Verfahrensdokumentation – Die verkannte Notwendigkeit

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​veröffentlicht am 18. Oktober 2021

 

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„Die Verfahrensdokumentation nach GoBD dient dazu, nachweisen zu können, dass die Anforderungen des Handelsgesetzbuches und der Abgabenordnung für die Erfassung, Verbuchung, Verarbeitung, Aufbewahrung und Entsorgung von Daten und Belegen erfüllt ist.”


Was auf Wikipedia relativ unscheinbar formuliert ist, kann nach unserem Dafürhalten das nächste scharfe Schwert der Finanzverwaltung im Rahmen von steuerlichen Außenprüfungen werden. Die Verpflichtung zur Erstellung und laufenden Aktualisierung von Verfahrensdokumentationen ergibt sich direkt aus den Grundsätzen zur ordnungsgemäßen Führung und Aufbewahrung von Büchern, Aufzeichnungen und Unterlagen in elektronischer Form sowie zum Datenzugriff, den GoBD. Diese sind verpflichtend von jedem Unternehmer in Deutschland anzuwenden, egal ob Großkonzern, Mittelständler, Einzelunternehmer oder gemeinnützige Organisation. Im Rahmen dieses Artikels möchten wir Ihnen einen Einblick in die Grundlagen dieses oft verkannten Themas bieten sowie die damit einhergehenden Risiken, aber auch Chancen darlegen.

 

Rechtliche Grundlagen

Bereits im Rahmen des umfangreichen Schreibens vom 14.11.20141 zu den „neuen Grundsätzen der ordnungsgemäßen Buchführung” hat das Bundesministerium der Finanzen (BMF) die Verfahrensdokumentation als Grundlage für eine gesetzeskonforme Buchführung aufgenommen. Die Grundsätze dieses Schreibens galten für Veranlagungszeiträume, die nach dem 31.12.2014 begonnen haben.


Somit besteht in der Regel bereits seit dem Jahr 2015 im Rahmen der steuerlichen Buchführungs- und Aufzeichnungspflichten die Notwendigkeit zur Erstellung einer Verfahrensdokumentation für DV-Systeme. Es handelt sich insoweit um keine neue Thematik. Noch heute wird das Thema in der Praxis an vielen Stellen unterschätzt. Mit Datum vom 28.11.2019 veröffentlichte das BMF ein überarbeitetes Folgeschreiben, das das vorangegangene Schreiben vom 14.11.2014 ersetzt und mit Wirkung zum 1.1.2020 in Kraft trat.2 Im Rahmen dieses Schreibens wurden die Grundsätze zur ordnungsmäßigen Führung und Aufbewahrung von Büchern, Aufzeichnungen und Unterlagen in elektronischer Form sowie zum Datenzugriff (kurz: GoBD) weiterentwickelt und insbesondere an die neuen technischen Gegebenheiten angepasst.


Durch die stetige Weiterentwicklung der Grundsätze und vor allem die Erweiterung um den elektronischen Datenzugriff versteht sich die Finanzverwaltung als Treiber der Digitalisierung. Hierbei werden bereits bestehende Regelungen zur Buchführungs- und Archivierungspflicht von Geschäftsdokumenten in Papierform Zug um Zug auf elektronische Dokumente ausgeweitet. Die Erfüllung der besonderen gesetzlichen Anforderungen an eine GoBD-konforme Software und Belegerfassung rückt zukünftig verstärkt in den Fokus von Betriebsprüfungen.


Die Verantwortung der Ordnungsmäßigkeit liegt hierbei beim Steuerpflichtigen und ist nicht delegierbar. Aus dem BMF-Schreiben lässt sich als Kriterium für die GoBD-Konformität der Buchführung unter anderem die Erstellung und Aufbewahrung einer Verfahrensdokumentation ableiten.


Was ist eine Verfahrensdokumentation?

Eine Verfahrensdokumentation dient im Wesentlichen als Nachweis über die Einhaltung der Grundsätze der ordnungsgemäßen Buchführung im Unternehmen. In Bezug auf die eingesetzten DV-Systeme fordert das BMF eine Verfahrensdokumentation, in Bezug auf übrige Verfahren ist eine solche sicherlich zu empfehlen. Das Bundesministerium gibt dabei keine formale Gestaltung vor. Vielmehr kann jeder Unternehmer selbst entscheiden, wie er die Dokumentation nach den eigenen unternehmensinternen Bedürfnissen erstellt.


Die Verfahrensdokumentation beschreibt dabei den organisatorisch und technisch gewollten Prozess, z. B. bei elektronischen Dokumenten von der Entstehung der Information über die Indizierung, Verarbeitung und Speicherung, dem eindeutigen Wiederfinden und der maschinellen Auswertbarkeit, der Absicherung gegen Verlust und Verfälschung und der Reproduktion.


Die notwendigen Inhalte

Mit Blick auf den notwendigen Inhalt gibt das Bundesministerium für Finanzen vor, dass eine DV-Verfahrensdokumentation in der Regel aus

  • einer allgemeinen Beschreibung,
  • einer Anwenderdokumentation,
  • einer technischen Systemdokumentation sowie
  • einer Betriebsdokumentation

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Für die Praxis kann es zudem empfehlenswert sein, u. a. folgende Inhalte im Rahmen der einzelnen Gliederungsabschnitte aufzunehmen:

  • eine Unternehmensbeschreibung 
  • Nachweis der Mitarbeiterqualifikationen
  • Arbeits- und Organisationsanweisungen
  • vom Softwarehersteller bereitgestellte Handbücher und Schulungsunterlagen
  • Beschreibung der IT-unterstützenden Aufgabenbereiche
  • Aufgaben der eingesetzten Datenverarbeitungssysteme, Programme, Module und Infrastrukturkomponenten
  • Auflistung der Schnittstellen
  • programminterne Vorschriften zur Generierung der Buchungen
  • Beschreibung der technischen Verarbeitungsregeln
  • Auflistung und Beschreibung der erzeugten Protokolle
  • Datensicherungen und Notfallszenarien

 

Der Unternehmer hat für den gesamten Zeitraum der steuerlichen Aufbewahrungsfrist zu gewährleisten, dass das in der Dokumentation beschriebene Verfahren dem in der Praxis eingesetzten Verfahren voll entspricht. Hierbei gilt es auch zu beachten, dass die Verfahrensdokumentation ebenfalls unter die steuerlichen Aufbewahrungspflichten und -fristen fällt. Die Aufbewahrungsfrist für die Verfahrensdokumentation läuft jedoch nicht ab, soweit und solang die Aufbewahrungsfrist für die Unterlagen noch nicht abgelaufen ist, zu deren Verständnis sie erforderlich ist.


Ausgewählte Einzelfragen

Gibt es Befreiungen?

Ein klares Nein! Durch die Ausweitung der GoBD auch auf steuerliche Aufzeichnungen betreffen die Vorschriften nicht nur buchführungspflichtige Unternehmer, sondern auch solche, die ihren Gewinn nach Einnahmen-Überschuss-Rechnung ermitteln. Auch kennen die GoBD keine Befreiungen oder Erleichterungen für „kleine” Unternehmer.


Trägt der Unternehmer nur einen einmaligen Erstellungsaufwand?

Ebenfalls ein klares Nein! Da die Verfahrensdokumentation wie vorstehend beschrieben die tatsächliche und gelebte Praxis schriftlich und nachprüfbar abbilden soll, ist die Verfahrensdokumentation dementsprechend auch an sich ändernde Sachverhalte anzupassen. Die Änderungen müssen hierbei historisch nachvollziehbar sein, was der Unternehmer am besten durch eine Versionisierung seiner Verfahrensdokumentation erreicht.


Wer kann helfen?

Wir verfügen über eine ausgeprägte Expertise im Bereich der Erfordernisse der GoBD und der steuerlich geforderten Dokumentationen und unterstützen Sie gerne bei der konkreten Ausgestaltung Ihrer Verfahrensdokumentationen, in Abhängigkeit von der Komplexität Ihrer Geschäftstätigkeit und der Organisationsstruktur sowie der eingesetzten EDV-Systeme.


Fazit: Die Verfahrensdokumentation als Chance

Auch wenn die Erstellung und laufende Aktualisierung der steuerlich notwendigen Verfahrensdokumentation sicherlich einen nicht unerheblichen Aufwand bedeutet, sollten Unternehmer die Verfahrensdokumentation nicht als notwendiges Übel, sondern auch als Chance betrachten. Denn durch die Dokumentation ergibt sich so die Möglichkeit, Schwachstellen im Geschäftsprozess oder im organisatorischen Ablauf zu entdecken und zu beheben. Auch ist die Verfahrensdokumentation (in Auszügen) eine hervorragende Anleitung für neue Kollegen, um die Arbeitsweise im Bereich der Buchführung kennenzulernen.


Und nicht zuletzt kann die Verfahrensdokumentation auch als längst überfälliger Einstieg in den Digitalisierungsprozess verstanden werden, weil sie aufzeigen kann, wo im Unternehmen die Digitalisierung noch hakt und wo sie verbesserungsfähig ist. 

 

________________________________________

1 BMF-Schreiben vom 14.11.2014 (GZ: IV A 4 - S 0316/13/10003).
2 BMF-Schreiben vom 28.11.2019 (GZ: IV A 4 - S 0316/19/10003 : 001).
3 Vgl. BMF-Schreiben vom 28.11.2019, RZ 153.

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