage: Verwalter von Wohnungseigentum

In Gemeinschaften von Wohnungseigentümern kann von den Eigentümern ein Verwalter bestellt werden, der die umfassende Verwaltung des gemeinschaftlichen Eigentums übernimmt. Die Sondereigentumsverwaltung der Eigentumswohnungen übernehmen die jeweiligen Eigentümer dabei selbst, die Aufgabe der WEG-Verwaltung beschränkt sich ausschließlich auf die Verwaltung des Gemeinschaftseigentums. Das Wohnungseigentumsgesetz nennt umfangreiche Aufgaben, die als unverzichtbare Grundlage einer ordnungsgemäßen Verwaltung dienen. Zusätzlich übernimmt der WEG-Verwalter weitere Aufgaben, die sich aus dem Verwaltervertrag ergeben. Der Verwalter ist Vertreter der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer und in erster Linie Zustellungsorgan unabhängig davon, ob die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer aktiv klagt oder diese von einem Wohnungseigentümer oder einem außenstehenden Dritten verklagt wird.

Grundsätzlich darf jeder als WEG-Verwalter tätig sein, der Inhaber einer Gewerbeerlaubnis ist. Voraussetzung für den Erhalt einer Gewerbeerlaubnis ist dabei eine gewerberechtliche Zuverlässigkeit und ein sauberes Führungszeugnis. Ein Sachkundenachweis wurde und wird weiterhin nicht vorausgesetzt. 

Neu: Zertifizierter Verwalter – Was wird darunter verstanden?

Ab dem 1.12.2023 darf jeder Wohnungseigentümer verlangen, dass ein zertifizierter Verwalter bestellt wird. Ein zertifizierter Verwalter ist jemand, der vor einer Industrie- und Handelskammer durch eine Prüfung nachgewiesen hat, dass er über die rechtlichen, kaufmännischen und technischen Kenntnisse verfügt, die für die Tätigkeit als Verwalter notwendig sind. Im Grunde sollen mit der Zertifizierung die fachlichen Fähigkeiten des GdWE-Verwalters sichergestellt werden.

Die Prüfung zum zertifizierten Verwalter und deren Inhalte sowie Ausnahmen sind in der Verordnung über die Prüfung zum zertifizierten Verwalter nach dem Wohnungseigentumsgesetz (ZertVerwV) geregelt. Diese Verordnung ist mit Wirkung zum 17.12.2021 in Kraft getreten. Mit ihr hat der Gesetzgeber die Inhalte und den Ablauf der vor der IHK abzulegenden Prüfung definiert. 

Zu den wesentlichen Themen, die Gegenstand der Prüfung zum zertifizierten Verwalter sind, gehören rechtliche Grundlagen wie Wohnungseigentumsrecht und Mietrecht. Das Wohnungseigentumsrecht ist Pflichtbestandteil der mündlichen Prüfung.

Die Verordnung regelt unter anderem auch die Ausnahmen von der Prüfungspflicht. Danach wird einem zertifizieren Verwalter gleichgestellt, wer

  • die Befähigung zum Richteramt (Juristen, Volljuristen, Rechtsanwälte u. a.),
  • eine abgeschlossene Berufsausbildung zur Immobilienkauffrau oder zum Immobilienkaufmann, zur Kauffrau oder zum Kaufmann in der Grundstücks- und Wohnungswirtschaft, 
  • einen anerkannten Abschluss geprüfter Immobilienfachwirt/geprüfte Immobilienfachwirtin oder
  • einen Hochschulabschluss mit immobilienwirtschaftlichem Schwerpunkt 

besitzt.

Die genannten Berufsgruppen müssen sich keiner Prüfung unterziehen. Sie können sich ohne Prüfung als „zertifizierter Verwalter” bezeichnen.

Weiterbildungspflicht

Für Immobilienverwalter besteht seit 2018 eine Fortbildungspflicht. Diese Pflicht entfällt nicht mit der Zertifizierung, sodass auch zertifizierte Verwalter 20 Stunden Fortbildung innerhalb von drei Jahren erbringen müssen. 

Ist die Bestellung eines zertifizierten Verwalters Pflicht?

Das Wohnungseigentumsgesetz beinhaltet in den §§ 19, 26a und 48 WEG die wesentlichen Vorschriften zum sog. zertifizierten Verwalter.

Eine allgemeine Pflicht zur Bestellung eines zertifizierten WEG-Verwalters besteht nicht. Solch eine Pflicht ist auch den oben genannten Vorschriften nicht zu entnehmen. Nach dem Wohnungseigentumsgesetz gehört die Bestellung eines zertifizierten Verwalters jedoch zur ordnungsgemäßen Verwaltung des gemeinschaftlichen Eigentums. Grundsätzlich haben Wohnungseigentümer demnach einen Anspruch auf die Bestellung eines zertifizierten Verwalters. Dies kann dazu führen, dass einzelne Wohnungseigentümer der GdWE den Beschluss über die Bestellung eines Verwalters, der nicht zertifiziert ist, anfechten und einen zertifizierten Verwalter als Teil der ordnungsgemäßen Verwaltung verlangen können. Zu beachten gilt hierbei aber zwingend die Anfechtungsfrist von einem Monat nach der Eigentümerversammlung. Wird die Frist versäumt und der Beschluss nicht rechtzeitig angefochten (sog. Beschlussanfechtungsklage), bleibt der Beschluss bestandskräftig. Das bedeutet, dass der bestellte, nicht zertifizierte Verwalter, auch weiterhin bestellt bleibt. 

Eine Ausnahme besteht für Kleingemeinschaften in Eigenverwaltung. In solchen Gemeinschaften dürfen einzelne Wohnungseigentümer keinen zertifizierten Verwalter verlangen. Das bedeutet, dass ein Anspruch auf die Bestellung eines zertifizierten Verwalters nicht besteht. Die konkreten Voraussetzungen regelt das Wohnungseigentumsgesetz. Danach gehört die Bestellung eines zertifizierten Verwalters nicht zur ordnungsgemäßen Verwaltung und Benutzung des gemeinschaftlichen Eigentums, wenn weniger als neun Sondereigentumsrechte bestehen, ein Wohnungseigentümer zum Verwalter bestellt wurde und weniger als ein Drittel der Wohnungseigentümer die Bestellung eines zertifizierten Verwalters verlangen. Der bestellte Wohnungseigentümer darf die Verwaltung dann auch weiterhin ohne eine Zertifizierung übernehmen. Ob die GdWE weniger als neun Sondereigentumseinheiten aufweist oder nicht, kann der Teilungserklärung entnommen werden. 

Eine weitere Ausnahme soll für Verwalter gelten, die zwar nicht über ein Zertifikat verfügen, aber das Vertrauen der Wohnungseigentümer besitzen. Hiervon geht zumindest der Rechtsausschuss des Deutschen Bundestages aus. Ob und wie sich diese Ausnahme in der Praxis rechtlich durchsetzen lässt, wird sich noch zeigen.

Übergangsfrist

Für Verwalter, die bei Inkrafttreten der WEG-Reform zum 1.12.2020 bereits zum Verwalter einer GdWE bestellt waren, gilt eine verlängerte Übergangsfrist. Diese gelten, auch ohne die erforderliche Prüfung, bis zum 1.6.2024 gegenüber den Wohnungseigentümern dieser Gemeinschaften als zertifizierte Verwalter. Sie können also vorerst weiter die ordnungsgemäße Verwaltung vornehmen und genießen sog. Bestandsschutz. Ab dem 1.6.2024 müssen dann aber alle Verwalter, die größere Einheiten betreuen und nicht von der Prüfpflicht befreit sind, die Prüfung vor der Industrie- und Handelskammer abgelegt haben. Andernfalls besteht ein Bestellungshindernis bzw. ein Abberufungsgrund.

Fazit

Ab dem 1.12.2023 müssen Verwalter und Gemeinschaften der Wohnungseigentümer zwingend die Vorschriften und Regelungen zum sog. zertifizierten Verwalter beachten. Zwar besteht keine Pflicht dahingehend, dass GdWEs von einem zertifizierten Verwalter verwaltet werden müssen. Die Wohnungseigentümer haben jedoch einen Anspruch darauf. Eine Bestellung eines nicht zertifizierten Verwalters beinhaltet daher das Risiko, dass ein Wohnungseigentümer innerhalb eines Monats eine Beschlussanfechtungsklage erheben kann. Vor der Erhebung der Beschlussanfechtungsklage sollte aber zwingend geprüft werden, ob die Anfechtungsfrist noch eingehalten werden kann und der Anspruch auf die Bestellung eines zertifizierten Verwalters tatsächlich besteht. 




AUS DEM NEWSLETTER

​​​​​​​Fokus Immobilien

Kontakt

Contact Person Picture

Tugba Caglar

Rechtsanwältin

+49 911 9193 1810

Anfrage senden

Profil

Befehle des Menübands überspringen
Zum Hauptinhalt wechseln
Deutschland Weltweit Search Menu