Der Aktionärbindungsvertrag als flexibles Instrument zur Personalisierung einer Schweizer Aktiengesellschaft

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veröffentlicht am 20. November 2019 | Lesedauer ca. 3 Minuten

von Alex Barbier und Lynn Grob


Mit einem Aktionärbindungsvertrag (ABV) haben die Aktionäre einer Schweizer Aktien­gesellschaft die Möglichkeit, sich über ihre gesetzlichen Rechte und Pflichten hinaus untereinander über die Ausübung ihrer Aktionärsrechte zu einigen. Da der ABV ge­setzlich nicht geregelt ist, besteht im Schweizer Recht eine Vielfalt an Ausgestal­tungs­möglichkeiten, sodass sich deren Inhalt nach dessen Zweck richten kann – sei es die Nachfolgeplanung, die Aufrechterhaltung eines bestimmten Aktionärskreises oder die Verhinderung einer Konkurrenzierung durch einen Aktionär.



Hintergrund eines Aktionärbindungsvertrags

Die Schweizerische Aktiengesellschaft ist konsequent kapitalistisch ausgestaltet, weshalb sich die Rechte und Pflichten der Aktionäre ausschließlich an der Höhe ihrer Kapitalbeteiligungen orientiert. Allerdings wünschen gerade Aktionäre von kleinen und mittelgrossen Aktiengesellschaften regelmäßig, die Ausübung der Aktionärs­rechte personalistischer auszugestalten und Minderheitsaktionäre haben das Bedürfnis, dass ihre Interessen besser vertreten werden. Der ABV bietet den Aktionären die Möglichkeit, untereinander weiter­gehende, gegenseitige Rechte und Pflichten im Zusammenhang mit ihrer aktuellen oder künftigen Aktionärsstellung zu definieren.

Je nach Funktion finden sich in der Praxis unterschiedliche Bezeichnungen für den ABV, so etwa Aktionärs­konsortium, Poolvertrag oder Stimmbindungsvertrag.

Der ABV bezieht sich grundsätzlich auf die Gesellschaftsform der Aktiengesellschaft. Aber auch bei anderen Gesellschaftsformen, wie etwa der GmbH, kann ein ABV zwischen den Gesellschaftern geschlossen werden. In dem Fall wird der ABV wiederum flexibel den Anforderungen der Gesellschaftsform und Intentionen der Aktionäre angepasst.

Typische Regelungsinhalte

Stimmbindung

Kernstück eines ABVs ist oftmals die Festlegung von Stimmbindungen. Durch die Vereinbarung einer bestimmten Art und Weise der Entscheidungsfindung vor bzw. Stimmabgabe an der Generalversammlung oder auch im Verwaltungsrat kann die Stimmkraft von Minderheitsaktionären gestärkt, eine einheitliche Stimm­abgabe gewährleistet aber auch Pattsituationen vermieden werden.


Veräusserssungsbeschränkungen

Aus aktienrechtlicher Sicht kann ein Aktionär grundsätzlich frei über seine Anteile verfügen und sie auch an einen beliebigen Dritten verkaufen. Da das in Familienbetrieben oder Aktiengesellschaften mit kleinem oder bestimmtem Aktionärskreis oft unerwünscht ist, können die Aktionäre sich im ABV einer Veräußerungsbe­schränkung unterwerfen. Sie ist regelmäßig als Kaufrecht, Vorkaufs- und Vorhandrecht, aber auch als Mitverkaufsrecht oder -pflicht ausgestaltet.


Konkurrenzverbot

Das Gesetz sieht lediglich ein Konkurrenzverbot für die Mitglieder des Verwaltungsrats, der Geschäftsleitung und Arbeitnehmer einer Aktiengesellschaft vor. Mittels eines ABVs kann auch Aktionären, die keine solche Funktion in der Gesellschaft wahrnehmen, eine Konkurrenzierung untersagt werden.


Überbindungspflicht

Ein ABV entfaltet immer nur zwischen den Vertragsparteien schuldrechtliche Wirkung. Damit ein neuer Aktionär nach einer Aktienübertragung Vertragspartei wird, muss er dem ABV ausdrücklich beitreten. Somit genügt es nicht im ABV festzuhalten, dass der Vertrag auch für alle künftigen Aktionäre der Gesellschaft gelten soll. Vielmehr sind die bestehenden Aktionäre im ABV dazu verpflichtet, bei der Übertragung ihrer Aktien einerseits sämtliche Rechte und Pflichten aus dem betreffenden Aktionärbindungsvertrag auf den Dritter­werber zu übertragen und ihn andererseits zum Beitritt zum ABV zu verpflichten.


Sicherstellung der schuldrechtlichen Verpflichtungen unter dem ABV

Um die Einhaltung der vertraglichen Bestimmungen des ABV durch die Parteien zu verstärken, können sie eine Konventionalstrafe vereinbaren, die im Falle von Vertragsverletzungen von den anderen Vertragsparteien zu bezahlen ist.

Um sicherzustellen, dass die Stimmrechte in Übereinstimmung mit dem ABV ausgeübt werden, kann eine vertragliche Verpflichtung aufgenommen werden, wonach die Aktien gemeinsam bei einem sog. Escrow Agent zu hinterlegen sind oder wonach ein Dritter mit der Ausübung der Stimmrechte nach gemeinsamer Instruktion zu bevollmächtigen ist.

Außerdem empfiehlt es sich – sofern es zulässig ist – die Bestimmungen des ABV in den Statuten aufzunehmen (bspw. betreffend Übertragungsbeschränkungen oder Beschlussquoren).


Dauer des Aktionärbindungsvertrag

In vielen Fällen haben die Aktionäre ein Interesse an einer möglichst langen Gültigkeit der Regelungen im ABV. Nicht selten besteht gar der Wunsch, den ABV an die Dauer des Bestehens der Aktiengesellschaft zu koppeln. Obwohl das Schweizer Recht keine Maximaldauer für den ABV vorsieht, dürfen Verträge nicht auf ewige Zeit abgeschlossen werden, da eine übermäßige vertragliche Bindung eine unzulässige Einschränkung der persön­lichen Freiheit darstellt. Entsprechend sollte der ABV immer zeitlich auf max. 15 Jahre befristet sein, mit der Möglichkeit, dass die Parteien ein Optionsrecht zur Verlängerung des ABVs ausüben können.


Fazit

Ein ABV ist für Aktionäre einer Gesellschaft ein wichtiges Instrument, um gemeinsame Ziele zu definieren, gegenseitige Verpflichtungen festzuhalten und das individuelle Interesse gegenüber den Mitaktionären vertraglich abzusichern. Aufgrund der vielfältigen Ausgestaltungsmöglichkeiten ist das Aufsetzen eines klaren, auf den Einzelfall zugeschnittenen Vertrags, der die Interessen der Aktionäre wiedergibt, elementar.

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