Kapitalanlagen und andere strukturierte Investments: Gesetzesänderungen und neue Herausforderungen

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Interview mit Frank Dißmann

 

veröffentlicht am 28. Juni 2017
 


 

Herr Dißmann, Sie leiten gemeinsam mit Frau Meike Farhan aus Hamburg das Beratungsfeld Kapitalanlagen und andere strukturierte Investments bei Rödl & Partner. Geben Sie uns bitte einen Überblick über Ihre tägliche Arbeit und die aktuellen Hot Topics.

Wir beraten unsere grenzüberschreitend investierenden Mandanten insbesondere bei der Konzeption bzw. dem Auflegen eines Fondsvehikels. Ziel ist es, für den Mandanten bzw. Fondsinitiator eine „passgenaue” Fondsstruktur unter (aufsichts-)rechtlichen und steuerlichen Gesichtspunkten zu erarbeiten und gemein­sam mit ihm zu implementieren. Nachgefragt wird unsere Expertise v.a. im Bereich der Sachwerte (Immobilien, Erneuerbare Energien, Infrastruktur). Dabei liegt unser Schwerpunkt aufgrund der augenblick­lichen Marktlage eindeutig bei in- und ausländischen Immobilien.

  

Unsere Konzeptionsberatung beschränkt sich jedoch nicht auf klassische, regulierte Vehikel (insbesondere geschlossene Publikums- und Spezial-AIF sowie offene Spezial-AIF – Alternative Investmentfonds) nach deutschem Aufsichtsrecht oder europäischen Normen (z.B. in Luxemburg). Hier besteht unverändert Nachfrage. Aber wir hören in der Praxis mehr und mehr seitens der Mandanten den Wunsch nach unregulierten (ggf. nur teilregulierten) Produkten wie z.B. Direktinvestments, strukturierte Vermögens­anlagen (z.B. Mezzanine Finanzierungsinstrumente) oder sonstige Anlagen. Solche Produkte unterliegen nämlich nicht den umfassenden Anforderungen einer Regulierung nach dem Kapitalanlagegesetzbuch (kurz KAGB). Somit ist der Verwaltungsaufwand geringer und die Kostenstruktur günstiger.
 

Seit der Einführung des KAGB am 22. Juli 2013 beschäftigen uns v.a. die zahlreichen Gesetzesanpassungen und Stellungnahmen der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (kurz BaFin) sowie der Finanz­verwaltung zu Anwendungs- und Zweifelsfragen zum Aufsichts- und Investmentsteuerrecht. Hierdurch werden immer neue Herausforderungen an die Konzeption gestellt, die die Arbeit interessant und abwechslungsreich gestalten.

   

Sie sprechen das Thema Gesetzesänderungen an. Geben Sie uns bitte einen kurzen Überblick, welche wesentlichen Neuregelungen für Ihre Mandanten von Bedeutung sind und was Sie ihnen raten?

Im Aufsichtsrecht sind hier insbesondere die Vorgaben auf EU-Level durch die europäische Verordnung über Basisinformationsblätter für verpackte Anlageprodukte für Kleinanleger und Versicherungsanlage­produkte (PRIIPs-VO) zu nennen. Mit der PRIIPs-VO soll den vielen inhaltlich unterschiedlich strukturierten Kurzinformationsblättern begegnet werden, die derzeit für verschiedene Anlage- und Versicherungs­produkte im Markt zu finden sind. Für die Konzeption und den Vertrieb von Immobilieninvestitionen haben die Inhalte u.a. deswegen Bedeutung, da hier Aussagen darüber getroffen werden, welche Performance-Szenarien in den Basisinformationsblättern abgebildet werden müssen.

  

Auf nationaler Ebene – auch wenn es sich hierbei streng genommen nicht um eine Gesetzesänderung handelt – ist der Entwurf der BaFin für ein Auslegungsschreiben zur Abgrenzung der Zuständigkeiten einer Kapitalverwaltungsgesellschaft von den Zuständigkeiten der extern verwalteten AIF-Investmentgesell­schaft zu nennen. Die praktische Bedeutung des Schreibens ist nicht zu unterschätzen. Hier geht es etwa um die operativ enorm wichtige Frage, wer nach Ansicht der BaFin innerhalb eines Investmentvorhabens einzelne Verträge abschließen darf bzw. muss.   
 

Im Steuerrecht ist aktuell v.a. die Neuregelung der Investmentbesteuerung ein zentrales Thema, die erst letztes Jahr verabschiedet wurde. Sie tritt ab dem 1. Januar 2018 in Kraft. Nach dem neuen Invest­mentsteuergesetz werden bestimmte Fondserträge erstmals auf Fondsebene mit 15 Prozent besteuert. Betroffen sind insbesondere Kleinanleger von Publikumsfonds. Als Ausgleich für die Steuer sollen die Anleger weniger Abgeltungsteuer zahlen. Allerdings richtet sich die Höhe der Entlastung nach der Art und dem Umfang der Vermögensgegenstände, in die der Fonds investiert. Im Einzelfall muss der Anleger dennoch mit einer höheren Steuerbelastung als bisher rechnen.  Somit sollten die Steuerfolgen für den Fonds und Anleger bereits bei der Konzeption berücksichtigt werden.

  

Weiterhin treibt v.a. allem auch das aktuelle Thema der Umsatzsteuerbefreiung von Verwaltungsleistungen auf Alternative Investment Fonds den Markt um.

Ja, das ist zutreffend. Sie sprechen ein derzeit vielfach mit Kapitalverwaltungsgesellschaften diskutiertes Thema an. Die voraussichtliche Befreiung von Verwaltungsleistungen wie z.B. die Management Fee auch bei AIF ist insbesondere für die Kapitalverwaltungsgesellschaften von Bedeutung. Der EuGH hatte am 19. Dezember 2015 (RS. C-595/13) überraschend entschieden, dass auch die einem AIF gezahlte Management Fee von der Umsatzsteuer befreit ist. Das ist neu, denn bisher konnten nur sog. OGAW, also offene Fonds, eine solche Begünstigung erhalten. Allerdings scheint die Finanzverwaltung diese Entwicklung nicht zu begrüßen, denn der Gesetzgeber hat sich lediglich zu einem Katalog an Kriterien durchringen können, anhand derer zu bestimmen ist, ob ein AIF einem begünstigten OGAW vergleichbar ist. Die Unsicherheit, wann ein AIF der Umsatz­steuer­befreiung unterliegt, ist nicht zielführend – eine Klarstellung ist notwendig. Wir beraten unsere Mandanten bei der administrativen Umstellung.
 

Wie bewerten Sie die Rechtsentwicklungen für Investmentfonds?

Ich denke, dass Investmentfonds nach wie vor eine beliebte Anlageform für deutsche Anleger bleiben. Gerade vor dem Hintergrund des augenblickliche marginalen Zinsniveaus werden v.a. Kleinanleger ihre Gelder in Publikumsfonds anlegen. Allerdings müssen sie im Vergleich zur bisherigen Rechtlage aufgrund der neuen Investmentbesteuerung im Einzelfall geringfügig mehr Abgeltungsteuer zahlen. Demgegenüber fallen AIF in der Rechtsform einer Personengesellschaft, die bisherigen Geschlossene Fonds wie bspw. Immo­bilienfonds, nicht unter das neue Investmentsteuergesetz. Sie werden unverändert steuerlich transparent behandelt, sodass die Fondserträge nur beim Anleger der Besteuerung unterliegen (Einmalbesteuerung). Hierdurch kann der Kleinanleger im Vergleich zu Publikumsfonds, die der neuen Investmentbesteuerung unterworfen sind, ein attraktiveres Nachsteuerergebnis erzielen. Daher sollte sich der Anleger genau überlegen, in welchen Fondstyp er seine Ersparnisse investiert. Die Anbieter von Fondsprodukten wiederum können durch eine attraktive rechtliche und steuerliche Gestaltung ihrer Investitionsstruktur dazu beitragen, dass der Anleger keiner oder nur geringen Besteuerung unterliegt.
 

Interessant ist zu beobachten, dass mittlerweile auch im Sachwertebereich und hier insbesondere bei Immobilien von den neuen gesetzlichen Möglichkeiten des Crowdinvestings rege Gebrauch gemacht wird. In dem Bereich haben nunmehr einige Anbieter eine nicht unerhebliche Bekanntheit erreicht und profitieren von den Chancen der Digitalisierung. Wir beraten unsere Mandanten gerne bei der entsprechenden Strukturierung.

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