Gründung eines MVZ vor dem Hintergrund der Änderung des § 95 SGB V durch das Terminservice- und Versorgungsgesetz

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veröffentlicht am 17. Juni 2019

 

Mit dem Terminservice- und Versorgungsgesetz wurde fachfremden privaten Investoren die Gründung von MVZ erschwert. § 95 Absatz 1a SGB V sieht für Erbringer nichtärztlicher Dialyseleistungen das zusätzliche Erfordernis eines Fachbezugs zum MVZ vor. Des Weiteren wurde mit einem neu eingefügten Absatz 1b die Möglichkeit zur Gründung eines zahnärztlichen MVZ vom Versorgungsanteil des Krankenhausträgers abhängig gemacht.

 

Das Terminservice- und Versorgungsgesetz (TSVG) soll eine schnellere Terminvergabe für gesetzlich Versicherte und eine verbesserte Versorgung in ländlich geprägten Regionen sicherstellen. In diesem Gesetz sind auch Neuregelungen für die Gründung von Medizinischen Versorgungszentren (MVZ) enthalten. Hintergrund ist die Entwicklung der letzten Jahre, in denen MVZ zunehmend von fachfremden Investoren aus Kapitalanlageinteressen gegründet wurden. Mit der Absicht der Sicherstellung der Unabhängigkeit medizinischer Entscheidungen von finanziellen Gesichtspunkten beschränkte der Gesetzgeber bereits im Jahr 2012 durch das GKV-Versorgungsstrukturgesetz den gründungsberechtigten Personenkreis von MVZ.

 

Dieses Gesetz ermöglichte allerdings auch, dass Kapitalinvestoren und Private-Equity-Fonds ohne fachlich-medizinischen Bezug zur vertragsärztlichen Versorgung über einen Aufkauf berechtigter Leistungserbringer beliebig viele, auch fachfremde, MVZ gründen konnten. Plankrankenhäuser und Erbringer nichtärztlicher Dialyseleistungen stellten dabei die bevorzugt erworbenen Leistungserbringer dar. Die Einbeziehung letzterer in den Kreis der gründungsberechtigten Personen durch das GKV-Versorgungsstrukturgesetz hat sich demnach in dieser Hinsicht nicht bewährt. Der Erwerb von gründungsberechtigten Leistungserbringern eröffnete den Investoren einen unbegrenzten Zugang zur vertragsärztlichen Versorgung. Mit der Änderung von § 95 SGB V durch das TSVG soll dieser Entwicklung entgegengewirkt werden.

 

§ 95 Absatz 1a SGB V enthält in der Neufassung zusätzliche Regelungen für Erbringer nichtärztlicher Dialyseleistungen nach § 126 Abs. 3 SGB V hinsichtlich der Gründung von MVZ. Diese gehören zwar weiterhin zum Kreis der gründungsberechtigten Personen, allerdings mit der Einschränkung, dass sie nur zur Gründung fachbezogener MVZ berechtigt sind. Ein Fachbezug ist auch gegeben, wenn Leistungen zur Versorgung erbracht werden, die über die klassische Behandlung von Nierenerkrankungen hinausgehen. Damit sind Behandlungen gemeint, die Dialysepatienten eine ganzheitliche ärztliche Behandlung von Grund- und Begleiterkrankungen, die ihrem besonderen Bedarf gerecht wird, zuteilwerden lassen.

 

Dies ist aufgrund des komplexen Versorgungsbedarfs von Dialysepatienten notwendig, denn sie leiden meist unter multiplen Erkrankungen. Sie benötigen in der Regel hausärztliche, nephrologische, kardiologische, diabetologische, urologische, geriatrische und pflegerische Versorgung. Ein MVZ muss diesen besonderen Versorgungsbedarf der Patienten abbilden und sämtliche damit zusammenhängenden medizinischen Leistungen erbringen können und dürfen. Zusätzlich wurde der Gründerkreis von MVZ um anerkannte Praxisnetze nach § 87b Abs. 2 Satz 3 SGB V erweitert. Damit wird diese Form der Zusammenschlüsse weiter gestärkt, was positiv zu bewerten ist, da solche Netzstrukturen einen wesentlichen Beitrag zur Sicherstellung der Versorgung speziell im ländlichen Raum leisten.

 

Für die Gründung von MVZ in Krankenhausträgerschaft sahen die im ursprünglichen Entwurf des TSVG beabsichtigten Regelungen das Erfordernis eines medizinisch-fachlichen Bezugs zum Versorgungsauftrag und einer räumlichen Nähe des MVZ vor. Demnach sollten Krankenhäuser nur zur Gründung berechtigt sein, wenn sie innerhalb des entsprechenden Bedarfsplanungsbereichs liegen, in dem das MVZ seinen Sitz hat und sie in dessen Fachgebiet stationär tätig sind.

 

Diese Beschränkungen wurden im endgültigen Gesetzesentwurf nur für zahnärztliche MVZ und nur teilweise aufgenommen. Damit folgte der Gesetzgeber der Forderung der kassenzahnärztlichen Vereinigung, der Bundeszahnärztekammer und des Freien Verbandes deutscher Zahnärzte e. V. nach zusätzlichen Beschränkungen für die Gründung von zahnärztlichen MVZ durch private Investoren ohne fachlich-medizinischen Bezug.

 

Der in § 95 SGB V neu eingefügte Absatz 1b schränkt den Gründerkreis von zahnärztlichen MVZ nicht ein und fordert auch keinen Fachbezug des gründenden Krankenhauses zur zahnmedizinischen Versorgung. Dies würde gegen die Absicht des Gesetzgebers zur Sicherstellung der ärztlichen Versorgung in ländlich geprägten Räumen wirken.

 

Aus diesem Grund soll dem Überhang an zahnärztlichen MVZ in bestimmten Gebieten mit der Gründungserfordernis zur Wahrung von Obergrenzen bei den Versorgungsanteilen an der vertragszahnärztlichen Versorgung entgegengewirkt werden. Dieser umfasst dabei den gesamten  Versorgungsanteil, den das Krankenhaus mit dem neu gegründeten MVZ erhält. Die Abgrenzung erfolgt anhand des Versorgungsgrads der Planungsbereiche der kassenzahnärztlichen Vereinigung:

 

  • Unterversorgte Planungsbereiche (Versorgungsgrad unter 50 Prozent): Zulässiger Versorgungsanteil 20 Prozent
  • Bedarfsgerecht versorgte Planungsbereiche (Versorgungsgrad 50 bis 109,99 Prozent): Zulässiger Versorgungsanteil 10 Prozent
  • Überversorgte Planungsbereiche (Versorgungsgrad über 110 Prozent): Zulässiger Versorgungsanteil 5 Prozent
  • Zusätzlich besteht in schlecht, aber bedarfsgerecht versorgten Planungsbereichen mit einem Versorgungsgrad zwischen 50 und 99,9 Prozent eine Mindestgründungsberechtigung in Höhe von 5 Vertragsarztsitzen oder Anstellungen.

 

Die Regelungen des TSVG zur Gründung von MVZ sind am 11. Mai 2019 in Kraft getreten. Bereits bestehenden MVZ wird dabei Bestandschutz gewährt. Die Nachbesetzung von Vertragszahnarztsitzen oder Anstellungen kann somit uneingeschränkt erfolgen. Bei einer Expansionsabsicht durch Anstellung zusätzlicher Vertragszahnärzte gelten die neuen Regelungen allerdings auch für bestehende MVZ.

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Antonia Schemmel

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