Singapur im Zentrum des freien Handels

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Das am 5. Oktober 2015 unterzeichnete Abkommen zur „Trans-Pacific Partnership” (TPP) ist derzeit in aller Munde. Einerseits deckt das Abkommen 40 Prozent der globalen Wirtschaftsleistung ab und zählt damit zweifelsohne zu den bedeutendsten seiner Art. Andererseits fällt das Freihandelsabkommen in ein Zeitalter, in dem Staaten und Regionen darum bemüht sind, ihren Unternehmen und Arbeitnehmern durch diverse bi- und multilaterale Abkommen globale Wettbewerbsvorteile zu sichern.
 
Singapur hat sich in den letzten Jahrzenten als strategischer Standort für den internationalen Handel bewährt. Das „Tor nach Asien” wird immer mehr als „regionale Schaltzentrale” genützt. Mit derzeit 21 Freihandels- und Kooperationsabkommen mit 32 Wirtschaftspartnern hat Singapur ein beeindruckendes Handelsnetzwerk geschaffen.  

 

     

Das EU-Singapur Freihandelsabkommen

Die EU hat die Bedeutung der am schnellsten wachsenden Wirtschaftsregion der Welt früh erkannt und nahm bereits 2007 erste Verhandlungen mit den ASEAN Staaten zu einem EU-ASEAN-Freihandelsabkommen auf. Die Verhandlungen erwiesen sich aber wegen signifikanter Unterschiede in der wirtschaftlichen Entwicklung und Stabilität einzelner Staaten als schwierig.
 
In der Folge revidierte die EU ihre Strategie und schwenkte zu Verhandlungen mit einzelnen Mitgliedstaaten in ASEAN um. U.a. wurde mit Singapur, Thailand, Vietnam und Malaysia verhandelt. Das Singapur-Abkommen ist am 17. Oktober 2014 paraphiert worden. Das Vietnam-Abkommen wurde am 2. Dezember 2015 in Brüssel gezeichnet. Die Verhandlungen mit Thailand und Malaysia wurden zunächst ausgesetzt, sind aber mittlerweile wieder aufgenommen. Demnächst sollen auch Verhandlungen mit Indonesien und den Philippinen beginnen.
 
Die EU beschreibt das EU-Singapur-Freihandelsabkommen (EUSFTA) als das umfassendste Freihandelsabkommen, das die EU je verhandelt hat. Dies liegt daran, dass Singapur für die EU-Staaten der mit Abstand größte Wirtschaftspartner in ASEAN ist (ca. 1/3 des EU-ASEAN Handels; 2/3 des gegenseitigen Investitionsvolumens). Das Abkommen umfasst neben Zollreduktionen und dem Abbau verschiedener nicht tarifärer Handelshemmnisse bspw. auch erstmals spezielle Regelungen zur Förderung von erneuerbaren Energien. V.a. soll das Abkommen aber den Weg für ein zukünftiges EU-ASEAN-Freihandelsabkommen ebnen.
 
Momentan ist der Vorgang der Ratifizierung unterbrochen, da der genaue Ratifizierungsprozess noch durch den Europäischen Gerichtshof zu klären ist, insbesondere, ob die Ratifizierung des Abkommens unter die ausschließlichen oder die gemischten Kompetenzen der EU fällt. In letzterem Fall wäre das Abkommen durch die jeweiligen Mitgliedstaaten der EU zu ratifizieren. Das EU-Singapur-Freihandelsabkommen würde damit die 12 bereits existierenden bilateralen Abkommen zwischen Singapur und einzelnen EU-Mitgliedstaat ersetzen. Allerdings wird aktuell nicht mit einer Ratifizierung vor Ende 2016 gerechnet.
 

Das Trans-Pacific Partnership Abkommen

Das TPP ist aus einer Initiative des „Trans-Pacific Stategic Economic Patnership” (TPSEP) entstanden. Zu den Vertragspartnern zählen die USA, Australien, Japan, Kanada, Chile, Mexico, Neuseeland, Peru und aktuell vier ASEAN-Staaten (Malaysia, Brunei, Vietnam und Singapur).
 
Ziel des TPP ist der Zusammenschluss der pazifischen Anrainerstaaten zu der größten Freihandelszone der Welt. Gleich dem EUSFTA soll durch das Abkommen primär der Wegfall von Zöllen und Investitionshemmnissen besiegelt werden. Des Weiteren umfasst das Abkommen Abschnitte zur Anpassung rechtlicher und technischer Normen, E-Commerce sowie Wettbewerbs- und Korruptionsthemen. Doch auch bei diesem Abkommen wird es wohl noch einige Jahre dauern, bis es erste Früchte tragen wird. Mit einer Ratifizierung durch alle beteiligten Staaten wird in ca. 2 Jahren gerechnet.
 
Inzwischen sind aber auch zu diesem Abkommen kritische Stimmen laut geworden. U.a. hat Hillary Clinton Vorbehalte gegenüber dem Prestigeprojekt der Obama-Administration geäußert. In Singapur hingegen ist die Stimmung positiv. Neben der Verbesserung der bereits bestehenden Wirtschaftsbeziehungen zu TPP-Mitgliedstaaten verspricht sich der Stadtstaat einen Ausbau der Handelsbeziehungen zu bisher für Singapur eher weniger im Fokus stehenden TPP-Nationen. Außerdem wurde bei den TPP-Verhandlungen bereits die Erweiterung auf zusätzliche Staaten anvisiert, was die südost-asiatische wirtschaftliche Integration beflügeln könnte. Bei dem im November 2015 in den Philippinen abgehaltenen Gipfel der „Asia-Pacific Economic Cooperation” (APEC) – der alle TPP-Mitglieder angehören – wurde zudem das Vorhaben einer „Free Trade Area of the Asia-Pacific” (FTAAP) diskutiert und in die Abschlusserklärung mit aufgenommen. Wie die Ausgestaltung und Umsetzung des FTAAP aussehen könnte, bleibt abzuwarten.
 

Die ASEAN Economic Community

Bis 31. Dezember 2015 soll die „Asian Economic Community” (AEC) innerhalb aller ASEAN Staaten umgesetzt werden. Bei der AEC handelt es sich um ein Form der regionalen wirtschaftlichen Integration, ein wenig nach EU-Vorbild, die erstmals 1997 zum 30-jährigen Jubiläum der ASEAN beschlossen und durch den AEC 2015 Blueprint in 2007 konzeptualisiert wurde. Anders als bei der EU soll allerdings keine einheitliche Währung und auch keine Zollunion eingeführt werden. Auch eine umfassende wirtschaftliche oder politische Union ist nicht angestrebt. Nach Angaben des singapurischen Wirtschaftsministers sollen bis Ende des Jahres mindestens 90 Prozent des in dem AEC 2015 Blueprint verabschiedeten Maßnahmenkatalogs umgesetzt sein. Bspw. wurden unter dem „ASEAN Trade in Goods Agreement” (ATIGA) unter den ASEAN-6 Staaten bereits 99,65 Prozent der Einfuhrzölle weitestgehend abgeschafft. In den kommenden Jahren sollen die übrigen ASEAN-Staaten nachziehen. In den Bereichen der Angleichung von Wirtschaftsbedingungen und der Integration in die globale Wirtschaft gibt es jedoch noch Defizite.  
 

Zukunftsperspektiven

Aus singapurischer Sicht klingen diese Entwicklungen trotz internationaler Kritik an den einzelnen Vereinbarungen verheißend. Der Stadtstaat liegt genau in der Schnittmenge der drei großen Handels- und Kooperationsabkommen und nimmt bei den dazugehörigen Verhandlungen jeweils eine wichtige gestaltende Rolle ein. Für deutsche und singapurische Unternehmen bieten die Freihandelsabkommen zahlreiche Chancen. Während viele bereits den ersten Schritt nach Asien über Singapur gemacht haben, wagen mittlerweile immer mehr den nächsten Schritt in die Region. Sowohl das TPP als auch das EU-Singapur Abkommen sind allerdings noch nicht ratifiziert und damit noch nicht anwendbar.   
 
Eines ist sicher: Das Potenzial dieser Abkommen ist groß und Singapur steht im Mittelpunkt des Geschehens.​
 

Handlesvolumen für Singapur im Vergleich

 

Daten entnommen von Yearbook of Statistics Singapore, 2015
Anm.: Kategorie „TPP” enthält nicht Chile, Peru, Mexico aufgrund fehlender Daten
 

zuletzt aktualisiert am 04.12.2015

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