Falschberatung des Architekten mit weitreichenden Folgen

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veröffentlicht am 27. August 2014

von Tanja Nein

 

Der Bundesgerichtshof (BGH) stellte mit Urteil vom 10. Juli 2014 (Az.: VII ZR 55/13) klar, dass der Architekt bereits bei der Grundlagenermittlung verpflichtet ist, die Wünsche des Bauherrn mit diesem zu besprechen und ihn entsprechend über die Umsetzbarkeit zu beraten. Kommt er dieser Pflicht nicht oder nur schlecht nach und investiert der Bauherr aufgrund falscher Beratung in ein Gebäude, das er eigentlich nicht haben will, ist der Architekt zum Schadenersatz verpflichtet. Der Schaden kann dabei die Kosten der Planung, der Vorbereitung und des Abrisses umfassen.

 

Sachverhalt

Der Bauherr wollte ursprünglich ein eingeschossiges Wohnhaus bauen lassen. Der Architekt teilte ihm fälschlicherweise mit, in dem betreffenden Baugebiet sei nur eine zweigeschossige Bebauung zulässig. Der Bauherr ließ daraufhin sein Gebäude mit zwei Geschossen planen und bis zum Dachstuhl auch errichten. Bei der Bauausführung traten dann zudem noch Mängel auf, die den Bauherrn veranlassten, den Bau zu stoppen, den Vertrag mit dem Architekten zu kündigen und den Rohbau abreißen zu lassen. Vom Architekten verlangt er alle Kosten dafür als Schadensersatz erstattet.
 

Entscheidungsgründe des BGH

Bereits bei der Grundlagenermittlung (Leistungsphase 1) hat der Architekt den Besteller hinsichtlich der Genehmigungsfähigkeit des Bauvorhabens vollständig und richtig zu beraten. Dies hat der Architekt im vorliegenden Fall nicht getan. Der Bauherr wünschte ein eingeschossiges Wohnhaus, der Architekt hielt lediglich ein zweigeschossiges Gebäude für genehmigungsfähig; dies entsprach aber nicht den tatsächlichen baurechtlichen Gegebenheiten vor Ort. Der Bauherr hat sich deshalb auf die Errichtung des zweigeschossigen Gebäudes eingelassen, das er eigentlich nicht wollte.
 
Der BGH stellt fest, dass die von dem Architekten erbrachte Planungsleistung deshalb mangelhaft war, weil diese nicht den Planungsanforderungen und Zielvorstellungen des Bauherrn entsprach; die Vorstellungen des Bauherrn wären jedoch entgegen der fehlerhaften Angabe durchaus umsetzbar gewesen. Nur aufgrund der falschen Beratung des Architekten ließ der Bauherr sich auf die Errichtung eines Gebäudes ein, das er so nicht haben wollte. Damit ist ihm ein Schaden entstanden. Dieser besteht darin, dass er Aufwendungen für ein Gebäude tätigt, das er ohne die mangelhafte Grundlagenermittlung des Architekten und die darauf beruhende Planung so nicht hätte errichten lassen. „Der Besteller kann als Schadensersatz vom Architekten diejenigen Kosten erstattet verlangen, die ursächlich auf die mangelhafte Planungsleistung zurückzuführen sind. Hierzu gehören neben dem an den Architekten gezahlten Honorar und den aufgewendeten Baukosten auch die Kosten, die der Besteller zur Beseitigung des von ihm ursprünglich nicht gewollten Gebäudes aufwendet. Ein noch nicht erfüllter Honoraranspruch des Architekten entfällt.“
 
Bei der Beurteilung spielte für den BGH keine Rolle, dass der Bauherr sich mit der Errichtung des zweigeschossigen Hauses schließlich einverstanden erklärt hatte. Ausgangspunkt für die Beurteilung eines Mangels ist die geschuldete Leistung. Gegenstand des Vertrages zwischen dem Bauherrn und dem Architekten war das vom Bauherrn gewünschte eingeschossige Gebäude auf seinem Grundstück; von dieser Vorgabe ist der Bauherr nur abgerückt, weil er vom Architekten falsch beraten wurde. Durch einen solchen Fehler des Architekten hat sich aber der ursprüngliche Vertragsinhalt nicht verändert, der Bauherr hätte noch immer ein eingeschossiges Haus gewollt, wäre er richtig aufgeklärt worden. Die Leistung des Architekten ist mangelhaft, die mangelhafte Planung hat sich darüber hinaus sogar bereits im Gebäude manifestiert. Eine mangelhafte Leistung muss der Bauherr also weder bezahlen, noch behalten.
 
Vergleichbar mit diesem Sachverhalt sind die häufig von ausführenden Unternehmen geäußerten Ansichten, die Bauherren hätten Änderungsvorschläge oder Pläne freigegeben oder sich damit einverstanden erklärt, sodass die geänderte Ausführung keinen Mangel darstellen könne. Auch das ist falsch.
 
Bauherren sollten sich hier nicht abspeisen lassen, sondern gerade in Fällen von falscher Beratung ihre Ansprüche genau prüfen und gegebenenfalls durchsetzen. Wie die Entscheidung des BGH zeigt, ist bei konsequenter Rechtsanwendung hier vieles möglich, was man auf den ersten Blick für eher unwahrscheinlich gehalten hätte. 
 

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Dr. Julia Müller

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