Chinesisches Gesellschaftsrecht kurz und knapp

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zuletzt aktualisiert am 18. März 2025 | Lesedauer ca. 6 Minuten
 
​​Seit der Einführung des Gesetzes über Auslandsinvestitionen im Jahr 2020 wurden die rechtlichen Rahmenbedingungen für Investitionen in China vereinfacht und vereinheitlicht.​  
  

   

​Kurzüberblick:

​Dieser Artikel bietet einen umfassenden Überblick über die verschiedenen Möglichkeiten, wie ausländische Unternehmen in den chinesischen Markt eintreten können.
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​​Überblick über die Wichtigstene Gesellschaftsformen in China

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Wholly Foreign Owned Enterprise (WFOE):Diese Gesellschaftsform ist ideal für Unternehmen, die ohne lokale Partner in China tätig werden möchten. Sie ist vergleichbar mit einer deutschen GmbH und bietet volle Kontrolle und begrenzte Haftung.
 
Joint Ventures (JV): Diese Form ermöglicht eine Partnerschaft mit chinesischen Unternehmen und bietet den Vorteil, auf deren bestehende Strukturen zurückgreifen zu können.
 
Aktiengesellschaft (AG): Diese Form eignet sich für größere Unternehmen, die Kapital durch den Verkauf von Aktien beschaffen möchten. Sie bietet Zugang zu Kapitalmärkten, ist jedoch aufwändiger in der Gründung.​
    
Partner​ship Enterprise (PE): Diese flexible und weniger bürokratische Form ist besonders attraktiv für Start-ups und Entrepreneure. Es gibt verschiedene Varianten mit unterschiedlichen Haftungsregelungen.
   
Representative Office (RO): ​Diese Option eignet sich für Unternehmen, die den chinesischen Markt zunächst erkunden möchten. Ein RO darf keine Geschäfte tätigen, sondern dient der Marktforschung und der Unterstützung von Verbindungsaktivitäten.
  
Die Wahl der richtigen Gesellschaftsform hängt von den individuellen Bedürfnissen und Zielen des Unternehmens ab. Jede Option bietet ihre eigenen Vorteile und Herausforderungen, die wir Ihnen unten ausführlich erläutern. Unser Artikel soll als Orientierungshilfe dienen und ausländischen Unternehmen den Einstieg in den chinesischen Markt erleichtern.​​ 

​Gesellschaftsformen im Detail


Für Unternehmen, die den Entschluss gefasst haben, sich mit einer Niederlassung auf dem chinesischen Markt zu etablieren, stellt die Gründung einer Gesellschaft vor Ort eine bedeutende Herausforderung dar. 


Mit Inkrafttreten des Gesetz über Auslandsinvestitionen (Foreign Investment Law – FIL) im Jahr 2020 wurden alle Formen von Auslandsinvestitionen in China vereinheitlicht und drei wesentliche, bis dahin für Auslandsinvestitionen bestehende Gesetze abgelöst: das Gesetz über Joint Venture mit ausländischer Beteiligung auf Kapitalbasis (Law on Sino-Foreign Equity Joint Venture - EJV), das Gesetz über Joint Venture mit ausländischer Beteiligung auf Vertragsbasis (Law on Sino-Foreign Contractual Joint Ventures - CJV) sowie das Gesetz über Gesellschaften mit ausschließlicher ausländischer Beteiligung (Law on Wholly Foreign Owned Enterprises - WFOE). Für diese drei Gesellschaftsformen gelten die für rein chinesische Gesellschaften geltenden Vorschriften des Gesellschaftsgesetzes, so dass lediglich in der Gesellschafterstruktur ein Unterschied zwischen ausländisch investierten und rein inländischen Gesellschaften besteht. 

Alle ausländisch investierten Gesellschaften in China haben daher entweder die Rechtsform einer Kapitalgesellschaft (Gesellschaft mit beschränkter Haftung oder Aktiengesellschaft) oder einer Personengesellschaft.
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Auch nach dem Wegfall der gesetzlichen Regelungen werden die Begriffe WFOE, EJV und CJV im wirtschaftlichen Kontext für Auslandsinvestitionen überwiegend weiter genutzt.

 

Zu beachten ist jedoch, dass trotz der gesellschaftsrechtlichen Gleichstellung weiterhin besondere Regelungen für Auslandsinvestitionen gelten wie beispielsweise Marktzugangsbeschränkungen (geregelt in der sog. „Negative List“), das Erfordernis einer Sicherheitsüberprüfung (bei Investitionen in sensiblen Sektoren, die die nationale Sicherheit berühren könnten) oder auch devisenrechtliche Bestimmungen.

 

Der vorliegende Beitrag befasst sich mit den gängigsten Formen für ausländische Investoren und stellt diese sowie mögliche Haftungsfragen für Gesellschafter und Gesellschaftsorgane vor.


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Wholly Foreign Owned Enterp​​​​rise (WFOE)

Auch nach Wegfall des für WFOE geltenden Gesetzes und damit der Rechtsform „WFOE“ wird der Begriff im wirtschaftlichen Sinne für Auslandsinvestitionen weiterverwendet, wenn sich die Gesellschaft vollständig im Besitz eines oder mehrerer ausländischer Investoren befindet. Sie ist das gängigste Investitionsvehikel für ausländische Unternehmen, die ohne einen lokalen Partner in China Fuß fassen wollen. Es handelt sich dabei um eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung gemäß dem chinesischen Gesellschaftsgesetz und ist mit einer deutschen GmbH vergleichbar. Ein WFOE hat den Vorteil, dass es sich vollständig im Besitz und unter der Kontrolle der ausländischen Investoren befindet. Es kann je nach genehmigtem Geschäftsumfang Produktions-, Handels-, Beratungs- und andere Geschäftstätigkeiten ausüben. Kontrolliert wird das WFOE von der Gesellschafterversammlung, deren Beschlüsse vom Board of Directors und dem General Manager umgesetzt werden.

 

Die Haftung der Gesellschafter beschränkt sich auf die Erfüllung ihrer Einlageverpflichtungen, wie sie in der Satzung bzw. im Gesellschaftsgesetz festgelegt sind (insbesondere Höhe der Einlage und Einzahlungsfrist). Sie haften nicht persönlich für Schulden und Verbindlichkeiten des WFOE, die über ihre Einlage hinausgehen.

 

Das Board of Directors ist für die Gesamtleitung und Entscheidungsfindung des WFOE verantwortlich, während der General Manager für das Tagesgeschäft zuständig ist. Sowohl die Direktoren als auch der General Manager müssen im besten Interesse des Unternehmens handeln und die Einhaltung der chinesischen Gesetze und Vorschriften sicherstellen. Sie können für illegale Aktivitäten oder Verstöße gegen die Treue- und Sorgfaltspflicht persönlich haftbar gemacht werden​​​​.

 

Joint Ventu​​re (EJV)

​Bis zur Aufhebung der entsprechenden Gesetze gab es zwei verschiedene Formen von Joint Ventures, nämlich Equity Joint Ventures (EJV) und Contractual Joint Ventures (CJV). Bei EJV handelte es sich um die zweithäufigste Form von Auslandsinvestitionen, wohingegen die Rechtsform „CJV“ nur in seltenen Fällen gewählt wurde. In der Regel handelte es sich daher um Gesellschaften mit beschränkter Haftung, wobei beim CJV auch andere Rechtsformen möglich waren. Nach der Reform des Investitionsrechts sind JVs keine eigenständige Rechtsform mehr, sondern wie WFOEs Gesellschaften mit beschränkter Haftung nach chinesischem Gesellschaftsgesetz. Bei einer gemeinsamen Auslandsinvestition mit einem chinesischen Partner wird der Begriff Joint Venture im wirtschaftlichen Sinne jedoch weiterhin verwendet.

Wesentliches Charakteristikum eines JV ist, dass die Anteile an der Gesellschaft von mindestens einem ausländischen und einem chinesischen Gesellschafter gehalten werden. Vorteil eines JV ist häufig die Möglichkeit, auf bereits bestehende Geschäftsstrukturen des chinesischen Partners (z. B. mit Lieferanten, Kunden etc.) zurückgreifen zu können. Andererseits ist immer eine Abstimmung mit dem chinesischen Partner erforderlich. Die Einflussnahme erfolgt im JV wie beim WFOE über die Gesellschafterversammlung, deren Beschlüsse vom Board of Directors und dem General Manager umgesetzt werden. Nach Leistung der Einlagen durch die Gesellschafter haftet beim JV grundsätzlich nur die Gesellschaft für die Verbindlichkeiten der Gesellschaft. Die Haftung der Organe der Gesellschaft (Board of Directors, General Manager) entspricht der Haftung der Organe eines WFOE.

  

Aktiengesell​​schaft (AG)

Neben der Gründung eines WFOE oder JV steht ausländischen Investoren auch die Gründung einer chinesischen AG offen. Vor Inkrafttreten des FIL gab es für AGs, die ausschließlich von ausländischen Investoren oder gemeinsam mit chinesischen Investoren gegründet wurden, die Rechtsform der „Foreign Invested Company Limited by Shares (FICLS)“, für die besondere Regelungen galten. Diese sind mit der Reform des Auslandsinvestitionsrechts ebenfalls weggefallen, so dass für AGs, die ausschließlich oder mit Beteiligung ausländischer Investoren gegründet werden, die Vorschriften des Gesellschaftsgesetzes gelten.


Für die Gründung einer AG sind zwischen 2 und 200 Gründer erforderlich, von denen mehr als die Hälfte ihren Wohnsitz in China haben müssen. Darüber hinaus besteht die Möglichkeit der Kapitalbeschaffung durch Ausgabe neuer Aktien an bestehende oder neue Aktionäre. Außerdem ermöglicht eine AG eine breitere Aktionärsbasis und kann den Zugang zu den Kapitalmärkten erleichtern. Aktien können öffentlich gehandelt werden. Die AG eignet sich eher für reife Großunternehmen und zeichnet sich durch ein strengeres und aufwändigeres Gründungsverfahren aus, so dass sie für Neugründungen und kleine und mittlere Unternehmen (KMU) weniger geeignet ist. Die Organe einer AG sind die Hauptversammlung, das Board of Directors und der General Manager.

Die Haftung der Aktionäre ist auf die ausstehenden Einlagen beschränkt. Hinsichtlich der Haftung des Board of Directors und des General Managers einer AG gelten ebenfalls die entsprechenden Vorschriften des Gesellschaftsgesetyes, so dass insoweit auf die obigen Ausführungen zum WFOE verwiesen werden kann.
   

Partnership En​​​terprise (PE)

Eine weitere Form für Auslandsinvestitionen stellen sogenannte Partnerschaftsgesellschaften ("Partnership Enterprise – PE") dar. PEs erfreuen sich bei Start-ups und Entrepreneuren aufgrund verhältnismäßig geringer bürokratischer Anforderungen sowie flexibler Gestaltungsmöglichkeiten großer Beliebtheit. Sie ähneln teilweise den deutschen Personengesellschaften. 


Die Gründung einer PE erfolgt in wenigen Schritten durch mindestens zwei Partner, wobei hinsichtlich der Rechtsform zwischen drei Unterarten unterschieden werden kann. Bei der ersten Variante, der "General Partnership", haften sämtliche Gesellschafter mit ihrem gesamten Vermögen für Verbindlichkeiten der Gesellschaft, ähnlich der deutschen GbR oder OHG. Bei der zweiten Variante, der "Limited Liability Partnership", ist ähnlich einer deutschen Kommanditgesellschaft mindestens ein unbeschränkt haftender Gesellschafter erforderlich, während die Haftung der übrigen Gesellschafter auf die Einlage beschränkt werden kann. Als unbeschränkt haftender Gesellschafter kann dabei auch eine Gesellschaft eingesetzt werden. Für den Bereich professioneller Dienstleistungen wie Rechts- oder Steuerberatung wurde das sogenannte "Special General Partnership" entwickelt. Bei dieser Rechtsform haften grundsätzlich alle Gesellschafter für Verbindlichkeiten der Gesellschaft, allerdings besteht ein Haftungsausschluss für Verbindlichkeiten, die aufgrund eines vorsätzlichen oder fahrlässigen Fehlverhaltens einer der Partner entstanden sind.

 

Representative Off​ice (RO)

Für ausländische Investoren, die zunächst den chinesischen Markt erkunden oder auf dem Markt erst einmal nur Präsenz zeigen wollen, kann die Eröffnung eines sogenannten Repräsentanzbüros (Representative Office – RO) eine geeignete Option darstellen. Nach dem chinesischen Recht handelt es sich bei einem RO nicht um eine selbständige Gesellschaft oder eine juristische Person anderer Art, sondern es handelt sich eher um eine Art Zweigniederlassung im handelsrechtlichen Sinne.


Ein Representative Office ist nicht befugt, Geschäfte zu tätigen oder Verträge abzuschließen, auch nicht als Vertreter des Mutterhauses. Stattdessen dient es der Ausübung nicht gewinnorientierter Tätigkeiten im Zusammenhang mit den Geschäften des Mutterhauses. Zu den entsprechenden Befugnissen gehören die Durchführung von Marktforschung, die Organisation von Ausstellungen und Werbemaßnahmen im Zusammenhang mit den Produkten oder Dienstleistungen des Mutterhauses sowie die Unterstützung von Verbindungsaktivitäten, die mit dem Verkauf von Produkten, der Erbringung von Dienstleistungen oder der inländischen Beschaffung und Investitionen des Mutterhauses zusammenhängen.

Ein signifikanter Vorteil eines Representative Office ist der relativ unkomplizierte Gründungsprozess. Nach der Gründung kann ein Representative Office Büroräume anmieten, Bankkonten eröffnen und Arbeitserlaubnisse für ausländische Mitarbeiter beantragen. Die Registrierung des Representative Office gilt grundsätzlich für ein Jahr und muss spätestens 30 Tage vor Ablauf der Gültigkeit erneuert werden.​

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