Die persönliche Haftung der Mitglieder von Aufsichtsräten bei Pflichtverletzungen

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Der Aufsichtsrat als Organ einer Kapitalgesellschaft ist neben dem Vorstand Träger von Rechten und Pflichten. Daher stellt sich häufig die Frage der Rechtsfolgen, wenn die Pflichten von den Mitgliedern des Aufsichtsrats verletzt werden und was das für ihre persönliche Haftung bedeutet.

 
Die Aufsichtsratsmitglieder haben ihr Amt mit der Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Aufsichtsratsmitglieds zu erledigen. Der Aufsichtsrat hat dabei die Verpflichtung, die Geschäftsführung zu kontrollieren und zu überwachen. Des Weiteren hat er das Recht, die Hauptversammlung einzuberufen, wenn das Wohl der Gesellschaft es fordert und er kann bestimmen, dass bestimmte Geschäfte nur mit seiner Zustimmung vorgenommen werden. Verletzen die Mitglieder des Aufsichtsrats ihre Kontroll- und Überwachungspflichten schuldhaft, sind sie grundsätzlich zum Ersatz des daraus resultierenden Schadens verpflichtet. Bei der Wahrnehmung seiner Aufgaben hat sich der Aufsichtsrat an der Rechtmäßigkeit, der Ordnungsmäßigkeit und der Zweckmäßigkeit der Geschäftsführung des Vorstandes zu orientieren.

 

Pflichtwidriges Handeln des Aufsichtsrats ist z.B. gegeben, wenn er rechtswidriges Verhalten des Vorstandes duldet, etwa bei Kenntnis von der Überschuldung bzw. der Insolvenzreife der Gesellschaft. Dann hat er darauf hinzuwirken, dass der Vorstand rechtzeitig einen Insolvenzantrag stellt und keine Zahlungen leistet, die mit der Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters nicht vereinbar sind. Verstößt der Aufsichtsrat hiergegen schuldhaft, kann er der Gesellschaft gegenüber zum Schadensersatz verpflichtet sein. Ein anderer denkbarer Haftungsfall ist das Dulden von Geschäften des Vorstands, die den satzungsgemäßen Unternehmensgegenstand der Gesellschaft überschreiten. Auch ist eine Haftung des Aufsichtsrates im Zusammenhang mit Personalmaßnahmen denkbar, etwa wenn ungeeignete Personen vom Aufsichtsrat als Vorstand bestellt oder unvertretbar hohe Zahlungen an den Vorstand vom Aufsichtsrat festgesetzt werden.

 

Von besonderer Bedeutung ist in diesem Zusammenhang auch die sog. ARAG/Garmenbeck-Entscheidung des BGH. Danach ist der Aufsichtsrat verpflichtet, mögliche Schadensersatzansprüche der Gesellschaft gegenüber Vorstandsmitgliedern zu prüfen und diese Ansprüche auch zu verfolgen, sofern entsprechende Anhaltspunkte vorliegen. Der Aufsichtsrat handelt pflichtwidrig und haftet selbst, sofern er dieser Verpflichtung nicht nachkommt.

 

Der Aufsichtsrat muss darüber hinaus prüfen und darauf achten, ob bzw. dass das Unternehmen zur Sicherstellung einer ordnungsgemäßen Geschäftsführung über die notwendigen Instrumente verfügt. Dazu zählen z.B. ein funktionierendes Risikomanagement sowie ein den Anforderungen des Unternehmens genügendes Compliance-System.

 

Aufgrund der sog. „Business Judgment Rule" steht dem Vorstand einer Gesellschaft bei seinen unternehmerischen Entscheidungen grundsätzlich ein weiter Ermessensspielraum zu. Den Aufsichtsrat trifft insoweit die Pflicht, die vom Vorstand getroffenen Entscheidungen zu überprüfen. Bestehen auf Seiten des Aufsichtsrats Bedenken bei der Zweckmäßigkeit einer vom Vorstand getroffenen Entscheidung, so hat er sie mit dem Vorstand zu erörtern. Die Überwachungspflicht des Aufsichtsrats geht soweit, dass er sich über erhebliche Risiken, die der Vorstand mit Geschäften eingeht, selbstständig informieren und ihr Ausmaß unabhängig vom Vorstand selbstständig abschätzen muss. Macht er das nicht und erteilt er dennoch seine Zustimmung zu solchen mit erheblichen Risiken behafteten Geschäften, handelt er pflichtwidrig und er setzt sich der Gefahr einer persönlichen Haftung aus.

 

Die Business Judgment Rule gilt auch für den Aufsichtsrat. Eine Haftung des Aufsichtsrats scheidet danach aus, wenn er vernünftigerweise annehmen durfte, auf der Grundlage angemessener Informationen zum Wohle der Gesellschaft zu handeln. Dabei kann sich der Aufsichtsrat grundsätzlich auf die ihm vom Vorstand zur Verfügung gestellten Informationen verlassen, sofern er keine begründeten Zweifel an deren Richtigkeit hat. Die Business Judgment Rule gilt indes nur bei unternehmerischen Entscheidungen. Geht es um Rechtsfragen, muss sich der Aufsichtsrat grundsätzlich entsprechenden Rechtsrat einzuholen, wenn er nicht die erforderlichen Kenntnisse hat.

 

Voraussetzung für eine persönliche Haftung ist jeweils eine individuelle Pflichtverletzung des jeweiligen Aufsichtsratsmitglieds, so dass die einzelnen Mitglieder nicht automatisch haften, wenn der Aufsichtsrat seine Pflichten verletzt.

 

Fazit

Die bei der Ausübung der Überwachungstätigkeit bestehenden (Rechts-)Fragen sind für die Aufsichtsratsmitglieder komplex. Aufsichtsratsmitglieder sollten wegen der Vielzahl von möglichen Haftungsrisiken auf eine individuelle Beratung nicht verzichten.

 

zuletzt aktualisiert am 29.06.2016

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