Neue steuerliche Pflichten durch das Gewinnstreben des steuerlichen Zweckbetriebs der Wohlfahrtspflege

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​​​​​​​​veröffentlicht am 20. November 2017


Zu Beginn des vergangenen Jahres wurde in einer Änderung des Anwendungs­er­lasses zur Ab­gaben­­ord­nung eine Reihe von Neu­regelungen für Zweck­betriebe der Wohl­fahrts­pflege (§ 66 AEAO) eingeführt. Welche Aus­wirkungen diese Änderungen in der Praxis haben würden, war damals noch völlig unklar.

Für die Vergangen­heit (Veranlagungs­zeit­räume bis ein­schließ­lich 2015) ist aufgrund eines Schrei­bens der Finanz­ver­waltung „Ruhe eingekehrt”. Für die Zukunft sind Wohl­fahrts­ein­rich­tungen jedoch dringend zum Handeln aufgefordert, wenn sie ihre bisher geltende Steuer­be­freiung weiter auf­recht­er­halten wollen. Im Tax ­Compliance ­Management ­System von steuer­be­günstigten Körperschaften sind die Neu­regelungen zwingend zur berück­sichtigen.



Hintergrund

Wohlfahrtseinrichtungen sind mit ihren Tätigkeiten im Rahmen ihrer Zweckbetriebe in der Ertragsteuer (Körper­schaftsteuer, Gewerbesteuer) steuerbefreit. Während diese Steuerbefreiung in der Vergangenheit in der Regel so gesehen wurde, dass Gewinne der Zweckbetriebe nicht zu versteuern waren, legt der neue Anwendungs­erlass zu § 66 AO Abs. 2 fest, dass die Steuerbefreiung nur dann greift, wenn die Wohlfahrts­pflege „nicht des Erwerbs wegen” ausgeführt wird. Eine Ausführung „des Erwerbs wegen” wird durch die Finanz­verwaltung allerdings nach dem neuen Anwendungserlass schon dann unterstellt, wenn „damit Gewinne angestrebt werden, die den konkreten Finanzierungsbedarf des jeweiligen wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs übersteigen”. Was genau mit „dem jeweiligen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb” ge­meint ist, ist nicht genauer definiert.

Ein Handeln des Erwerbs wegen liegt laut Finanzverwaltung allerdings auch schon dann vor, wenn durch die Gewinne einer Einrichtung andere Zweckbetriebe nach §§ 65, 67, 67a und 68 AO bzw. die übrigen ideellen Tätigkeiten finanziert werden. Die Mitfinanzierung eines anderen Zweckbetriebes nach § 66 AO ist unschädlich.


Problem

Wohl kaum eine Wohlfahrtseinrichtung hat in der Vergangenheit ihre Zweckbetriebseinnahmen dahin­gehend getrennt bzw. buchhalterisch erfasst, dass eine Zuordnung zu den verschiedenen in der AO definierten Zweck­betrieben (§§ 65, 66, 67, 67a, 68 AO) möglich wäre, geschweige denn erfolgte eine Trennung in verschiedene Zweckbetriebe nach § 66 AO. Ein Nachweis, dass ein Zweckbetrieb der Wohlfahrtspflege keine Gewinne erzielt hat (die in anderen Zweckbetrieben oder dem ideellen Bereich eingesetzt wurden) ist daher nicht (ohne Weiteres) möglich. Dies könnte auch rückwirkend zur Steuerpflicht führen.


Lösung

„Kurzfristig” – was die abgelaufenen Veranlagungszeiträume bis einschließlich 2015 betrifft – schafft ein Schreiben des Bundes­finanz­ministeriums, auszugsweise veröffentlicht als Kurzinformation des Finanz­mini­steri­ums Schleswig-Holstein am 6. Oktober 2016, Abhilfe. Soweit die Finanzämter bisher (auf den jeweils bezogenen Steuer­pflichtigen) akzeptiert haben, dass die tatsächlich erzielten Gewinne eines Zweckbe­triebs der Wohl­fahrts­pflege um die für andere Zweckbetriebe und an andere Gemeinnützige weitergeleitete Mittel gemindert wurden, bleibt diese Praxis bis einschließlich Veranlagungszeitraum 2015 unbeanstandet.

Mittelfristig soll diese Übergangsregelung allerdings nur sicherstellen, dass die betroffenen Wohl­fahrts­or­ga­ni­sa­ti­o­nen Gelegenheit haben, ihr innerbetriebliches Rechnungswesen auf Vordermann zu bringen. Zum einen be­deu­tet dies, dass Wohlfahrtseinrichtungen zwingend eine Planung vorlegen müssen, welche Gewinne (bzw. Er­geb­nisse) sie in den einzelnen Zweckbetrieben erzielen wollen. Zum anderen dürfen geplante Gewinne nur im je­wei­ligen Zweckbetrieb selbst eingesetzt werden. Lediglich nicht geplante, also mehr oder weniger „zufällig” im Zweck­betrieb entstandene Gewinne dürfen auch in einem anderen Zweck­betrieb zugunsten der Wohl­fahrts­pflege verwendet werden.


Aufgabe für alle Wohlfahrtseinrichtungen:

  • Bestandsaufnahme und steuerliche Einordnung der vorhandenen Zweckbetriebe
  • Planungen, Prognosen und Kalkulationen für künftige Jahre, insbesondere auch (noch) für 2017



Autoren: ​Anka Neudert und Dr. Mathias Lorenz
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