Digitalisierung des Gerichtsverfahrens in Usbekistan: Merkmale und Möglichkeiten

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veröffentlicht am 27. Mai 2021 | Lesedauer ca. 2 Minuten

  

Die Welt „digitalisiert" sich: Viele Lebensbereiche, einschließlich des Rechtsbereichs sowie des Gerichtsverfahrens, gehen nun allmählich online. Im Zusammenhang mit der Covid-2019-Pandemie in allen Ländern der Welt, einschließlich Usbekistan, hat sich dieser Prozess beschleunigt.

  

  

 

Im Rahmen der schrittweisen technologischen Reform des Rechtssystems bedurfte auch das Justizsystem einer raschen Reform. Der Einsatz von Videokonferenzen oder Webkonferenzen war ein zentrales Merkmal der Reaktion der Justiz auf globale Herausforderungen. Es gibt jedoch einen signifikanten Unterschied zwischen Webkonferenzen und Videokonferenzen nach dem usbekischen Prozessrecht. Bisher wurde in Usbekistan lediglich ein Videokonferenzsystem eingeführt, mit dem Einzelpersonen an Gerichtssitzungen mit Video und Audioübertragung teilnehmen können, jedoch nur von den technisch ausgestatteten Räumlichkeiten des nächstgelegenen Gerichts aus. Ein echtes Webkonferenzsystem (mit dem an der Gerichtsverhandlung alle Teilnehmer online teilnehmen können) wurde noch nicht implementiert; das soll erst noch umgesetzt werden.

 

Digitalisierung des Gerichtsverfahrens im Fokus der usbekischen Regierung

Trotz der Tatsache, dass die Digitalisierung vieler Tätigkeitsbereiche lange Zeit einer der vorrangigen Bereiche der Politik Usbekistans war, gewann dieser Bereich erst im vergangenen Jahr an Bedeutung. Die von der Regierung im Laufe von vier bzw. fünf Jahren durchgeführten umfassenden Reformen zielten auch darauf ab, das Justizsystem zu verbessern und moderne Informationstechnologien in die Tätigkeit der Gerichte einzuführen. Insbesondere wurde eine Reihe von Resolutionen und normativen Dokumenten[1] verabschiedet, nach denen ein interaktives Portal „My Sud" implementiert wurde. Dieses Portal bietet vielerlei Onlinedienste an, wie die Nachverfolgung vin Gerichtsentscheidungen in Straf-, Verwaltungs-, Zivil- und Wirtschaftssachen

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Wie erfolgt die Teilnahme an einer Online-Gerichtssitzung?

Das Portal bietet auch die Möglichkeit, per Videokonferenz an Gerichtssitzungen teilzunehmen. Dafür ruft man über die Schaltfläche "Videokonferenzen" im Portal eine spezielle Online-Plattform auf, auf der man ein persönliches Konto erstellen und auf eine spezielle Anwendung für Videokonferenzen zugreifen kann. Auf der Webseite gibt es auch Anweisungen zur Nutzung der Webseite und der oben genannten speziellen mobilen Anwendung, die heruntergeladen wird, nachdem sich der Benutzer im Portal registriert hat. Der Eingang erfolgt jedoch nur mit Hilfe der einzigartigen Identifikationsnummer ONE ID.

 

Vor- und Nachteile von Online-Gerichtsverhandlungen

Im Allgemeinen bieten Fernverhandlungen eine Reihe von Vorteilen, wie zum Beispiel:

  • Einreichung von Beschwerden, Berufungen, Anträgen von juristischen Personen und Einzelpersonen bei Gerichten in elektronischer Form;
  • Online-Verfolgung des Status von Anträgen, die elektronisch über persönliches Konto im Informationssystem gesendet werden;
  • Empfang von Gerichtsdokumenten und Entscheidungen des Gerichts mit einer elektronischen digitalen Signatur des Richters in elektronischer Form über das persönliche Konto;
  • Gewährleistung der rechtzeitigen rechtlichen Beilegung von Streitigkeiten durch Beschleunigung des Austauschs von Informationen und Dokumenten zu Fällen;
  • Reduzierung der Zeit- und Finanzkosten des Antragstellers für das persönliche Einreichen von Anträgen an Gerichtsgebäuden.

Trotz der weit verbreiteten Einführung moderner Informationstechnologien gibt es eine Reihe von Problemen, die die Prozessabläufe erschweren. Die Umstellung auf Online-Gerichtsverhandlungen hat folgende Nachteile:

  • Der Unterschied zwischen Videokonferenzen (wenn ein (oder mehrere) Teilnehmer aus wichtigem Grund an der Fernsitzungen teilnehmen) und Webkonferenzen (wenn die Gerichtssitzungen vollständig online sind, indem Audio und Video verwendet werden). Derzeit sind noch keine technischen Möglichkeiten eingeführt, die den Anforderungen der Zeit vollständig entsprechen. Die Verfahrensgesetzgebung des Landes regelt (noch) nicht die Frage der Abhaltung von Sitzungen im Modus einer Webkonferenz (d. h. vollständig online für alle Teilnehmer), was auf eine unzureichende digitale Umsetzung des Gerichtsverfahrens hinweist.
  • Die Teilnahme an Gerichtssitzungen im Videokonferenzmodus ist nur vom Gebäude des (nächstgelegenen) Gerichts aus möglich, das die Durchführung von Gerichtsverhandlungen im Videokonferenzmodus unterstützt.
  • Videokonferenzen zahlen sich bei komplexen Streitigkeiten, die unterschiedliche Lösungsmechanismen erfordern, nicht immer aus.

  

Fazit:

Die Zivilprozessordnung der Republik Usbekistan sieht derzeit keine Möglichkeit vor, Prozesse im Modus einer Webkonferenz durchzuführen. Das Videokonferenzverfahren soll daher überarbeitet und standardisiert werden. Die Durchführung von Gerichtssitzungen gehört ebenfalls zu den Befugnissen der Gerichte selbst, die solche Sitzungen organisieren, Teilnehmer registrieren und die Authentizität von Dokumenten überprüfen. Die Praxis der Verwendung des Videokonferenzsystems erhält jedoch sowohl von den Teilnehmern des Verfahrens als auch von den Gerichten positive Rückmeldungen.
  

[1] Beschluss des Präsidenten der Republik Usbekistan PP-3250 „Über Maßnahmen zur weiteren Umsetzung moderner Informations- und Kommunikationstechnologien in der Tätigkeit von Gerichten" vom 30.08.2017, URL: https://www.lex.uz/docs/3327996 (auf Russisch);

Beschluss des Präsidenten der Republik Usbekistan PP-4818 „Über Maßnahmen zur Digitalisierung der Aktivitäten der Justiz" vom 03.09.2020 (mit diesem Beschluss wurde das Programm zur Digitalisierung der Aktivitäten der Justiz im Zeitraum 2020-2023 gebilligt, wonach eine Reihe von Maßnahmen vorgesehen ist, darunter die Erstellung einer mobilen App für die Teilnahme an Gerichtsverhandlungen per Videokonferenz bis Ende 2020 u.a.) URL: https://lex.uz/ru/docs/4979899 (auf Russisch);

Beschluss des Plenums des Obersten Wirtschaftsgerichts der Republik Usbekistan Nr. 270 vom 28. November 2014 „Zu einigen Fragen der Anwendung der Verfahrensgesetzgebung durch Wirtschaftsgerichte bei der Abhaltung von Gerichtssitzungen per Videokonferenz", URL: https://lex.uz/docs/2534029 (auf Russisch);

Beschluss des Plenums des Obersten Gerichtshofs der Republik Usbekistan Nr. 08 vom 28. April 2020 „Zu einigen Fragen der Anwendung von Rechtsvorschriften durch Gerichte im Zusammenhang mit der Einführung von Maßnahmen zur Verhinderung der Gesetzgebung in der Republik Usbekistan Ausbreitung der Coronavirus-Infektion (COVID-19)", URL: https://lex.uz/docs/4805231 (auf Russisch).

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Michael Quiring

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