Vorbereiten auf die CSDDD

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​​​​​​​​​​​​zuletzt aktualisiert am 10. Juli 2024 | Lesedauer ca. 4 Minuten 

  

Nach einem ereignisreichen Gesetzgebungsverfahren wurde am Freitag, den 5. Juli 2024 die Corporate Sustainability Due Diligence Directive (CSDDD) im Amtsblatt der EU​ veröffentlicht. Innerhalb einer zweijährigen Frist muss die Richtlinie nun in nationales Recht umgesetzt werden. Ziel der CSDDD sowie auch des aktuell geltenden Sorgfalts­pflichten­gesetzes (LkSG) ist die Implementierung eines risiko­basierten Sorgfalts­pflichten­systems in Unternehmen, welches Menschenrechts- und Umweltrisiken oder Verstöße in der Lieferkette verhindert, behebt oder zumindest mindert. 

 

Wie können sich deutsche Unternehmen auf die neuen Regelungen vorbereiten und welche Unterschiede zum deutschen Liefer­​kettengesetz zeichnen sich ab?
 

 
 

Anwendungsbereich und Übergangsfristen​

Die CSDDD nimmt neben der Anzahl der Beschäftigten zusätzlich den Jahresumsatz und die Gesellschaftsform eines Unternehmens (OHG, KG, AG, KgA, GmbH) in den Blick. Nur wenn alle drei Kriterien erfüllt sind, fällt ein Unternehmen in den Anwendungsbereich. Drittstaatsunternehmen sind erfasst, sofern ihre Rechtsform vergleichbar ist und sie, ungeachtet ihrer Mitarbeiterzahl, einen unionsweiten Jahresumsatz von 450 Mio. EUR überschreiten. Neu hinzu kommen auch bestimmte Franchise- und Lizenzsysteme. 
Während die genannten zusätzlichen Kriterien wohl dazu führen, dass einige Unternehmen nicht (mehr) in den Anwendungsbereich fallen, werden über Lizenz- und Franchiseverbindungen voraussichtlich einzelne neue Unternehmen sorgfaltspflichtig. 
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Die CSDDD sieht großzügige Übergangsfristen vor und entfaltet ihre volle Geltungskraft in drei Schritten. Wann ein Unternehmen unter den Anwendungsbereich fällt, richtet sich nach dessen Größe:
  • nach drei Jahren für Unternehmen mit mind. 5.000 Mitarbeitenden und Jahresumsatz von mindestens 1,5 Milliarden Euro (voraussichtlich 2027);
  • nach vier Jahren für Unternehmen mit mind. 3.000 Mitarbeitenden und Jahresumsatz von mindestens 900 Mio. Euro (voraussichtlich 2028);
  • nach fünf Jahren für Unternehmen mit mind. 1.000 Mitarbeitenden und Jahresumsatz von 450 Mio. Euro (voraussichtlich 2029).
Letztlich liegt die Gestaltung des Anwendungsbereichs und der Übergangsfristen jedoch in der Gestaltungsfreiheit des deutschen Gesetzgebers. Die CSDDD schreibt insoweit nur ein Mindestmaß vor. 

Den deutschen Vorsprung nutzen​​

Schon jetzt lohnt es sich, die Regelungen der CSDDD im Blick zu haben und die bestehenden Prozesse daran anzupassen, um von Anfang an ein einheitliches Konzept zu etablieren. Die Sorgfaltspflichten nach dem LkSG bieten dabei eine gute Grundlage. Deutsche Unternehmen können die gesammelten Erfahrungen als Vorteil nutzen, um darauf aufzubauen. 

Stärkung der Priorisierung​

Bereits im LkSG ist eine Priorisierung angelegt. Diese wird durch die CSDDD nun weiter gestärkt. Denn der Anwendungsbereich der CSDDD umfasst die gesamte vorgelagerte Lieferkette und bestimmte Teile der nachgelagerten Aktivitätskette und hebt gleichzeitig die Notwendigkeit stärker hervor, dass Unternehmen sich mit den wichtigsten Risiken ihrer Produkte bzw. Dienstleistungen befassen. Da die schwerwiegenden Risiken häufig in der tieferen Lieferkette liegen, legt die EU-Richtlinie einerseits eine anspruchsvollere, zugleich aber stärker priorisierende und weniger bürokratische Herangehensweise nahe. Hier bietet die kommende EU-Regelung für deutsche Unternehmen die Gelegenheit, schlankere, aber effizientere Sorgfaltsprozesse in ihren Lieferketten zu verankern, die sich auf wesentliche Risiken beschränken.

Gebündelte Erfüllung der Sorgfaltspflichten​

Im Sinne der Effektivität ermöglicht die CSDDD eine gebündelte Pflichtenerfüllung bei der Muttergesellschaft, der meist mehr Ressourcen zur Verfügung stehen als ihren Tochtergesellschaften. Auch die in der CSDDD explizit vorgesehene Möglichkeit auf die Unterstützung von Multi-Stakeholder-Initiativen und geteilte Zertifizierungen zurückzugreifen, kann dazu dienen, die Ressourcen und Expertise zu bündeln. Darüber hinaus können nicht-operative Holdingsgesellschaften die Sorgfaltspflichten - auf Antrag – an eine Tochtergesellschaft delegieren.
Mit diesen praxisnahen Regelungen versetzt die CSDDD Unternehmen in die Lage, selbst zu entscheiden, wer am besten aufgestellt ist, die Aufgaben der Richtlinie zu erfüllen. Zudem können Synergieeffekte zwischen verschiedenen Unternehmen besser genutzt werden. 
Diese Erleichterungen sind jedoch – im Sinne ihrer Zielsetzung - an das Prinzip der Effektivität geknüpft. Eine Delegation der Pflichten setzt daher stets voraus, dass eine wirksame Pflichterfüllung weiterhin gewährleistet ist. Eine Haftung für die Erfüllung der Sorgfaltspflichten bleibt aber in jedem Fall bestehen. Einen sog. „Safe-Harbour“, also ein begrenztes Haftungsrisiko durch Weitergabe der Verantwortung an Dritte, lehnt die CSDDD ab.  

Finanzsektor 

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Die Verantwortung des Finanzsektors bleibt auch nach der CSDDD weitgehend ausgeklammert. Nur der vorgelagerte Bereich, also beispielsweise die Beschaffung von Arbeitsmitteln, ist erfasst. 

Zivilrechtliche Haftung

Bei Verstößen gegen die Sorgfaltspflicht in der Aktivitätskette, die zu Verletzungen der durch die CSDDD geschützten Rechtsgüter führen, drohen Unternehmen neben den behördlichen Sanktionen zukünftig auch zivilrechtliche Klagen auf Schadensersatz. Eine Haftung ist jedoch nur bei Vorsatz und Fahrlässigkeit vorgesehen. Da ein Pflichtverstoß Voraussetzung ist für eine Haftung, gilt auch hier das oben genannte Priorisierungsprinzip inzident. Somit wird bei der Auslegung und Anwendung der Haftungsnorm entscheidend sein, inwiefern ein Unternehmen „geeignete Maßnahmen“ im Sinne der Richtlinie ergriffen hat, welche die die schwersten und wahrscheinlichsten Risiken, unter Berücksichtigung der für den Einzelfall relevanten Risikofaktoren, wirksam angehen. Es ist daher ratsam, die Wirksamkeit der internen Sorgfaltsprozesse zu überprüfen und sicherzustellen, dass ein ernsthaftes Bemühen deutlich erkennbar ist. 
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Klimaübergangspläne und Umweltrisiken​​

Die CSDDD erweitert den Katalog der in den Lieferkette zu beachtenden Umweltrisiken. So kommt etwa der Schutz der Biodiversität und gefährdeter Arten hinzu. Neu ist auch die Pflicht, am Pariser 1,5°C Ziel orientierte Klimaübergangspläne zu erstellen und umzusetzen. Dabei wird jedoch nur die Erstellung des Plans und nicht dessen Umsetzung von den nationalen Behörden kontrolliert. 

Stärkung der Stakeholder-Beteiligung​

Einen vollständigen Artikel widmet die CSDDD der Beteiligung von Stakeholdern. Dabei werden die Rechte von Stakeholdern gestärkt und Vorgaben für eine wirksame Kommunikation aufgestellt. Bei Bedarf sollen Unternehmen Schutzmaßnahmen für vulnerable Stakeholder ergreifen. 

Angemessene Unterstützung für KMU​​

Von sorgfaltspflichtigen Unternehmen fordert die CSDDD gezielte und angemessene Unterstützung für ein KMU, das Geschäftspartner des Unternehmens ist, indem unter anderem der Zugang zu Kapazitätsaufbau, Schulungen oder die Modernisierung von Managementsystemen bereitgestellt bzw. ermöglicht wird. Vertragliche Zusiche­rungen von KMU müssen fair, angemessen und diskriminierungsfrei sein und ggf. von geeigneten unterstützenden Maßnahmen flankiert werden. Bei der Informationsgewinnung müssen sich Großunternehmen vorrangig direkt an die Geschäftspartner wenden, bei denen das Risiko wahrscheinlich eintreten wird. Diese Schutzvorschrift könnte zukünftig überschwemmende Fragebögen ohne Schwerpunktsetzung verhindern. Auch die Bereitstellung von Mustervertragsklauseln ist vorgesehen und Audit-Pooling ist zulässig, um den Aufwand für Zulieferer zu minimieren und die wirksame Zusammenarbeit in der Lieferkette zu stärken.

Nachgelagerte Lieferkette

Sorgfaltspflichten in Bezug auf die nachgelagerte Lieferkette knüpfen an den Vertrieb, die Beförderung und Lagerung an, sofern die Geschäftspartner diese Tätigkeiten für das Unternehmen oder im Namen des Unternehmens ausüben. Die nachgelagerte Verwendung der Produkte und Entsorgung sind damit nicht erfasst. 

Berichterstattung​

Schließlich sieht die CS3D vor, dass Unternehmen, die den Anforderungen der Nachhaltigkeitsberichterstattung gemäß der Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD) unterliegen, nicht zusätzlich einen separaten Bericht hinsichtlich der Umsetzung der Sorgfaltspflichten nach CSDDD einreichen müssen. Dadurch wird eine doppelte Berichterstattungspflicht vermieden. Die Richtlinie sieht vor, dass die Kommission delegierte Rechtsakte bezüglich des Inhaltes und der Kriterien der Beschreibung der Sorgfalts­pflichten annehmen. Bei der Ausarbeitung dieser delegierten Rechtsakte trägt die Kommission den Standards der Nachhaltigkeitsberichterstattung gebührend Rechnung und passt sie gegebenenfalls an sie an, um möglichst kohärente Vorgaben zu schaffen.
Auch für Unternehmen, die aktuell oder zukünftig nur unter die CSRD fallen, kann es wertvoll sein, die Kernelemente der CSDDD freiwillig umzusetzen. Denn auch für die Nachhaltigkeitsberichterstattung müssen Unternehmen Risiken analysieren und darüber berichten. Diese Offenlegungspflicht schafft einen Anreiz, den Risiken auch mit geeigneten Maßnahmen zu begegnen.

Fazit und Ausblick

Aufgrund des LkSG sind deutsche Unternehmen bereits gut aufgestellt, die EU-weiten Sorgfaltspflichten zu erfüllen. Sie können ihre gesammelten Erfahrungen als Chance nutzen und ihre Prozesse mit Blick auf die CSDDD weiter optimieren. Die CSDDD ermutigt insbesondere noch stärker nach dem Prinzip der Priorisierung und Effektivität vorzugehen. 
 
Die europäische Richtlinie sieht allerdings auch Neuheiten vor, mit denen sich Unternehmen befassen sollten. So kommen etwa umwelt- und klimabezogene Pflichten hinzu. Da diese Themen auch für die Nachhaltig­keits­berichterstattung von Bedeutung sind, ist es in jedem Fall ratsam, ein Risikomanagementsystem einzurichten und das Thema verantwortungsvolles Wirtschaften in alle relevanten Prozesse im Unternehmen zu integrieren.​

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