Pflegebudget – Aktuelle Änderungen und Hinweise

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​veröffentlicht am 18. Oktober 2021, Autorin: Christiane Kraus

 

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Die Rahmenbedingungen zur Ermittlung des Pflegebudgets ändern sich stetig. Neben klärenden Schiedsstellenentscheiden hat sich nun auch der Gesetzgeber des Themas noch einmal angenommen und mit dem Gesundheitsversorgungsweiterentwicklungsgesetz einige gravierende Änderungen auf den Weg gebracht. Wir stellen Ihnen die wichtigsten Änderungen sowie weitere wichtige Sachverhalte im folgenden Text dar.

 

Das Pflegebudget ist seit seiner Einführung in einem ständigen Wandel. Nun trat als neueste Änderung das Gesetz zur Weiterentwicklung der Gesundheitsversorgung (Gesundheitsversorgungsweiterentwicklungsgesetz – GVWG) am 20.7.2021 in Kraft. Dieses Gesetz hat neben weiteren Thematiken auch die Anpassung des Pflegebudgets im Blick. Soweit noch keine Vereinbarung für das Jahr 2020 zwischen dem Krankenhausträger und den Kostenträgern bis zum 20.7.2021 erfolgte, gelten die Änderungen des GVWGs auch rückwirkend für das Pflegebudget 2020.


Konkret werden folgende Regelungen durch das GVWG getroffen:

1. Nutzung der Anlage der zweiten Änderungsvereinbarung

Die Anwendung der aktuellen Anlagen ist somit keine Empfehlung mehr, sondern, sollte noch keine Vereinbarung vorliegen, auch für das Jahr 2020 verbindlich anzuwenden. In diesen Anlagen werden die Rubriken „Sonstige Berufe” und „Ohne Berufsausbildung” detaillierter behandelt. Somit fallen aus diesen Rubriken die Medizinischen Fachangestellten, anästhesietechnischen Assistenten, Notfallsanitäter sowie Pflege- und Sozialassistenten und können vollständig angesetzt werden, solange diese Berufsgruppen typisch pflegerische Tätigkeiten erbringen.

 

2. Ansatz der gesamten Pflegevollkräfte und Pflegepersonalkosten

Nach § 6a Abs. 3 Nr. 1 und 2 KHEntgG sind nun die jahresdurchschnittliche Stellenbesetzung der Pflegevollkräfte sowie die Pflegepersonalkosten insgesamt, gegliedert nach Berufsbezeichnungen, anzugeben. Dies bedeutet, dass keine Nebenrechnungen vorab auf Basis von Kostenstellen durchgeführt werden dürfen. Es sind somit alle Abzugspositionen, die das jeweilige Haus betreffen, in den dafür vorgesehenen Positionen zu befüllen. Eine Abgrenzung des Personals, das nicht im Anwendungsbereich des KHEntgGs tätig ist, erfolgt erst durch den Eintrag in den Zeilen 7 ff der Anlage.


3. Ausweis der Anerkennungspraktikanten

Ausländische Pflegekräfte, die sich in der Anerkennungsphase nach dem Fachkräfteeinwanderungsgesetz befinden, sind nicht in der Rubrik „ohne Berufsabschluss” anzusetzen, sondern entsprechend der behördlichen Bestätigung in der jeweiligen Berufsgruppe zu berücksichtigen. Sie werden dann in der Anlage der pflegebudgetrelevanten Kosten als Davon-Position der jeweiligen Berufsgruppe ausgewiesen.


4. Darlegung zur Abgrenzung von Erstattungen und Zulagen

Unter der neu hinzugefügten Abzugsposition „Sonstiges” sind ausschließlich folgende Erträge und Erstattungen anzusetzen:

  • erhaltene Erträge und Erstattungen von Dritten, wie Mutterschutz (U 2-Verfahren),
  • berufliche Eingliederung,
  • Kurzarbeitergeld,
  • Quarantänemaßnahmen nach § 56 Infektionsschutzgesetz,
  • Corona-Prämie für Pflegekräfte nach § 26a und § 26d KHG,
  • Erstattungen durch die Vereinbarkeit von Pflege, Familie und Beruf nach § 4 Abs. 8a KHEntgG,
  • Hygieneförderprogramm nach § 4 Abs. 9 KHEntgG sowie
  • außertarifliche Tatbestände (bspw. Poolgelder).

 

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5. 2018er-Referenz

In Absatz 2 des § 6a KHEntgG wurde nun auch die 2018er-Referenz des Personals mit sonstigen Berufen und ohne Berufsabschlüsse gesetzlich verankert. Es ist somit die Anzahl der Vollkräfte ohne pflegerische Qualifikation des Jahres 2018 zugrunde zulegen. Der Ansatz von pflegebudgetrelevantem Personal darüber hinaus ist nicht mehr zulässig.

 

6. Prüfung der entfallenden Erlöse des Krankenhauses aus den tagesbezogenen Pflegeentgelten

Es ist nun auch das vereinnahmte Pflegebudget zu testieren. Die auf das Vereinbarungsjahr entfallenden Erlöse des Krankenhauses aus den tagesbezogenen Pflegeentgelten nach § 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 6a KHEntgG sind vom Jahresabschlussprüfer zu prüfen. Es ist künftig dabei zu beachten, dass das jährliche Testat sich nicht nur auf ein Vereinbarungsjahr beziehen kann. Für das Geschäftsjahr 2021 werden mindestens 2 Jahre und für das Jahr 2022 wahrscheinlich sogar 3 Jahre zu testieren sein, da die meisten Krankenhäuser ihr Pflegebudget 2020 nicht bis zum Jahresende 2021 vereinnahmt haben werden. Dabei sind die Pflegeentgeltwerte nach ihren Budgetjahren zu differenzieren. Es muss daher die Möglichkeit geschaffen werden, die Pflegebewertungsrelationen nach genauen Zeiträumen auswerten zu können.


7. Dokumentation

Zur Weiterentwicklung des Entgeltsystems hat der Krankenhausträger eine Dokumentation des vereinbarten Pflegebudgets einschließlich der jahresdurchschnittlichen Stellenbesetzung der Pflegevollkräfte gegliedert nach Berufsbezeichnungen aufzustellen. Aus dieser Dokumentation müssen die Höhe des Pflegebudgets sowie die wesentlichen Rechengrößen zur Herleitung der vereinbarten, im Pflegebudget zu berücksichtigenden Kosten (Pflegepersonalkosten, die pflegeentlastenden Maßnahmen, Ausgleiche für Mehr- und Minderkosten) und der Höhe des Pflegebudgets hervorgehen. Zur Umsetzung der neuen Dokumentationsverpflichtungen in Bezug auf das vereinbarte Pflegebudget werden die Vertragsparteien beauftragt, die bereits geschlossene Vereinbarung nach § 9 Abs. 1 Nr. 8 KHEntgG (Pflegebudgetverhandlungsvereinbarung) um weitere Regelungstatbestände zu ergänzen. Diese Dokumentationsvorgaben sind von den Vertragsparteien auf Ortsebene verbindlich zu verwenden, sobald die Vereinbarung in Kraft getreten ist.


8. Veröffentlichungsverpflichtung durch das InEK

Um Transparenz herzustellen und den Vertragsparteien auf Bundesebene zu ermöglichen, ihrer Berichtspflicht nach § 17b Absatz 4 Satz 9 KHG nachzukommen, wurde die Veröffentlichungspflicht im Satz 6 des § 6a Abs. 3 KHEntgG aufgenommen. Die in den Sätzen 3 und 4 Nummer 1 bis 3 und 5 genannten Angaben des § 6a Abs. 3 KHEntgG sind krankenhausbezogen barrierefrei auf der Internetseite der InEK zu veröffentlichen. Das Krankenhaus hat dabei insbesondere die vereinbarten und die tatsächlich im Pflegebudget zu  berücksichtigenden Daten zur Anzahl der Pflegevollkräfte, untergliedert nach Berufsgruppen, und der Pflegepersonalkosten in geeigneter Form zu veröffentlichen. Eine Veröffentlichung der übermittelten Dokumente ist hingegen nicht zulässig.


Für die Herleitung des Pflegebudgets 2021 sind darüber hinaus noch weitere Sachverhalte und  Abzugspositionen zu beachten.


Außertarifliche Tatbestände

Hierunter fallen einerseits die schon refinanzierten Corona-Prämien nach § 26a und § 26d KHG. Ein besonderes Augenmerk ist hier auf die Prämie nach § 26a KHG zu legen, da einige Häuser einen Teil der Prämie aufgrund von technischen Problemen erst verspätet im Jahr 2021 ausgezahlt haben. Diese refinanzierte Auszahlung ist nun im Pflegebudget 2021 als Abzugsposition zu beachten. Ebenfalls ist die zweite Corona-Prämie nach § 26d KHG nicht im Pflegebudget anzusetzen.


Andererseits müssen auch die ausgezahlten Lohnarten auf außertarifliche Tatbestände geprüft werden. Dies beinhaltet insbesondere Prämien für das Programm „Mitarbeiter werben Mitarbeiter”, außertariflich gezahlte Zulagen, Zielvereinbarungen, Gutachtertätigkeiten und weitere freiwillig ausgezahlte Corona-Prämien etc. Die Lohnarten sind je Haus individuell zu prüfen.

 

Erhaltene Erstattungen

Insbesondere die Erstattungen für Quarantänemaßnahmen nach § 56 Infektionsschutzgesetz wurden zwar im Jahr 2020 schon beantragt, die wenigsten jedoch ausgezahlt. Da das Pflegebudget auf den Liquiditätsfluss abstellt, sind Erstattungen, die erst im Jahr 2021 für das Jahr 2020 eingehen, im Pflegebudget für das Jahr 2021 anzusetzen.


Ebenfalls müssen erhaltene Personalkostenerstattungen von den pflegebudgetrelevanten Kosten abgezogen werden, um eine Doppelfinanzierung zu vermeiden. Wurden zum Beispiel Personalkostenerstattungen zur Arbeitsförderung für Anerkennungspraktikanten nach SGB III § 81 und 82 erhalten, sind diese ebenfalls abzuziehen.


Darlegungen des pflegerischen Anteils

Aus den bisherigen Schiedsstellensprüchen ist ersichtlich, dass der pflegerische Anteil bestimmter Berufsgruppe substantiiert dargelegt werden muss. Dies betrifft insbesondere Berufsgruppen, die von ihrem klassischen Berufsbild primär keine pflegerischen Leistungen absolvieren, wie Physio- oder Ergotherapeuten. Es ist daher essenziell die pflegerischen Anteile detailliert mit Tätigkeitsbeschreibungen zu belegen und den Verhandlungspartnern sowie den Prüfern darzulegen.


Ansatz der Leiharbeitnehmer

Hierbei sollten die erbrachten Stunden der Leiharbeitnehmer dokumentiert werden. Eine Möglichkeit besteht darin, schon unter dem Jahr jegliche Rechnungen bei der Rechnungsprüfung in eine gesonderte Aufstellung aufzunehmen, in der die erbrachten Normalstunden sowie Zuschlagsstunden aufgelistet werden. Eine andere Option ist es, die Leiharbeitnehmer mit im Dienstplanprogramm zu führen und am Ende des Jahres die erbrachten Stunden auszuwerten. Es ist jedoch zu beachten, dass die Dienstplanverantwortlichen auch jegliche Ausfälle eintragen, um die wirklich erbrachten Stunden zu ermitteln.

 

Diese Stunden können sodann mit der internen Nettojahresarbeitszeit in Vollkräfte umgerechnet werden. Die Nettojahresarbeitszeit ergibt sich, indem der Ausfallfaktor des Pflegepersonals berechnet und von der Bruttojahresarbeitszeit abgezogen wird. Im Ausfallfaktor werden Urlaubs-, Krankheitstage sowie andere Ausfälle einbezogen. Ein realistischer Wert liegt für die Nettojahresarbeitszeit bei rund 1.580 Stunden.


Der Leiharbeitnehmer wird sodann entsprechend in den Haustarif eingruppiert. Der ermittelte gesamte Stundenwert, also inklusive der Zuschlagsstunden, wird mit den Bruttopersonalkosten pro Stunde ohne Zuschläge multipliziert. Die Bruttopersonalkosten ergeben sich, indem das Grundentgelt der entsprechenden Tarif- und Entwicklungsstufe mit dem Arbeitgeberanteil addiert wird.


Abgrenzung von Erstattungen durch die deutsche Stiftung für Organspende

Des Weiteren ist zu beachten, dass bei den Erstattungen der Deutschen Stiftung für Organtransplantation geringe Anteile für pflegerische Leistungen erstattet werden können. Sollten somit Transplantationen durchgeführt und pflegerische Leistungen durch die Deutsche Stiftung für Organtransplantation erstattet worden sein, sind diese von den pflegebudgetrelevanten Kosten abzuziehen, um eine Doppelfinanzierung zu vermeiden.


Festlegungen gemäß § 6a Abs. 3 Satz 7 KHEntgG

Die InEK hat Anfang September 2021 mit dem Spitzenverband Bund der Krankenkassen Maßnahmen im Fall einer nicht fristgerechten Vorlage der Bestätigung des Jahresabschlussprüfers festgelegt. Dabei liegt ein Versäumnis vor, wenn die Daten nicht fristgerecht an die InEK übermittelt werden. Eine Datenübermittlung gilt als nicht fristgerecht, wenn keine Daten, unvollständige Daten oder objektiv falsche Daten übermittelt worden sind. Von unvollständigen Daten spricht man, wenn das Testat vom Jahresabschlussprüfer nicht alle Angaben nach § 6a Abs. 3 Satz Nr. 1 bis 5 enthält. Offenkundige Rechenfehler, nachträgliche Korrekturen des Krankenhausträgers oder eine Einschränkung des Jahresabschlussprüfers werden als eine objektiv falsche Datenübermittlung gewertet. Die Rechtsfolgen einer nicht fristgerechten Datenübermittlung sind für ein Krankenhaus erheblich. Die Strafzahlung beträgt mindestens 20.000 Euro und höchstens 400.000 Euro. Des Weiteren veröffentlicht die InEK fortlaufend monatlich aktualisiert auf ihrer Internetseite,  welche Krankenhäuser die Daten im Sinne dieser Festlegung nicht oder nicht fristgerecht übermittelt haben.


Mit dem GVWG steigt der Bürokratisierungsaufwand für die Krankenhäuser weiter an und dies gilt nicht nur für das Pflegebudget. Wir können Ihnen daher nur empfehlen, sich frühzeitig mit der Thematik  auseinanderzusetzen, um sich optimal auf die künftige Testierung vorzubereiten. Die Erstellung eines Leitfadens oder Handbuchs zur Herleitung des Pflegebudgets, was wir auch frühzeitig angeregt hatten, ist mit diesem Gesetz fast unausweichlich, um für die künftigen Verhandlungen bestens vorbereitet zu sein.


Gerne stehen wir Ihnen für weitere Fragen und Unterstützung mit unserem
interdisziplinären Team zur Verfügung.

 

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Quellen
  • Gesetz zur Weiterentwicklung der Gesundheitsversorgung (Gesundheitsversorgungsweiterentwicklungsgesetz
    – GVWG).
  • Festlegungen gemäß § 6a Abs. 3 Satz 7 KHEntgG im Benehmen mit dem Spitzenverband
    Bund der Krankenkassen vom 9.9.2021 (www.g-drg.de).

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Tino Schwabe

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