OLG München zur 80%-Regelung im VOB-Vertrag

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​​veröffentlicht am 15. Mai 2024


Bei der Berechnung von vereinbarten oder gemäß § 632a BGB geschuldeten Abschlagszahlungen kann der Unternehmer 80 Prozent einer in einem Angebot nach § 650b Absatz 1 Satz 2 BGB genannten Mehrvergütung ansetzen, wenn sich die Parteien nicht über die Höhe geeinigt haben oder keine anderslautende gerichtliche Entscheidung ergeht. Diese Bestimmung aus § 650c Abs. 3 BGB ist ebenso wie § 650d BGB im VOB-Vertrag anwendbar. Will der Unternehmer nach § 650c Abs. 3 Satz 1 BGB vorgehen, müssen aber auch im VOB-Vertrag die Voraussetzungen des § 650b BGB gegeben sein (vgl. OLG München, Beschluss vom 12.3.2024, Az. 9 U 3791/23 Bau).
 

Die wichtigsten Inhalte im Überblick:

  • § 650c Abs. 3 S. 1 BGB ist im BGB-Bauvertrag an die Voraussetzungen des § 650b BGB geknüpft. § 650c Abs. 3 S. 1 BGB erfordert tatbestandsmäßig ein Angebot nach § 650b Abs. 1 BGB aufgrund eines Änderungsbegehrens des Bestellers und eine anschließende Anordnung nach § 650b Abs. 2 BGB.
  • Für das OLG München ist kein Grund ersichtlich, weshalb diese Voraussetzungen im VOB-Vertrag nicht einzuhalten sein sollten.
  • Denn die VOB/B enthält gerade keine Modifikation des § 650c Abs. 3 S. 1 BGB, sodass § 650c Abs. 3 S. 1 BGB unverändert, einschließlich seiner Voraussetzungen, zur Anwendung kommt.
  • Hinzu kommt, dass § 650c Abs. 3 BGB Teil eines einheitlichen Regelungssystems, bestehend aus §§ 650b, 650c, 650d BGB ist. Der Gesetzgeber hat ein System aufeinander aufbauender und aufeinander Bezug nehmender Normen zur Anordnung von Leistungsänderungen, zur Vergütung dieser geänderten Leistungen und zur Durchsetzbarkeit geschaffen und ist dabei insbesondere dem System der VOB/B nicht gefolgt. Deshalb kann der Auftragnehmer nicht ohne Weiteres auf einzelne Regelungen wie § 650c Abs. 3 S. 1 BGB zurückgreifen, ohne die sich aus § 650b BGB ergebenden Voraussetzungen zu beachten.
  • Dass die Voraussetzungen der §§ 650c Abs. 3 S. 1, 650b BGB oftmals im VOB-Vertrag nicht erfüllt sein werden, weil das Nachtragsschema im VOB-Vertrag ein anderes ist, kann dem nicht entgegengehalten werden. Denn es steht den Parteien grundsätzlich frei, wie sie die Anordnung und Vergütung von Nachträgen gestalten. Dass bei Beteiligung der öffentlichen Hand die VOB/B verpflichtend anzuwenden ist, hat den Gesetzgeber nicht davon abgehalten, ein nicht der VOB/B folgendes Regelungssystem zu schaffen.
  • Ob § 650c Abs. 3 BGB zum gesetzlichen Leitbild gehört, kann dahinstehen. Jedenfalls folgt hieraus nicht, dass die Voraussetzungen der §§ 650c Abs. 3 S. 1, 650b BGB nicht mehr einzuhalten wären. ​

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Dr. Julia Müller

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