PV im EEG 2021 - Nach dem EEG ist vor dem EEG?

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​veröffentlicht am 17. Februar 2021


Photovoltaik ist eine der wichtigsten Technologien der Energiewende. Sie steht für beispiellos günstige Stromerzeugung. Die Möglichkeiten der Anwendung sind mit Floating- und Agro-PV-Anlagen in den letzten Jahren immer vielfältiger geworden. Trotzdem findet der Großteil des Ausbaus immer noch auf Dachflächen statt. Die Novellierung des EEG stellt nun wieder eine Neuordnung in der Förderlandschaft der Photovoltaik dar. Die rechtlichen und wirtschaftlichen Auswirkungen legen wir im folgenden Artikel dar.

 

Was lange währt …

Es scheint inzwischen schon fast zum Standard zu werden, dringende gesetzgeberische Entscheidungen bis zum letzten Moment hinauszuzögern. Es begann mit der Aufhebung des von Anfang an in der Kritik stehenden PV-Deckels im Juni 2020. Zum Ende des Jahres wurde wieder mit einem sehr kritischen Zeitplan die Novelle des EEG kurz vor Weihnachten verabschiedet, um ein In-Kraft-Treten zum Jahreswechsel zu ermöglichen. Nur so konnte noch kurz vor knapp ein drohendes Unheil insbesondere bezüglich der Post-EEG-Anlagen abgewendet werden. Trotz des verabschiedeten Gesetzes sind noch wesentliche Punkte in das Jahr 2021 verschoben wurden: z.B. Reform der EEG-Umlage, Anpassung des Ausbaupfades, Abbau bürokratischer Hürden, Regelung der Vergütung bei negativen Strommarktpreisen.


Rückblickend legt dieser Prozess leider nicht unbedingt nahe, dass Planungssicherheit für die EE-Branche im Fokus lag und liegt. Davon zeugt auch, dass viele gute Verbesserungsvorschläge von den Branchenverbänden keine Berücksichtigung gefunden haben.

Neben den politischen Implikationen sind natürlich auch die konkreten Änderungen interessant und daher finden Sie im Anschluss die wichtigsten Neuregelungen des EEG 2021 bezüglich Photovoltaik.

Neuerungen zu den Themen Wind & Mieterstrom und Biomasse finden Sie in separaten Artikeln.

 

Photovoltaik – rechtliche und wirtschaftliche Auswirkungen der Neuregelungen

Erhöhung der Bagatellgrenze:

Ein definitiv wichtiger Schritt für alle die im Bereich der Hausdachanlagen aktiv sind, ist die Befreiung der PV-Anlagen bis 30 kWp für 30 MWh von der EEG-Umlage. Dies gilt auch für bestehende EE-Anlagen. Damit wird voraussichtlich das bereits leistungsstarke Segment der Dachanlagen einen weiteren Auftrieb bekommen. Anlagen, die bisher trotz verfügbarer Dachfläche auf 10 kWp begrenzt worden wären, werden nun größer gebaut werden. Ebenso werden kleinere und mittelgroße Gewerbebetriebe, die den Aufwand bisher gescheut haben dem wirtschaftlichen Anreiz folgen und eine eigenstromoptimierte PV-Anlage errichten (§61b Abs. 2 EEG 2021).

 

4-Stunden-Regel

U.a. für alle Anlagen ab 500 kWp wurde die Regelung für die Absenkung des anzulegenden Wertes bei negativen Strommarktpreisen verschärft (Reduktion von 6 h auf 4 h aufeinander folgende Stunden). Als Ausgleich wird die Zeit (nicht die Energiemenge) in denen diese Regel wirksam wird als Verlängerung an den 2-jährigen Förderzeitraum angehängt. Aufgrund der schwer vorherzusehenden Strommarktsituation über den 20-jährigen Betriebszeitraum ist diese Position mit einem nicht zu vernachlässigenden Risiko verbunden (§ 3 Nr. 42a und 43a EEG 2021, § 51 Abs.1 EEG 2021, § 51a Abs. 1 EEG 2021).

 

Flächenkulisse und Ausschreibungsvolumina

Die Flächenkulisse der gesetzlich geförderten Anlagen und Ausschreibungs-Anlagen wurde entlang von Autobahnen und Schienenwegen von 110 m auf 200 m vergrößert. Nun muss jedoch ein mindestens 15 m breiter Korridor freigelassen werden. Somit findet hier eine Verbreiterung um ca. 75 m statt. Da die Definition des Fahrbahnrandes geändert wurde, besteht hier noch Klärungsbedarf bei der genauen Festlegung des Korridors (§ 37 Abs. 1 Nr. 2 c) EEG 2021, § 48 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 c) aa) EEG 2021).


Die Ausschreibungsvolumina pro Jahr für Freiflächenanlagen wurden leicht angehoben. Im Jahr 2021 werden 1.850 MWp ausgeschrieben, während die jährlichen Volumina in den Folgejahren von 1.600 MWp (2022), 1.650 MWp (2023-2025) bis 1.550 MWp (2026-2028) schwanken. Die Volumina für Dachanlagen wurden auf jährlich 300 MWp (2021-2022) bis 400 MWp (ab 2025) festgesetzt (§ 4 Nr. 3 EEG 2021, § 28a Abs. 1 f.). 

 

 

Grafik Freiflächenanlagen

 


Ausschreibungen

Positiv zu sehen ist die Aufteilung der Ausschreibungen in ein Segment für Freiflächenanlagen (1. Segment) und für Dachanlagen (2. Segment) (§ 3 Nr. 4a und 4b EEG 2021). Damit wird der anderen Kostenstruktur von Dachanlagen Rechnung getragen. Allerdings sind die Ausschreibungsmengen mit 300 MWp – 400 MWp so gering, dass – insbesondere mit der Neuregelung für Dachanlagen größer 300 kWp – kein positiver Effekt im Zubau zu erwarten ist (siehe unten). Da für beide Segmente die maximale Gebotsgröße von 10 MWp auf 20 MWp angehoben wurde (§ 37 Abs. 3 EEG 2021, § 38c Abs. 2 EEG 2021), dürften bei leicht sinkenden Gebotswerten größere Anlagen profitieren. Insbesondere aber das in den letzten Jahren zubau- und potenzialstarke Segment der mittelgroßen Gewerbe-Dachanlagen dürfte unter der Neuregelung leiden. Ebenso für beide Segmente wurden die Bedingungen des Gebotsverfahrens konkretisiert bzw. verändert, wobei hier insbesondere die Sicherheitszahlung für Anlagen des 2.Segmentes von 70 € / kWp zu erwähnen ist (§ 38d EEG 2021; 50 € / kWp für Anlagen des 1. Segmentes) . Insbesondere für kleinere Projektierer kann diese Regelung zu einer Herausforderung werden und sollte in die Liquiditätsplanung aufgenommen werden.


Bei Anlagen des 1. Segmentes (Freifläche) wird der Höchstwert in Zukunft durch den um 8 Prozent erhöhten Durchschnittswert der jeweils höchsten noch bezuschlagten Gebote der letzten drei Gebotstermine bestimmt (§ 37b EEG 2021). Somit wird eine gedämpfte Anpassung des Höchstwertes nach oben und unten in Abhängigkeit von den Gebotswerten erreicht. Wäre diese Regelung im letzten Jahr zur Anwendung gekommen, hätte sie das Ergebnis nicht verändert. Starke Marktpreissteigerungen können jedoch zur kurz- bis mittelfristigen Begrenzung der Gebotshöhe führen.

Dachanlagen zwischen 300 kWp und 750 kWp

Dem Anlagensegment der PV-Dachanlagen zwischen 300 kWp und 750 kWp wird jetzt nur noch für 50 Prozent des erzeugten Stroms die Marktprämie gewährt (§ 48 Abs. 5 EEG 2021). Als Ausgleich dafür besteht die Option an den Ausschreibungen für Dachanlagen teilzunehmen.

Zur Einordnung der Größenordnungen: In den letzten zwei Jahren wurden Dachanlagen in dieser Anlagengröße von ca. 1.450 MWp sowie Anlagen größer 750 kWp mit einer Leistung von 470 MWp zugebaut. Alle Anlagen, die nicht genug Eigenverbrauch haben bzw. diesen aufgrund der strengen Eigenverbrauchsregelungen nicht realisieren können, müssen sich die Ausschreibungsmengen (300 MWp – 400 MWp pro Jahr) aufteilen. Aufgrund dessen wird in dem Dachanlagensegment größer 300 kWp ein starker Rückgang erwartet. In gleichem Maße werden Immobilien mit einem Potenzial zur Eigenstromversorgung sehr attraktiv bleiben. Eine korrekte Abgrenzung von Drittmengen bzw. geschickte Kombination von Versorgungs- bzw. Vermarktungsmodellen wird immer wichtiger werden und ist bei der Konzeption von Anfang an mitzubetrachten. Bei Erhalt eines Zuschlages bzw. ausreichender Eigenstromquote sind die Anlagen weiterhin attraktiv. 

 

 

Zubau Dachanlagen 2019/2020

Zubau Dachanlagen 2019/2020 (Quelle: BNetzA, EEG-Zubauwerte (Nov/2020))

 

Agro-PV und Floating PV

Eine weitere Änderung – die eine Wesentliche hätte sein können – ist die Aufnahme von Agro-PV- [RM1] und Floating-PV-Anlagen in die eigene Kategorie der „Besonderen Anlagen” in den Innovationsausschreibungen (§ 39n EEG 2021, §§ 15 – 18 InnAusV). Die genauen Anforderungen an Agro-PV- und Floating-PV-Anlagen muss noch bis zum 1.10.2021 von der Bundesnetzagentur festgelegt werden. Aktuell ist, exklusiv für die besonderen Anlagen, nur eine einmalige Ausschreibung von 50 MWp im April 2022, also ein halbes Jahr nach der Festlegung der Rahmenbedingungen vorgesehen. Falls nicht noch eine tiefgreifendere Anpassung vorgenommen wird, konkurrieren die Besonderen Anlagen danach direkt mit „Standard”-PV-Anlagen was aufgrund der höheren spezifischen Kosten wenig Erfolg für Agro- und Floating-PV verspricht. Zudem werden in den Innovationsausschreibungen nur sog. „Anlagenkombinationen” berücksichtigt, also eine Kombination verschiedener Technologien oder einem Speicher. In Anbetracht der Vorteile durch Flächeneffizienz ist der knappe Zeitplan für die Festlegung des rechtlichen Rahmens und insbesondere die Ausschreibungsmenge, die einer Nichtbeachtung gleichkommt, sehr unverständlich.


Möglichkeiten zur Umsetzung von Floating und Agro-PV Anlagen im Rahmen der Innovationsausschreibungen sehen wir somit hier mittelfristig bei Standorten mit einer sehr günstigen Netzanschlusssituation bei der ggf. ein Teil der Kosten über die andere Technologie mitgetragen werden kann.

 

PPA (Power Purchase Agreements)

Manchmal ist das Weglassen von Regelungen vielsagender als eine Ausformulierung. So auch in dem Fall von PPAs. Denn auch wenn die Marktintegration von vielen Seiten gefordert wird und eine echte Weiterentwicklung des EEG darstellen würde, ist in diesem Punkt wenig passiert außer, dass in dem im Rahmen der EEG-Novelle gefassten Entschließungsantrag einige Punkte implizit oder explizit PPAs betreffen. Regelungen, welche die Situation grundlegend verändern könnten, wie eine Strompreisabsicherung analog des spanischen Modells, sind nicht zu erwarten. Alles andere wie z.B. der viel diskutierte Bürokratieabbau wird bis zur Konkretisierung Spekulation bleiben.

 

Fazit

Bei der PV gewinnen Dachanlagen bis 30 kWp durch die Befreiung von der EEG-Umlage und große Ausschreibungsanlagen durch die Erhöhung der maximalen Gebotsmenge auf 20 MWp. Freiflächen haben durch die Erweiterung des vormaligen 110 m Streifens um effektive 75 m mehr Platz gewonnen. Ebenso wurden die Ausschreibungsmengen hier erhöht. Das bisher sehr starke Segment der größeren Dachanlagen im Bereich zwischen 300 kWp und 750 kWp wird Einbußen verzeichnen, aber im gegebenen, eingeschränkten Rahmen stark bleiben. Durch all diese Maßnahmen wird die Vermarktung über PPAs immer mehr an Bedeutung gewinnen.

    

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