Spanien: Covid-19: Betriebsunterbrechung, Arbeitszeitkonten, Kurzarbeit und Lohnfortzahlung

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​​veröffentlicht am 18. März 2020 | Lesedauer ca. 2,5 Minuten

 

Sofern aufgrund der spanischen Notstandsregelungen eine vollständige oder teilweise Betriebsunterbrechung oder -schließung droht, bestehen für Unternehmen folgende arbeitsrechtliche Möglichkeiten, um die Krise zu überstehen:

 

 

 

Urlaub, Arbeitszeitkonten o.ä.

Es besteht die Möglichkeit, im Einvernehmen mit den Mitarbeitern eine Lösung für die Zeit der erzwungenen Arbeitsunterbrechung zu finden. Das kann z.B. die Inanspruchnahme seitens der Mitarbeiter von ausstehenden oder künftigen Urlaubstagen sein, um den Zeitraum der Inaktivität zu überbrücken. Ebenso kann im Rahmen der flexiblen Aufteilung der Arbeitszeit ein Arbeitszeitkonto („bolsa de horas“) eingerichtet werden, in dem während des Zeitraums der Inaktivität „negative“ Stunden angesammelt werden, die sodann nach Wiederaufnahme der Geschäftstätigkeit abgebaut und bspw. mit Überstunden ausgeglichen werden. Dabei müssen selbstverständlich die üblichen maximalen Arbeitszeiten sowie Mindestruhezeiten eingehalten werden.
 

Kurzarbeit („ERTE; Expediente de Regulación Temporal de Empléo“)

Soweit Unternehmen ihre Tätigkeit ganz oder teilweise einstellen müssen und zwar entweder infolge behördlicher Entscheidung oder aufgrund der Auswirkungen des Coronavirus, können sie ausnahmsweise ein Verfahren zur vorübergehenden Unterbrechung der Arbeitsverhältnisse bzw. zur Kurzarbeit aus wirtschaftlichen, technischen, organisatorischen oder produktionsbedingten Gründen oder infolge höherer Gewalt einleiten.
 

Beispiele für organisatorische, technische oder produktionsbedingte Gründe sind der Mangel oder das vollständige Fehlen von Ressourcen, Rohmaterialen, Produkten o.ä., die zur Ausübung der Geschäftstätigkeit notwendig sind, Beeinträchtigungen der Zulieferfirmen durch den Coronavirus, die Unmöglichkeit Leistungserfüllung infolge der Einstellung der Aktivitäten des Kunden etc.
 

Unter höherer Gewalt fallen Ereignisse, die unfreiwillig, unvorhersehbar und außerhalb der Verantwortung des betroffenen Unternehmens entstanden sind, und die die Ausführung der Arbeitstätigkeit unmöglich machen. Es ist gegenwärtig von der spanischen Regierung noch keine Entscheidung dahingehend getroffen worden, ob die aktuelle Situation nach Ausrufen des Alarmzustands als eine solche „höhere Gewalt“ anerkannt wird. Wir erwarten jedoch eine entsprechende Entscheidung in nächster Zeit.
 

Die Anordnung von Kurzarbeit durch das Unternehmen setzt ein besonders geregeltes Verfahren voraus, das die Unternehmen auch in dieser jetzigen Situation unbedingt einhalten müssen, um spätere Komplikationen bei einer Betriebsprüfung zu vermeiden. Dazu muss der Anordnung zunächst ein unternehmensinternes Anhörungsverfahren mit den Mitarbeitern vorausgehen. Hierzu muss sich die Geschäftsführung mit den Arbeitnehmervertretern bzw., falls eine solche nicht besteht, mit einem zu diesem Zweck ad-hoc gebildeten Arbeitnehmerausschuss in Verbindung setzen. Dieser ad-hoc gebildete Ausschuss ist unabhängig von der Anzahl der Mitarbeiter zu schaffen. Im Folgenden muss das Unternehmen bei der zuständigen Arbeitsbehörde die Genehmigung für die Anordnung der Kurzarbeit einholen.
 

Durch die Kurzarbeit wird das Unternehmen zeitweilig von der Zahlung der Gehälter befreit, d.h. während der Kurzarbeit erfolgt keine Lohnfortzahlung, die betroffenen Mitarbeiter haben jedoch Anspruch auf Arbeitslosengeld.
 

Stundung von Steuerzahlungen und Sozialbeiträgen

Neben der Kurzarbeit besteht für Selbständige sowie kleine und mittlere Unternehmen die Möglichkeit, die Stundung von Steuerzahlungen zu beantragen (siehe „Decreto-Ley por el que se adoptan medidas urgentes para responder al impacto económico del COVID-19“). Die Regierung hat angekündigt, auch eine Stundung der fälligen Sozialversicherungsbeiträge anzuordnen. Einzelheiten hierüber sind noch nicht bekannt gemacht worden und werden in Kürze erwartet.

 

Spezielle Hilfen für den Tourismussektor

Um den Liquiditätsbedarf von Unternehmen und Selbständigen im Tourismussektor sowie damit verbundener Aktivitäten, die von der aktuellen Situation betroffen sind, zu decken, wird eine spezielle Finanzierungslinie in Höhe von 400 Mio. Euro zur Verfügung gestellt. Die Bekanntmachung der Einzelheiten dieser Hilfen wird ebenfalls in Kürze erwartet.
 

Krankheits- bzw. Infektionsfall

Für den Krankheits- bzw. Infektionsfall von Mitarbeitern hat die spanische Regierung bereits am 10. März bestimmt, dass kranke oder infizierte Arbeitnehmer und die dadurch bedingte Zwangsquarantäne von Arbeitnehmern als Arbeitsunfall und nicht als gewöhnliche Krankheit eingestuft werden. Das hat für die Arbeitnehmer höhere staatliche Leistungen sowie eine Entgeltfortzahlung ab dem ersten Tag der Krankheit zur Folge, die zudem vom ersten Krankheitstag an nicht vom Unternehmen, sondern von der Sozialversicherung getragen werden.

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