Arbeitsmarkt in der Ukraine 2020: Neue Entwicklungen und Tendenzen

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​veröffentlicht am 4. Februar 2020

 

Seit 2016 entwickelt sich die ukrainische Wirtschaft sehr gut und wächst kontinuierlich jedes Jahr. In den letzten beiden Jahren sind auch immer mehr internationale Investitionen zu verzeichnen, es entstehen neue ukrainische Firmen und auch die bestehenden „alten" Betriebe wachsen. Diese Entwicklung hat große Veränderungen auf dem ukrainischen Arbeitsmarkt bewirkt.

 

 

Seit 2014 beobachten wir in der Ukraine eine massive Arbeitsmigration, vor allem nach Russland, Polen, Tschechien und Ungarn. Sie hat dazu geführt, dass die Bevölkerungszahl in der Ukraine von Jahr zu Jahr sinkt (2019 waren es 42 Mio. Einwohner, im Vergleich zu 52 Mio. bei der Erlangung der Unabhängigkeit 1991). Einerseits ist die Arbeitsmigration sehr positiv: Durch die Geldtransfers aus dem Ausland wächst die Kaufkraft der Bevölkerung von Jahr zu Jahr. Die nationale Wirtschaft wird angekurbelt, es steigt die Nachfrage nach Immobilien und anderen Kaufgütern. Andererseits steigt seit 2016 auch die Nachfrage nach Arbeitskräften in der Ukraine. Vor allem in der Westukraine ist die Arbeitsmigration wegen der Nähe zur polnischen Grenze signifikant. Manche Investoren, besonders aus der Autozulieferindustrie, haben Schwierigkeiten, entsprechende Arbeitskräfte zu finden. Bei neuen Investitionen wird empfohlen, die Betriebe im Landesinneren anzusiedeln.

 

Die Arbeitslosenquote ist in der Ukraine relativ gering – das ändert sich seit Jahren nicht. 2019 waren es ca. 9,6 Prozent Arbeitslose. Die Zahlen sind nicht genau, weil sich nicht alle Ukrainer als arbeitslos melden, auch wenn sie auf Arbeitssuche sind. Gründe dafür sind die geringe Hilfe der staatlichen Stellen bei der Arbeitssuche und die sehr niedrige finanzielle Unterstützung. 

 

Die Ukraine war schon in Zeiten der Sowjetunion ein Technologie-, Wissenschafts- und Entwicklungszentrum und ist es bis heute. Hier konzentriert sich auch die Flugzeugbau-, Maschinenbau- und Militärindustrie. Die Technischen Universitäten in der Ukraine haben ein sehr hohes Unterrichtsniveau und jedes Jahr schließen Tausende Studenten dort ihr Studium ab. Noch heute wählen ukrainische Schüler viel öfter als ihre europäischen Kollegen Studiengänge in  technischen Fachrichtungen. Die Ukraine hat dementsprechend die meisten Studienabsolventen aus technischen Fachrichtungen (ca. 130.000 jährlich, Deutschland ca. 90.000 jährlich).

 

Vor diesem Hintergrund es ist verständlich, dass sich die IT Branche in den letzten Jahren in der Ukraine so gut entwickelt hat. Das Land verfügt über die meisten IT-Spezialisten in ganz Mittel- und Osteuropa. 2019 waren es ca. 200.000 Spezialisten und die Zahl steigt um ca. 20.000 jährlich. Die Branche wächst jedes Jahr um 26 Prozent. Auf dem Markt arbeiten ca. 4.000 IT-Unternehmen. Der IT-Arbeitsmarkt wächst entsprechend schnell. 2018 stieg die Zahl der offenen Stellen von 3.000 auf 4.500 pro Monat. Die Zahl der Arbeitgeber stieg um 38 Prozent von 2.400 auf 3.300.

 

Der Anteil der IT am ukrainischen BIP ist in den letzten Jahren von 1,1 auf 5 Mrd. USD (Stand 2019) gestiegen. Die IT-Branche hat die Chance, das Fundament der neuen ukrainischen Wirtschaft zu werden.

Wie oben schon erwähnt, beobachten wir seit 2017 enorme Veränderungen auf dem ukrainischen Arbeitsmarkt. In den Jahren 2014 bis 2017 war der ukrainische Arbeitsmarkt der Markt der Arbeitgeber. Der Krieg im Osten des Landes hat sehr viele Investoren abgeschreckt. Es gab viele Arbeitssuchende und die Löhne waren sehr niedrig.

 

Seit 2017 ist der ukrainische Arbeitsmarkt aber ein Markt der Arbeitnehmer geworden. Wegen der steigenden Nachfrage nach Arbeitskräften ist der ukrainische Arbeitnehmer bei der Arbeitsplatzsuche meist sehr wählerisch. Neben der Vergütung spielt für ihn eine Rolle, wo sich das Büro befindet und wie es an die öffentliche Verkehrsmittel angebunden ist, um möglichst wenig Zeit täglich unterwegs zu verbringen. Ebenfalls ist die Ausstattung des Büros sowie das Arbeitsklima wichtig. Für die Arbeitgeber ist das eine große Herausforderung, da, um Personal langfristig zu halten, entsprechend gute Arbeitsbedingungen für das Personal herrschen müssen. So bieten die meisten Arbeitgeber zusätzliche private Krankenversicherung, Mittagessen, Fortbildungen, etc. an.

 

Seit 2017 steigen auch die Löhne in der Ukraine. Das ist die normale Entwicklung, die mit Wirtschaftswachstum und Arbeitsmigration verbunden ist. Die Ukraine gehört immer noch zu den Ländern mit den niedrigsten Löhnen in Europa.  

 

Der Mindestlohn 2020 beträgt 4.723 UAH, das entspricht ca. 181 EUR und damit 13 Prozent mehr als 2019. Auch der Durchschnittslohn steigt und beträgt ca. 11.000 UAH (423 EUR). Nach Schätzung der Experten werden die Löhne in der Ukraine in den nächsten Jahren weiter wachsen, bis 14.200 UAH in 2021 und 16.000 UAH in 2022.

 

Die höchsten Gehälter werden immer noch in der Hauptstadt Kiew und den Städten Kiewska Oblast, Odessa, Dnipro und Charkiv verdient.

 

Die höchsten Durchschnittslöhne 2019 (1 Euro 26 UAH):

  • Kiew                                      16.249 UAH (624 EUR)
  • Kiewska Oblast                    11.567 UAH (444 EUR)
  • Dnipropetrpovska Oblast     11.286UAH (434 EUR)
  • Poltawa                                 10.163 UAH (390 EUR)
  • Odessa                                    9.473 UAH (364 EUR)
  • Lvovska Oblast                      9. 729 UAH (374 EUR)
  • Charkiv                                    9. 453 UAH (363 EUR)

 

Die niedrigste Durchschnittslöhne Oktober 2019:

  • Wołyń                                     8. 970 UAH (345 EUR)
  • Zytomir                                   8. 669 UAH  (333 EUR)
  • Czernowcy                             8.211 UAH (315 EUR)
  • Ternopil                                  8.563 UAH (329 EUR)

(Quelle: https://index.minfin.com.ua/labour/salary/average/)

 

Es muss aber beachtet werden, dass die offiziellen Zahlen sehr oft nicht maßgebend sind, weil immer noch sehr viele Arbeitsnehmer ihren Lohn in einem Umschlag bekommen, um die Steuer und Sozialversicherungsbeiträge zu sparen.

 

2017 waren die Löhne erheblich niedriger:

 

Durchschnnittliche Löhne in 2017 (1 EUR – 29 UAH)

  • Miasto Kijów                        11.643 UAH (401 EUR)
  • Kiewska Oblast                      7.541 UAH (260 EUR)
  • Dnipropetrpovska Oblast     7.424 UAH (256 EUR)
  • Poltawa                                   6.862 UAH (236 EUR)
  • Odessa                                   6.837 UAH (235 EUR)
  • Lvovska Oblast                      6.673 UAH (230 EUR)
  • Charkiv                                   6. 634 UAH (230 EUR)

(Quelle: https://index.minfin.com.ua/labour/salary/average/2017/)

 

Fazit

Der ukrainische Arbeitsmarkt entwickelt sich sehr schnell und veränderte sich in den letzten Jahren signifikant. Dennoch ist die Ukraine ein sehr guter Investitionsstandort wegen gut qualifiziertem Personal und günstigen Arbeitskräften. Die Löhne werden zwar weiterhin steigen, sie bleiben aber immer noch im europäischen Vergleich sehr konkurrenzfähig.

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