Managerhaftung: Information- und Kontrollsystem als Risikomanagementtool

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veröffentlicht am 10. Januar 2018


  

Ein Geschäftsverteilungsplan ist innerhalb des Managements großer Unternehmen nicht mehr wegzu­denken.

 

Anders als der Gesetzgeber es vorsieht (Gesamtverantwortlichkeit), kann sich allein aus Effizienzgründen nicht jeder Geschäftsführer um „alles was anfällt” kümmern. Die Funktionsfähigkeit von größeren Unter­nehmen wäre daher ohne eine Ressortaufteilung nicht zu gewährleisten. Im Hinblick auf das ungebrochen aktuelle Thema der Managerhaftung ist eine effektive Ressortaufteilung zudem ein wertvolles Enthaftungs­instrument; denn ein beträchtliches Haftungsrisiko des Managements kann sich auch aus dem Vorwurf mangelnder Mitarbeiter­auswahl und -kontrolle ergeben (Stichwort: Organisationspflichtverletzung, § 43 Abs. 1 GmbHG bzw. § 93 Abs. 1 S. 1 AktG). Haben die Geschäftsleiter die ihnen obliegenden Aufgaben durch Ressortbildung untereinander aufgeteilt, ist jeder Geschäftsleiter in erster Linie allein für den ihm zugewiesenen Bereich verantwortlich.

 

Abgesehen von speziellen Fragen, die ausnahmslos als Gesamtorgan entschieden werden müssen, hat das Unternehmen bei der Zuteilung der individuellen Verantwortlichkeiten (horizontale Delegation) alle Frei­heiten. Häufig werden die kaufmännische sowie die technische Leitung des Unternehmens gesplittet. Dabei hat es sich bewährt, neben der fachlichen Kompetenz der Geschäftsführer auch deren Vorlieben zu berücksichtigen, um die Effizienz zu steigern. Abhängig von der Größe und der Art des Unternehmens sind die Vorgehensweisen unterschiedlich zu bestimmen. Möglich ist zum einen eine eher funktionale Aufgaben­verteilung je nach Verrichtung (also bspw. mit je einem Geschäftsführer für den Bereich Finanzen, Human Resources, operatives Geschäft etc.) oder Zuständigkeiten, die sich an den verschiedenen Stufen der Wertschöpfung orientieren (z.B. Forschung und Entwicklung, Einkauf, Produktion, Vertrieb).

 

 

Effektive Überwachung mittels Informations- und Kontrollsystem

Wer sich allein durch das Aufsetzen einer Ressortaufteilung in Sicherheit wähnt, liegt indes falsch. Zwar reduziert sich die Verantwortung für die fremden Ressorts, allerdings nur auf eine Überwachungspflicht ebendieser – sie erlischt nicht vollends. Um hier eine effektive Überwachung zu ermöglichen, bedarf es als Ausfluss der Pflicht zur ordnungsgemäßen Organisation der Implementierung eines individuell auf das Unternehmen zugeschnittenen Informations- und Kontrollsystems, das allen Geschäftsführern die Wahr­nehmung der verbleibenden Gesamtverantwortung durch ständige gegenseitige Information ermöglicht.

 

Die Pflicht zur Einführung eines bestimmten Informations- und Kontrollsystems besteht nicht. Die Ausge­staltung der unternehmenseigenen Organisation und damit das „wie” der Ausgestaltung fällt vielmehr in den Anwendungsbereich der Business Judgement Rule (Geschäftsführungsermessen). Der Grundsatz des § 93 Abs. 2 AktG ist dabei auch auf die Geschäftsführung der GmbH zu übertragen. Ob die Geschäftsführer einen einzigen Verhaltenskodex oder 10 Richtlinien zu 10 Einzelthemen für angemessen halten, ist grund­sätzlich ihrer Entscheidung überlassen. Ebenso die Ausgestaltung des jeweiligen Informationssystems und die Möglichkeit zur Überwachung des jeweils anderen Ressorts.  Entscheidend für den Umfang des Informations- und Kontrollsystems im Einzelnen sind stets Art, Größe und Organisation des Unternehmens, die zu beachtenden Vorschriften und die geografische Präsenz. Allerdings sollten bestimmte Grundsätze berücksichtigt und umgesetzt werden, um den gesetzlichen Pflichten als ordnungsgemäßer gewissenhafter Geschäftsleiter zu genügen.

 

Welche Grundsätze gilt es zu berücksichtigen?

Hierzu gehört zunächst, dass die zu verteilenden Aufgaben klar strukturiert und transparent vergeben werden. Jeder Geschäftsleiter sollte darüber aufgeklärt sein, welche Aufgaben er zu erfüllen hat und welche Mitarbeiter ihm hier zugeordnet sind (vertikale Delegation). Die Verteilung sollte in jedem Fall schriftlich kodifiziert werden. Die Beschreibungen der Tätigkeitsbereiche sollten detailliert erfolgen, damit erkennbar wird, welche Abteilung zur Erfüllung der jeweiligen Pflichten verantwortlich ist.

 

Im Anschluss an die Festlegung der jeweiligen Aufgaben sollten Richtlinien und Prozessabläufe etabliert werden. Sie sollten aus Beweiszwecken im Hinblick auf potenzielle Haftungsprozesse wiederum schriftlich festgelegt werden (z.B. Buchhaltungs-/Abzeichnungs-/Marketingrichtlinie).

 

Bei besonders sensiblen, missbrauchsanfälligen Bereichen sollte das Vier-Augen-Prinzip angewandt werden. So sollte die endgültige Freigabe von Zahlungen (z.B. Interne Boni oder Zahlungen) stets durch 2 Personen genehmigt werden. Mindestens eine der unterzeichnenden Personen sollte wiederkehrend ausgetauscht werden, um die Möglichkeit eines missbräuchlichen Zusammenwirkens einzelner Personen bereits im Ansatz zu verhindern.

 

Es ist sicherzustellen, dass anhand eines Berichtssystems die Informationen des jeweils fremden Ressorts auch allen weiteren Geschäftsleitern zukommen. Die Berichterstattung sollte turnusmäßig erfolgen. In zeitlicher Hinsicht erscheint hier eine regelmäßige, zumindest quartalsweise, Berichterstattung an die Gesamtgeschäftsführung geboten. Weiterhin sollten den ressortfremden Geschäftsleitern Frage- und Informationsrechte zugeteilt werden, sodass sie bei Unregelmäßigkeiten genauer nachfragen und notfalls reagieren können.

 

Um ein geeignetes Risikomanagementtool darzustellen, sollte das unternehmensintern etablierte Informations- und Kontrollsystem regelmäßig auf seine Effektivität hin überprüft, notfalls angepasst und überarbeitet werden. Das gilt insbesondere bei Gesetzes- oder Rechtsprechungsänderungen. In rechtlichen Zweifelsfällen sollte zur Absicherung der Governance-Maßnahme ein externes Rechtsgutachten eingeholt werden. Auch unternehmensinterne Newsletter oder Veröffentlichungen im Intranet könnten als Fortbildungsmaßnahmen bezüglich Gesetzes- und/oder Rechtsprechungsänderungen genutzt werden.

 

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