Der Weg zum Shared Service Center IT

PrintMailRate-it
​veröffentlicht am 28. Oktober 2015

 

Die Technik macht es möglich, aber die Realität sieht anders aus. Die Möglichkeiten von Shared Service Centern in Bezug auf IT-Services sind noch zu wenig in öffentlichen Unternehmen ausgeprägt. Der Artikel soll helfen, einen Einstieg in die Entwicklung eines Shared Service Centers IT zu finden.

     

Seit geraumer Zeit ermöglicht uns die Technik den Anwendern IT-Services (Applikationen, Server, Speicherplatz, Helpdesk, etc.) in unterschiedlichster Art zur Verfügung zu stellen. Es stehen in der Regel die notwendigen Bandbreiten zur Kommunikation zur Verfügung. Fehlende Bandbreiten werden durch Virtualisierungstechniken ausgeglichen. Die Applikationen weisen einen hohen Anteil an Web-Modulen auf, die eine browserbasierte Nutzung zulassen. Standardisierung und Virtualisierung in den Serverräumen ermöglichen es, ungeahnte Skalierungseffekte zu realisieren und vieles mehr.
 
Eigentlich sind das die notwendigen Grundvoraussetzungen, damit gerade öffentliche Unternehmen im Rahmen ihrer IT-Anforderungen gemeinsame Plattformen aufbauen – Shared Service Center, kurz SSC.
 
Unsere Wahrnehmung ist eine andere. Gerade dort, wo man sich losgelöst vom politischen Druck und Einflussnahme leicht durch Skaleneffekte hohe Effizienz- und Kostenvorteile sichern könnte, herrschen andere Denkmuster vor. Über die eigene und teuer vorgehaltene IT-Infrastruktur, IT-Kapazität und Kompetenz wird die Eigenständigkeit und notwendige Flexibilität des Unternehmens definiert.
 
Dabei sieht es hinter den Kulissen oft anders aus. Die eigene IT kann kaum funktionierende Vertretungsregelungen vorweisen. Für Überlegungen zu einem Notfallmanagement mit geregeltem Wiederanlauf fehlte bislang die Zeit. Die IT-Sicherheit wird nach dem Motto „Vogel Strauß” umgesetzt. Die eingesetzte Technik ist in Teilen überaltert. Viele Server laufen noch unter alten, unsicheren Betriebssystemen und vieles mehr.
 
Aus unserer Sicht liegen somit Gründe vor, sich der Thematik Shared Service Center IT zu widmen. Aber wie?
   
 
Die Umsetzung eines Shared Service Centers IT im Hinblick auf öffentliche Unternehmen ist in der Regel mit hohem Aufwand und zum Teil mit hohen Risiken verbunden. Aus diesem Grund sollte zu Beginn ssc1.png eine fundierte Potenzialanalyse stehen, um den Grad der Effizienz- und Kostenvorteile zu ermitteln. Üblicherweise werden nur gängige Standardsysteme in den Fokus für ein SSC gerückt. Speziallösungen, wie sie in der Verkehrsleittechnik oder in der Anlagensteuerung in der Ver- und Entsorgung notwendig sind, werden aus den SSC-Überlegungen oft ausgeklammert. Das ist verständlich, da diese Lösungen in der Regel in die Kernkompetenz des jeweiligen Unternehmens fallen.
 
Im Rahmen dieser Potenzialanalyse werden die Personal- Dienstleistungs- und Sachaufwendungen mit IT-Bezug über weitere Kennzahlen gegen Erfahrungswerte (Benchmarks) gelegt und mit den individuellen Gegebenheiten vor Ort abgestimmt. Getätigte und geplante Investitionen in IT-Infrastruktur werden überprüft, sodass festgestellt werden kann, ob ein Investitionsstau gegeben ist.
 
Erst mit der Feststellung, dass eine Zusammenführung der IT aller beteiligten öffentlichen Unternehmen ein für die anstehenden Anstrengungen belastbares Potenzial erkennen lässt, macht der nächste Schritt Sinn.
 
An die Potenzialanalyse schließt sich die Prüfung der Machbarkeit ssc2.png. In diesem Schritt wird hinterfragt, inwieweit das SSC an organisatorischen, rechtlichen und technischen Hürden scheitern könnte und welche Rahmenbedingungen und Maßnahmen für die spätere Konzeption erforderlich sind.
 
Zu den organisatorischen Hürden gehören unter anderem die strategische und operative Steuerung einer solchen Einheit sowie die konkrete Einflussnahme und dies aus der jeweiligen Sicht der zukünftigen Kunden/Eigentümer und aus innerer SSC-Sicht. Das hat viel mit der zu wählenden Rechtsform (ggf. als GmbH, aber nicht nur) und der Art der Einbindung der öffentlichen Unternehmen (z. B. als Gesellschafter) zu tun. Zudem wird festgehalten, in welcher Art und Weise Service-Levels zur Steuerung der IT-Services eingesetzt werden sollten.
 
Zu den rechtlichen Hürden zählen unter anderem steuer-, gemeinnützigkeits-, vergabe-, arbeits- und gesellschaftsrechtliche Fragestellungen; nicht selten sind hier spezifische Fragestellungen aus dem Kommunalrecht (Umsatzsteuerpflicht, Dienstrecht, Wachstum, Haftung, etc.) von besonderer Bedeutung.
 
Zu den technischen Hürden zählen u. a. vorliegende, in Konflikt stehende technische Systeme und wie diese synchronisiert werden könnten. Selbst für nicht in Konflikt stehende Systeme (z. B. wenn viele Unternehmen mit eigenen SAP-Instanzen arbeiten) sind hinsichtlich ihrer Zusammenführung enorme Anstrengungen einzuplanen.
 
Sind die Fragen der Machbarkeit dem Grunde nach gelöst, wendet man sich hinsichtlich der konkreteren Realisierung den unterschiedlichen Umsetzungsalternativen zu. In verschiedenen Szenarien ssc3.png werden die denkbaren „Betriebsmodelle” diskutiert und gegeneinander abgewogen. In dieser Phase stehen weniger formale Kriterien im Vordergrund, wie sie im Rahmen der Machbarkeit diskutiert wurden. Hier stehen vermehrt die Fragestellungen im Hinblick auf Art der zukünftigen Zusammenarbeit (Umfang Leistungsbezug bzw. -austausch, Definition des Leistungsschnitts zwischen Kunden und SSC, etc.), Einsatz und Ausgestaltung von Service-Levels, Art der Preisfindung und Form der Leistungsabrechnung, Umgang mit einer notwendigen Standardisierung und der flankierenden Richtlinien, Alternativen in Bezug auf den Standort des SSC IT, u. v. m. Im Rahmen dieses Schrittes werden die Ergebnisse der Potenzialermittlung (Kosteneinsparung vs. Umsetzungskosten) erneut plausibilisiert.
 
In dieser Phase nimmt das SSC im Hinblick auf die innere und äußere Ausgestaltung sowie Einsparungseffekte konkrete Formen an. Dies liefert die entsprechende Grundlage für die im nächsten Schritt notwendige Entscheidung ssc4.png. Denn auch wenn allen zu Beginn der Auseinandersetzung mit dem Thema SSC bewusst war, dass dies Veränderungen mit sich bringen wird, so werden mit dem jetzt erlangten Fortschritt allen Beteiligten die Auswirkungen deutlich. Dies ist der richtige und auch gebotene Moment, die Entscheidung für ein Modell zu treffen, um die nächsten Schritte formell einzuleiten.
 
Mit der Entscheidung für ein Modell SSC IT können die Details hinsichtlich Rechtsform, Organisation und Technik konzeptionell erarbeitet ssc5.png und mit einem Umsetzungsplan unterlegt werden. Dabei werden die Einspareffekte aus den vorherigen Schritten erneut betrachtet und bestätigt.
 
Nicht selten bedarf die Umsetzung eines SSC IT mehrere Jahre, sodass auf die Kalkulation der anstehenden Umsetzungskosten in dieser Phase besonderes Augenmerk gelegt wird. Auch hier erscheint es geboten, die im Rahmen der Detailkonzeption ermittelten Umsetzungskosten den bislang fortgeführten Kalkulationen entgegen zu stellen. Folgerichtig sollte die finale Detailkonzeption als Basis für eine erneute Bestätigung des gewählten Modells dienen und die Umsetzung einleiten.
 
Im Rahmen der Umsetzung ssc6.png ist ein Projektmanagement aufzubauen, das der Komplexität und Bedeutung für den Erfolg der öffentlichen Unternehmen angemessen ist. Nachdem die IT heute in vielerlei Hinsicht einen wesentlichen Teil des Rückgrats eines Unternehmens darstellt, ist in jedem Umsetzungsschritt die Sicherheit, Ordnungsmäßigkeit und Verfügbarkeit der IT-Services des SSC IT gegenüber seinen Kunden, den öffentlichen Unternehmen, gemäß der Konzeption zu gewährleisten.
 
Dies erfordert ein besonderes Projektmanagement, welches alle Entscheidungsebenen mit einbeziehen muss (Geschäftsführung, Gesellschafter, Personalvertretung, mittleres Management, etc.)1. Naturgemäß wird es bei einer Umsetzung eines SSC IT nicht nur Projekterfolge geben. Um rechtzeitig eingreifen bzw. reagieren zu können, braucht es entsprechende Instrumente und Prozesse. Daher möchten wir besonders auf den Beitrag „Erfolgreiche Führung von öffentlichen Unternehmen” verweisen!
 
Es liegt auf der Hand, dass die Überlegungen hin zu einem SSC IT nur die Basis für weitere sinnvolle Services darstellt. Sind erste Erfolge über das SSC IT zu verzeichnen, bietet es die richtige Ausgangsbasis für sich sinnvoll anschließende weitere Services an: Rechnungswesen, Lohn & Gehalt, Beschaffung, Archiv, etc.
 

[1] Wir verweisen hier auf unsere Ausführungen zu Vision.iC® als ein Werkzeug, komplexe Change-Management-Prozesse erfolgreich umzusetzen!

 

zuletzt aktualisiert am 28.10.2015

Aus dem Newsletter

Kontakt

Contact Person Picture

Hannes Hahn

CISA - CSP - DSB, IT-Auditor IDW

Partner, Rödl IT Secure GmbH

+49 221 9499 092 00

Anfrage senden

Contact Person Picture

Falk Hofmann

ISO/IEC27001/KRITIS -Auditor

Partner

+49 30 810 795 84

Anfrage senden

Befehle des Menübands überspringen
Zum Hauptinhalt wechseln
Deutschland Weltweit Search Menu